Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung
Die Antragstellerin begründet das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage mit der Behauptung, das Rekursgericht sei von jener Rechtsprechung abgewichen, nach welcher ein Wiederaufnahmegrund (hier: Abänderungsgrund gemäß § 73 Abs 1 Z 6 AußStrG) dann vorliege, wenn das im Hauptprozess (hier: in einem wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nach §§ 27, 37 Abs 1 Z 14 MRG) eingeholte Gutachten (hier: infolge unterbliebener [weiterer] Öffnung der Dachhaut des Objekts Top 65) auf unzulänglicher (Befund-)Grundlage beruht habe. Im Hauptverfahren sei sie als fachliche Laiin zu Erhebung weiterer Beweisanträge nicht verpflichtet gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Damit macht die Antragstellerin allerdings keine Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG geltend:
1. Gemäß § 73 Abs 1 Z 6 AußStrG kann nach dem Eintritt der Rechtskraft eines Beschlusses, mit dem über die Sache entschieden wurde, seine Abänderung beantragt werden, wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte. Diese Gründe eines Abänderungsantrags entsprechen dem Wiederaufnahmsklagegrund nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO. Die neuen Tatsachen müssen im vorangegangenen Verfahren bereits entstanden oder vorhanden gewesen sein. Bei den neuen Beweismitteln kommt es nicht darauf an, wann diese entstanden sind; sie müssen sich nur auf Tatsachen beziehen, die schon vor Verfahrensabschluss erster Instanz vorhanden waren. Ein Abänderungsgrund nach § 73 Abs 1 Z 6 AußStrG liegt nur dann vor, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außer Stande war, die neuen Tatsachen oder Beweismittel in dem vorangegangenen Verfahren geltend zu machen (§ 73 Abs 3 AußStrG). Sinn und Zweck des Abänderungsantrags nach § 73 Abs 1 Z 6 AußStrG ist es, eine unrichtige Tatsachengrundlage des mit dem Abänderungsantrag angefochtenen Beschlusses zu beseitigen, nicht aber von den Parteien begangene Fehler ihrer Verfahrensführung zu beheben. Dafür, dass er ohne sein Verschulden die neuen Beweismittel nicht schon im Hauptverfahren geltend machen konnte, ist - wie im Verfahren nach den §§ 530 ff ZPO, dem das Abänderungsverfahren nach dem AußStrG in vielfacher Hinsicht nachgebildet ist - der Abänderungswerber behauptungs- und beweispflichtig (10 Ob 12/09a).
2. Im vorliegenden Fall glaubte die Antragstellerin bereits während des Hauptverfahrens eine angeblich unzulängliche Befundgrundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens erkannt zu haben und beantragte deshalb die ergänzende Befundaufnahme (mündliche Verhandlung am 11. März 2003; S 2 in ON 61 = Band I AS 285). Das Erstgericht hat diese Beweisaufnahme vorgesehen, allerdings für den Fall präkludiert, dass diese nicht bis Ende Mai 2003 durchgeführt werden könne (AS 297 in Band I). Das Erstgericht hat dann am 21. Mai 2003 mit dem Sachverständigen eine Befundaufnahme an Ort und Stelle durchgeführt (ON 76). Nach dem Vorliegen eines Ergänzungsgutachtens (ON 110) des und einer Fragenbeantwortung (ON 111) durch den Sachverständigen, beantragte dann die Antragstellerin in ihrer Eingabe vom 22. November 2004 (ON 115, insbesondere S 5 = Band II AS 11), und zwar neuerlich (ua) wegen vermeintlich unvollständiger Befunderhebung (Zustand bei Sanierung der Dachhaut), die Einholung eines neuen Gutachtens eines anderen Sachverständigen. Diesen Beweisantrag hat das Erstgericht (im Rahmen der Beweiswürdigung in seinem Sachbeschluss [S 16 f in ON 128 = Band II AS 101 f]) als verspätet bzw als in Verschleppungsabsicht gestellt zurückgewiesen. Die dagegen von der Antragstellerin in ihrem Rekurs gegen den Sachbeschluss erhobene Verfahrensrüge blieb erfolglos (S 10 in ON 140/Band II). Eine Wiederaufnahmsklage (hier: ein Abänderungsantrag) kann aber - nach bereits vorliegender Rechtsprechung - nicht erfolgreich auf Tatsachenvorbringen und Beweise gestützt werden, die wegen schuldhafter Verspätung oder Verschleppung zurückgewiesen wurden (7 Ob 183/09a; 2 Ob 47/11t); diese Ansicht wird auch von der Lehre geteilt (Jelinek in Fasching/Konecny² § 530 ZPO Rz 167).
Eine Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG wird somit nicht aufgezeigt; der Revisionsrekurs ist daher unzulässig und zurückzuweisen.
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