OGH 7Ob94/11s

OGH7Ob94/11s21.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl und andere Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. R***** M*****, 2. R***** M*****, beide vertreten durch Stolz & Schartner Rechtsanwälte GmbH in Radstadt, wegen 5.269,23 EUR sA, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 9. Februar 2011, GZ 22 R 377/10k-13, womit das Urteil des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 29. Juni 2010, GZ 2 C 1246/09k-9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 492,56 EUR (darin 82,09 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, die Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig, weil es bei der Auslegung und Überprüfung der AGB-Bestimmungen des konkreten Restwertleasingvertrags der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gefolgt sei. Diesen Ausspruch änderte es mit Beschluss vom 13. 4. 2011 auf Antrag der beklagten Parteien gemäß § 508 ZPO dahin ab, dass es die ordentliche Revision im Wesentlichen mit folgender Begründung doch für zulässig erklärte:

Eine unrichtige rechtliche Beurteilung werde von den Antragstellern in der Schlussfolgerung erblickt, dass die AGB-Klausel betreffend die Vereinbarung von 9 % Zinsen deshalb zulässig sei, weil zwischen den Parteien bei vertragsgemäßer Zahlung kein Zinssatz vereinbart worden sei. Da für diesen Fall eine Rechtsprechung zu § 6 Abs 1 Z 13 KSchG fehle und auch deshalb, weil die Klägerin die Restwertbestimmung durch ein von ihr eingeholtes Gutachten oder ein durch Anbot des Kfz auf einem von der Klägerin ausgesuchten und damit beschränkten Markt (im händlerinternen Netz) bewerkstelligt habe, sei dem Abänderungsantrag stattzugeben. Er entbehre nicht „jedweder Stichhältigkeit“. Bei Würdigung des Anlassfalls könnte dem Berufungsgericht doch auch eine maßgebliche Fehlbeurteilung unterlaufen sein.

Die Revision ist entgegen diesem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig. Die Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Was die Zinsenklausel betrifft, ist zunächst auf die bereits in der Revisionsbeantwortung zitierte ständige Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0119802) zu verweisen, wonach auch auf einem Vertrag beruhende Verzugszinsen (genauso wie Darlehens- oder Kreditzinsen) den Grenzen der Sittenwidrigkeit unterliegen. Zum einen enthält die Bestimmung des § 1335 ABGB eine Art „Wuchergrenze“, weil rückständige Zinsen das uneingeklagte Kapital nicht übersteigen dürfen; zum anderen kann auch bei Fehlen der in § 879 Abs 2 Z 4 ABGB genannten Voraussetzungen bei auffallendem Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen Sittenwidrigkeit nach § 879 Abs 1 ABGB vorliegen, wenn ein zusätzliches, diesen Mangel ausgleichendes Element der Sittenwidrigkeit hinzutritt, wie etwa die für den anderen erkennbare Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz des Anfechtenden.

Nach diesem Grundsatz wurde in der Entscheidung 7 Ob 78/06 die Sittenwidrigkeit einer Klausel in einem Mietvertragsformular festgestellt, die eine Zinsenbelastung von über 60 % pro Jahr vorsah (RIS-Justiz RS0119802 [T2]). Die Abs 1 und 2 des § 6 KSchG zählen in Konkretisierung der Generalklauseln des § 879 Abs 1 und 3 ABGB jeweils Vertragsbestimmungen auf, die im Verbrauchergeschäft überhaupt (Abs 1) oder mangels besonderer Vereinbarung (Abs 2) nichtig sind (Kathrein in KBB³ § 6 KSchG Rz 1).

Davon ausgehend ist die in den AGB der Klägerin enthaltene Vereinbarung von 9 % Verzugszinsen auch dann nicht zu beanstanden, wenn die Grenze des § 6 Abs 1 Z 13 KSchG im vorliegenden Fall zu beachten sein sollte (vgl Kathrein aaO § 6 KSchG Rz 20 [wo er diese Bestimmung auch für Raten- und Leasinggeschäfte bedeutsam hält]):

Käme doch für den Beklagten gemäß § 1000 Abs 1 ABGB - auch ohne jegliche Zinsenvereinbarung - ein gesetzlicher Zinssatz von 4 % zur Anwendung, sodass die für den Fall des Verzugs des Verbrauchers vereinbarten Zinsen (im Ausmaß von 9 %) auch diesen (gesetzlichen) Zinssatz jedenfalls nicht „um mehr als fünf Prozentpunkte pro Jahr übersteigen“ (§ 6 Abs 1 Z 13 KSchG) würden.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die beanstandete Klausel weder unzulässig im Sinn des § 6 Abs 1 Z 13 KSchG noch nichtig gemäß § 879 Abs 2 Z 4 ABGB sei, steht mit den dargestellten Grundsätzen daher in Einklang; wobei es auf das Fehlen einer Rechtsprechung zu § 6 Abs 1 Z 13 KSchG schon mangels Vorliegens einer „fünf Prozentpunkte übersteigenden“ Zinssatzdifferenz nicht ankommt. Eine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung ist daher nicht zu erkennen.

Es stellt sich aber auch im Zusammenhang mit der Verwertung des Leasingfahrzeugs keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO, weil hier vom festgestellten Sachverhalt zum Wert des zurückgestellten Leasingfahrzeugs auszugehen ist.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung die Unzulässigkeit der Revision aufgezeigt und deren Zurückweisung beantragt.

Stichworte