OGH 14Os142/11f

OGH14Os142/11f13.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Steinbichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mario M***** wegen des Vergehens des Betrugs nach §§ 15 Abs 1, 146 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Stockerau vom 21. März 2011, GZ 2 U 51/10t-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Aicher, und des Verurteilten Mario M***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluss des Bezirksgerichts Stockerau vom 21. März 2011, GZ 2 U 51/10t-12, verletzt, soweit darin gemäß § 494a (Abs 1 Z 4) StPO der Widerruf der mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht vom 19. August 2009, GZ 182 BE 188/09m-8, gewährten bedingten Entlassung ausgesprochen wurde, § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB.

Der Beschluss wird in diesem Umfang (Punkt 4) aufgehoben und es wird vom Widerruf der Mario M***** mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 19. August 2009, GZ 182 BE 188/09m-8, gewährten bedingten Entlassung aus Anlass der Verurteilung des Bezirksgerichts Stockerau vom 21. März 2011, GZ 2 U 51/10t-12, abgesehen.

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. Februar 2009, GZ 073 Hv 1/09i-11, wurde Mario M***** des Verbrechens des (richtig:) gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde der Vollzug eines Teils dieser Freiheitsstrafe im Ausmaß von zehn Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Aus dem unbedingten Teil der Freiheitsstrafe wurde Mario M***** mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht vom 19. August 2009, GZ 182 BE 188/09m-8, am 1. Oktober 2009 bedingt entlassen. Der Strafrest betrug ein Monat und 20 Tage, die Probezeit wurde mit drei Jahren bestimmt.

Aufgrund neuer Delinquenz während der Probezeit wurde Mario M***** mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts Stockerau vom 21. März 2011, GZ 2 U 51/10t-12, des Vergehens des Betrugs nach §§ 15 Abs 1, 146 StGB und anderer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichts Stockerau vom 13. September 2010, GZ 2 U 23/10z-14, zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt. Aus Anlass dieser Verurteilung fasste das erkennende Gericht den ebenso in Rechtskraft erwachsenen Beschluss, „gemäß § 494a StPO“ die bedingte Entlassung zu AZ 182 BE 188/09m des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht zu widerrufen (vgl Punkt 4 der ON 12 S 3). Vom Widerruf der mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien zu AZ 073 Hv 1/09i gewährten bedingten Strafnachsicht hinsichtlich des Strafteils von zehn Monaten sah es ab (§ 494a Abs 1 Z 2 StPO; Punkt 3 der ON 12 S 3).

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht der Beschluss des Bezirksgerichts Stockerau vom 21. März 2011, GZ 2 U 51/10t-12, soweit damit die bedingte Entlassung des Mario M***** zu AZ 182 BE 188/09m des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht widerrufen wurde, mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Nach dem durch das Strafrechts-änderungsgesetz 2008, BGBl I 2007/109, eingefügten zweiten Satz des § 53 Abs 1 StGB können die bedingte Nachsicht eines Teils einer Freiheitsstrafe und die bedingte Entlassung aus dem nicht bedingt nachgesehenen Strafteil nur gemeinsam widerrufen werden. Ein Widerruf der bedingten Entlassung aus dem gemäß § 43a Abs 3 oder Abs 4 StGB nicht bedingt nachgesehenen Teil einer Freiheitsstrafe ist daher unzulässig, wenn zugleich - wie hier - in Ansehung des bedingt nachgesehenen Teils dieser Strafe vom Widerruf abgesehen wird (vgl RIS-Justiz RS0125448).

Da sich die Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten auswirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst (§ 292 letzter Satz StPO), der Feststellung konkrete Wirkung zuzuerkennen und den Beschluss des Bezirksgerichts Stockerau vom 21. März 2011, GZ 2 U 51/10t-12, in seinem Punkt 4 aufzuheben.

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