OGH 4Ob5/12g

OGH4Ob5/12g28.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H***** GmbH und 2. Mag. P***** P*****, beide vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in Bregenz, gegen die beklagten Parteien 1. D***** B.V., *****, 2. W***** Limited, *****, und 3. S***** Association, *****, alle vertreten durch Sattler & Schanda, Rechtsanwälte in Wien, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 8 Cg 177/06s des Landesgerichts Feldkirch, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Oberste Gerichtshof ist zur Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage nicht zuständig.

Die Wiederaufnahmsklage wird an das Landesgericht Feldkirch überwiesen.

Text

Begründung

Die Klägerinnen begehren mit der (auch) beim Obersten Gerichtshof eingebrachten Wiederaufnahmsklage die Wiederaufnahme des mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 23. September 2008, 17 Ob 12/08a, abgeschlossenen Verfahrens 8 Cg 177/06s des Landesgerichts Feldkirch und die Aufhebung des der Klage der wiederaufnahmsbeklagten Parteien stattgebenden Teils des Urteils des Obersten Gerichtshofs, mit dem den Unterlassungs-, Beseitigungs- und Rechnungslegungsbegehren (teilweise) stattgegeben wurde. Die Klägerinnen behaupten das Vorliegen des Wiederaufnahmsgrundes nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO, weil durch Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 1. und 15. Dezember 2011 (C-446/09 , C-495/09 und C-119/10 ), welche neue Beweismittel seien, klargestellt sei, dass das in dem wiederaufzunehmenden Verfahren festgestellte Verhalten der dort Beklagten, den nunmehrigen Wiederaufnahmsklägern, keine Markenbenutzung gewesen sei, weshalb die von den im wiederaufzunehmenden Verfahren als Kläger Auftretenden behaupteten und dem angegriffenen Urteil zugrunde gelegten Markenverletzungen nicht stattgefunden hätten.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist zur Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage nicht zuständig.

Gemäß § 532 Abs 2 ZPO ist eine auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO gestützte Wiederaufnahmsklage - wie hier - immer bei derjenigen Tatsacheninstanz des Vorprozesses einzubringen, welche die von dem Anfechtungsgrund betroffenen Feststellungen getroffen hatte (RIS-Justiz RS0044559). Auch wenn das Revisionsgericht die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen seiner Entscheidung zugrundelegt, diese aber anders als die zweite Instanz würdigt, fehlt die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für die Einbringung der Wiederaufnahmsklage (RIS-Justiz RS0044574). Der Oberste Gerichtshof ist somit für Wiederaufnahmsklagen in aller Regel nicht zuständig, es sei denn, er wäre gesetzwidrig von Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen abgewichen und die Wiederaufnahmsklage mache nur diese abweichenden oberstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen und nur das oberstgerichtliche Urteil zum Gegenstand der Anfechtung (RIS-Justiz RS0044576). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, die Wiederaufnahmskläger behaupten dies auch gar nicht.

Im Vorprozess, dessen (teilweise) Wiederaufnahme die Klägerinnen anstreben, übernahm schon das Berufungsgericht die vom Erstgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen und legte sie seiner Entscheidung zugrunde, auch der Oberste Gerichtshof verneinte Verfahrensmängel sowie eine behauptete Aktenwidrigkeit und legte die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen seiner (von den Vorinstanzen teilweise abweichenden) rechtlichen Beurteilung zugrunde. Der Oberste Gerichtshof ist daher für die Behandlung der Wiederaufnahmsklage funktionell unzuständig.

Auch für Wiederaufnahmsklagen gilt - nach nunmehr ständiger Rechtsprechung - der allgemeine Grundsatz (§ 474 Abs 1 ZPO), dass das angerufene unzuständige Gericht das in Form einer Klage zu führende Rechtsmittel im weiteren Sinn (= Wiederaufnahmsklage) nicht zurückweisen darf, sondern an das zuständige Gericht amtswegig überweisen muss (RIS-Justiz RS0041882). Das Erstgericht wird auch die Zustellung der vorliegenden Entscheidung zu veranlassen haben (10 ObS 173/08a mwN).

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