OGH 9Nc26/11i

OGH9Nc26/11i17.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Hon.-Prof. Dr. Kuras als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch die Kraft & Winternitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei H***** G*****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel ua, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen 12.439,31 EUR sA, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag der beklagten Partei, an Stelle des Arbeits- und Sozialgerichts Wien das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache 28 Cg 40/11y zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt nach Klageausdehnung vom Beklagten die Rückzahlung des Betrags von 12.439,31 EUR sA. Der Beklagte sei für sie im Rahmen einer arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung tätig gewesen. Den Klagebetrag habe der Beklagte an Provisionsvorschüssen erhalten, die er allerdings infolge von Stornierungen nicht ins Verdienen gebracht habe. Die örtliche Zuständigkeit des von der Klägerin angerufenen Arbeits- und Sozialgerichts Wien werde auf § 4 Abs 1 Z 1 lit b ASGG (Sitz der Klägerin) gestützt.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung.

Nach einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung und dem Wechsel von Schriftsätzen machte der Beklagte sechs Zeugen namhaft, wovon vier Zeugen im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck ihren Wohnsitz haben, und beantragte die Delegierung der Arbeitsrechtssache an das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht. Im Sprengel des Arbeits- und Sozialgerichts Wien haben nur die drei von der Klägerin beantragten Zeugen ihren Wohnsitz. Ein weiterer vom Beklagten beantragter Zeuge habe seinen Wohnsitz in Kärnten, ein anderer in Salzburg. Prozessökonomische Erwägungen sprächen daher für die beantragte Delegierung.

Die Klägerin beantragte daraufhin zu den klagegegenständlichen Stornierungen acht weitere Zeugen, die alle ihren Wohnsitz in Wien haben, und sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus. Die vom Beklagten geltend gemachten prozessökonomischen Gründe lägen nicht vor. Da der Beklagte die Stornierungen weiter bestreite, bleibe der Klägerin nichts übrig, als die Vertreter der Produktgesellschaften als Zeugen namhaft zu machen.

Das Erstgericht legte dem Obersten Gerichtshof die Akten zur Entscheidung über den Delegierungsantrag des Beklagten vor und merkte dabei an, dass die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten einer der Parteien beurteilt werden könne. Das Erstgericht spreche sich daher weder für noch gegen die beantragte Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Delegierungen aus einem Oberlandesgerichtssprengel in einen anderen sind dem Obersten Gerichtshof vorbehalten (§ 31 Abs 2 JN). Die Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zur Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann (vgl RIS-Justiz RS0046333; RS0053169 ua). Dabei ist zu beachten, dass die Delegierung der Ausnahmefall ist und nicht durch zu großzügige Handhabung zu einer faktischen Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen darf (RIS-Justiz RS0046589 ua).

Im vorliegenden Fall mag es zwar zutreffen, dass vier vom Beklagten beantragte Zeugen im Sprengel des zu delegierenden Landesgerichts Innsbruck und zwei weitere Zeugen ihren Wohnsitz zumindest außerhalb des Sprengels des Erstgerichts haben. Andererseits haben aber drei von der Klägerin von Anfang an beantragte Zeugen ihren Wohnsitz in Wien. Dazu kommen noch acht weitere von der Klägerin nach dem Delegierungsantrag des Beklagten zu den einzelnen Stornierungen beantragte Zeugen, die ebenfalls ihren Wohnsitz in Wien haben. Die sich nach der Aktenlage aufdrängende Vermutung, dass der Zeitpunkt der Namhaftmachung von Zeugen mit prozesstaktischen Erwägungen rund um die Frage der Delegierung zusammenhängt, trifft im vorliegenden Fall beide Parteien. Weitere Überlegungen zu dieser Frage können daher unterbleiben. Zweckmäßigkeitserwägungen, die eindeutig im Sinn aller Verfahrensbeteiligter für die vom Beklagten beantragte Delegierung sprechen, liegen jedenfalls nicht vor. Der Delegierungsantrag ist daher abzuweisen (RIS-Justiz RS0046324 ua).

Stichworte