Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Rekursgericht hat zwar den ordentlichen Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung für zulässig erklärt, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob dem Begehren auf Einverleibung eines Eigentumsrechts, womit ein Besitznachfolgerecht verwirklicht werde, grundbücherliche Belastungs- und Veräußerungsverbote anderer Personen entgegenstünden, wenn diese Verbote infolge Ausübung der Besitznachfolge hinfällig geworden seien. Allenfalls sei zu klären, ob das Grundbuchsgericht von Amts wegen solche Behauptungen durch Einsicht in die Urkundensammlung zu prüfen habe.
Rechtliche Beurteilung
Der von den Antragstellern erhobene Revisionsrekurs ist ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) nicht zulässig:
Nach dem Buchstand ist aufgrund eines Übergabsvertrags vom 15. 5. 1981 die Zweitantragstellerin H***** S***** Alleineigentümerin der EZ 89 *****. Unter CLNR 6a ist - ohne Einschränkung durch Bezugnahme auf einen bestimmten Vertrag - zugunsten von vier Personen, darunter der nunmehrige Erwerber und Erstantragsteller, ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt.
Mit dem verfahrenseinleitenden Grundbuchsantrag begehrt der Erstantragsteller als einer der vier Verbotsberechtigten unter Vorlage eines Übergabsvertrags vom 6. 12. 2010, der zwischen ihm und der Liegenschaftseigentümerin abgeschlossen wurde und keinerlei Erklärungen oder Zustimmungen der übrigen drei Verbotsberechtigten enthält, die Einverleibung des Eigentumsrechts zu seinen Gunsten, die Löschung der Belastungs- und Veräußerungsverbote der übrigen drei Verbotsberechtigten sowie die Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots und einer Reallast zugunsten der Übergeberin und bisherigen Alleineigentümerin.
In dem zu verbüchernden Übergabsvertrag ist unter I. „Vorbemerkung“ Folgendes festgehalten:
„Frau H***** S***** [Zweitantragstellerin] ist aufgrund des Übergabsvertrages auf den Todesfall mit Herrn S***** vom 15. 5. 1981, Geschäftszahl 795 des öffentlichen Notars Dr. N***** K***** in G*****, Alleineigentümerin der im Grundbuch des Bezirksgerichts V***** eingetragenen Liegenschaft Einlagezahl 89 Katastralgemeinde ***** ... Gemäß Punkt Viertens des vorgenannten Übergabsvertrages ist Frau H***** S***** [Zweitantragstellerin] verpflichtet, diese Liegenschaft unter Lebenden oder von Todes wegen einem ihrer gemeinsamen Kinder mit Herrn E***** S***** [Erstantragsteller], E***** S*****, A***** S*****, R***** S***** und H***** S***** nach ihrer Wahl zu übergeben oder zu hinterlassen und wurde diese Verpflichtung durch ein[e] Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots für die Kinder E***** S*****, A***** S*****, R***** S***** [Erstantragsteller] und H***** S***** grundbücherlich sichergestellt. Da die gegenständliche Übergabe in Erfüllung dieser Überlassungsverpflichtung erfolgt, ist dieses Belastungs- und Veräußerungsverbot erledigt und kann im Grundbuch gelöscht werden.
II. Übergabsobjekt - Übergabe
In Erfüllung dieser Überlassungsverpflichtung überlässt und übergibt hiermit Frau H***** S***** [Zweitantragstellerin] ihre vorbeschriebene Liegenschaft ... ihrem Sohn Herrn R***** S***** [Erstantragsteller] und dieser übernimmt das Übergabsobjekt in sein Eigentum.“
Dem verfahrenseinleitenden Antrag wurde der Übergabsvertrag vom 15. 5. 1981 weder angeschlossen noch im Antrag darauf als Eintragungsgrundlage (für die begehrte Löschung der Verbote) Bezug genommen. Erstmals wurde dieser Vertrag im Revisionsrekursverfahren vorgelegt.
Zufolge § 94 Abs 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn aus dem Grundbuch in Ansehung dieser Liegenschaft oder des Rechts kein Hindernis gegen die begehrte Eintragung hervorgeht und das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint. Die Urkunden müssen in der Form vorliegen, die zur Bewilligung einer Einverleibung, Vormerkung oder Anmerkung erforderlich ist.
Nach dem Grundbuchstand verhindert ein einverleibtes Belastungs- und Veräußerungsverbot ohne Zustimmung des Berechtigten die Einverleibung oder Vormerkung eines neuen Eigentümers (RIS-Justiz RS0103242). Es ist ein vom Grundbuchsgericht von Amts wegen zu beachtendes Verfügungshindernis für den dinglich belasteten Eigentümer (7 Ob 313/01g mwN).
Für die Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots ist nach neuerer Rechtsprechung weder die Angabe eines Rechtsgrundes noch die Nennung eines Motivs erforderlich (5 Ob 20/90 = SZ 63/84 = NZ 1991, 107 [Hofmeister]). Wie oben dargelegt, ist dem Buchstand auch hier eine Beschränkung des Verbots auf den Zweck der Sicherung der Besitznachfolgerechte (zur Zulässigkeit: RIS-Justiz RS0012842) nicht zu entnehmen.
Die Zweitantragstellerin kann sich daher nur auf einen obligatorischen Anspruch auf Zustimmung der Verbotsberechtigten zur Übertragung des Eigentumsrechts an den Erstantragsteller berufen. Dies bedürfte zufolge § 94 Abs 1 Z 3 und 4 GBG eines Nachweises in grundbuchsfähiger Form. Eine derartige Urkunde wurde nicht vorgelegt. Weder der Übergabsvertrag vom 6. 12. 2010 noch der Übergabsvertrag vom 15. 5. 1981 enthalten eine solche Erklärung, beide sind von den Verbotsberechtigten nicht unterfertigt. Die eingangs wiedergegebenen Ausführungen in Punkt I des Übergabsvertrags vom 6. 12. 2010 über den seinerzeitigen Zweck der Einräumung der Belastungs- und Veräußerungsverbote sind also reine Wissenserklärungen.
Ob der Zweitantragstellerin gegenüber den Verbotsberechtigten ein obligatorischer Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der Verbote bzw auf Zustimmung zur Eigentumsübertragung zusteht, ist im Grundbuchsverfahren über die Urkunden hinaus nicht zu prüfen. Es kommt daher auf die relevierte Frage, ob der Inhalt des ersten Übergabsvertrags vom Grundbuchsgericht von Amts wegen festgestellt hätte werden müssen, nicht an.
Diese Rechtslage, die die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, ergibt sich bereits aus der Bestimmung des § 94 Abs 1 GBG.
Auch Erwägungen darüber, dass im Jahr 1981 (Zeitpunkt der Verbücherung des ersten Übergabsvertrags) keine rechtliche Möglichkeit bestanden habe, vertraglich vereinbarte Besitznachfolgerechte in Form einer Anmerkung der Beschränkung des Eigentums zu verbüchern und zur Sicherung der Besitznachfolgeberechtigten nur ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zur Verfügung gestanden sei, lassen grundbuchsrechtlich keine andere, als eine am Grundbuchstand orientierte Entscheidung zu. Die in diesem Zusammenhang vom Rekursgericht als erheblich angesehenen Rechtsfragen stellen sich nicht.
Darauf, dass eine Berichtigung des Grundbuchs mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 136 GBG (Offenkundigkeit oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesene Unrichtigkeit) nicht in Betracht kommt, hat schon das Rekursgericht hingewiesen.
Der Revisionsrekurs der Antragsteller war daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 GBG zurückzuweisen.
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