OGH 9ObA158/11t

OGH9ObA158/11t27.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Dr. Klaus Mayr als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Josef Z*****, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wider die beklagte Partei H*****, vertreten durch Dr. Thomas Stampfer, Dr. Christoph Orgler Rechtsanwälte in Graz, wegen 14.716,38 EUR brutto sA, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 9.111,31 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. Oktober 2011, GZ 6 Ra 61/11a-26, mit dem infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. Mai 2011, GZ 33 Cga 47/10b-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 744,43 EUR (darin enthalten 124,07 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger war von 1. 9. 1969 bis 29. 2. 2000 bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Streitteile war der Kollektivvertrag (KV) für die Dienstnehmer der Grazer Verkehrsbetriebe anzuwenden. Danach hat der Kläger Anspruch auf eine Zusatzpension auf deren Höhe die gesetzliche Pension anzurechnen ist.

Strittig ist im Revisionsverfahren nur noch die Berechnung dieser anzurechnenden Pension.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger nach mehrfacher Ausdehnung zusammengefasst die Differenz zwischen der ihm von der Beklagten tatsächlich monatlich bezahlten Zusatzpension von 149,17 EUR 14 mal jährlich und der seiner Berechnung nach zustehenden Zusatzpension.

Die Beklagte wendet zusammengefasst ein, dass entgegen dem Ansatz der Berechnung des Klägers nur die bei der Beklagten erworbenen Beitragsmonate zu berücksichtigen sind. Die von ihr tatsächlich bezahlte Zuschusspension sei zutreffend errechnet.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise im Ausmaß von 1.819,90 EUR sA statt, wies es aber im Übrigen, also 12.819,48 EUR ab. Es legte der anzurechnenden Sozialversicherungspension die bei der Beklagten erworbenen 366 Beitragsmonate zugrunde. Es errechnete daraus unter Zugrundelegung der 54-igsten ASVG-Novelle einen Steigerungsprozentsatz von 64,167 % und eine anzurechnende ASVG-Pension von 1.501,41 EUR monatlich (ansteigend). Diese sei höher als die nach dem KV berechnete Leistung, sodass nur der von der Beklagten zuerkannte pauschale Ergänzungsbetrag zustehe.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung. Es hielt der ausschließlich gegen die Berechnung der anzurechnenden ASVG-Pension gerichteten Berufung entgegen, dass das Erstgericht diese richtig berechnet habe. Es sei davon auszugehen, dass der KV zeitlich kongruente Leistungen gegenüber stellen wolle. Die Dauer des Dienstverhältnisses sei sowohl bei der Berechnung des Ruhegeldes nach dem KV als auch jener der anzurechnenden ASVG-Leistung zugrunde zu legen. Da in diesem Dienstverhältnis nur 366 Beitragsmonate erworben wurden, komme die Begrenzung des § 261 Abs 6 ASVG (Steigerungsbetrag höchstens 80 %) ohnehin nicht zur Anwendung. Die anzurechnende ASVG-Leistung sei zum Pensionsstichtag 1. 3. 2000 zu errechnen. Dabei sei nach § 563 Abs 19 ASVG auch ein Günstigkeitsvergleich zwischen der 52-igsten und der 54-igsten ASVG-Novelle vorzunehmen.

Im Hinblick auf die den Einzelfall übersteigende Bedeutung der Frage der Auslegung des Kollektivvertrags zur Berechnung des Zusatzpensionsanspruchs erklärte das Berufungsgericht die ordentliche Revision als zulässig.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung

Die Beklagte beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision des Klägers ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof auf eine kurze Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Allgemein ist bei der Auslegung eines Kollektivvertrags der Wortsinn, aber auch die sich daraus ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0010089 mwN). Den Kollektivvertragsparteien kann grundsätzlich unterstellt werden, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechend praktisch durchführbare Regelung treffen wollten, die einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen soll, sodass jene Auslegung zu wählen ist, die diesen Anforderungen am ehesten entspricht (RIS-Justiz RS0008828 mwN, ebenso RIS-Justiz RS0008897 mwN).

Die Pensionseinrichtung der Beklagten hat gemäß § 208 KV den Zweck, für den Fall des Alters, der Invalidität (Berufsunfähigkeit) und des Todes nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 220 bis 239 KV Leistungen zu gewähren, wenn und solange gleichartige Leistungen von den Trägern der gesetzlichen Sozialversicherung nach den darüber bestehenden Vorschriften nicht oder nicht in demselben Ausmaß gebühren.

Die Argumentation des Klägers läuft nun darauf hinaus, dass unabhängig davon, wo die Versicherungszeiten erworben wurden, diese bei der Berechnung der anzurechnenden ASVG-Pension zu berücksichtigen seien, woraus sich im Hinblick auf die Beschränkung mit 80 % (§ 261 Abs 6 ASVG) eine eingeschränkte Berücksichtigung der Versicherungsmonate ergebe. Der anzurechnende Betrag der so errechneten ASVG-Leistung sei nur aliquot im Verhältnis der bei der Beklagten erworbenen Zeiten anzurechnen.

§ 213 KV lautet auszugsweise (Unterstreichungen durch den Senat):

„[...]

(3) Die Pensionseinrichtung ergänzt die Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung für den gleichen Zeitraum und die gleiche Art der Leistung bis zu der in §§ 220 bis 239 festgesetzten Höhe. [...]

(4) [...]

(5) Gemäß Abs (3) und (4) werden daher die Leistungen der Pensionseinrichtung nach §§ 220 bis 239 gekürzt um

a) jene Leistungen, die sich jeweils bei Anwendung der Vorschriften der gesetzlichen Sozialversicherung einschließlich der §§ 227 bis 299 ASVG, und unter der Annahme der Erfüllung aller gesetzlichen Voraussetzungen für deren Zuerkennung ergeben würden, wenn bei der Berechnung

aa) der Zeitraum einschließlich der neutralen Zeiten nach dem ASVG zugrundegelegt wird, der zwischen dem Tag des Eintritts in den Dienst der Verkehrsbetriebe und dem Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses liegt, und

bb) [...]“

Damit haben die Parteien des Kollektivvertrags schon bei einer wörtlichen Auslegung klar auf die jeweils konkret bei der Beklagten erworbenen Dienstzeiten abgestellt. Diese steht aber dem Ansatz der Klägers, der seiner Argumentation auch die weiteren Dienstzeiten zugrundelegt entgegen und wurde auch bereits in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 9 ObA 82/11s so gesehen (vgl im Ergebnis auch schon 9 ObA 129/08y).

Soweit der Kläger der Berechnung nach dem ASVG nur die Fassung in der 54-igsten ASVG-Novelle zugrundelegen will, übergeht er die Argumentation des Berufungsgerichts, das auf § 563 Abs 19 ASVG verwiesen hat, der einen Günstigkeitsvergleich vorsieht. Warum diese Übergangsbestimmung nicht anzuwenden sein sollte, führt der Kläger, dessen Berechnung für die anzurechnende ASVG-Leistung diesen Günstigkeitsvergleich nicht vornimmt, nicht aus.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 2 ASGG, §§ 50 und 41 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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