Spruch:
Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters für seine drei Kinder war mit Beschluss des Bezirksgerichts Grieskirchen vom 13. 6. 2006 festgesetzt worden.
Am 1. 10. 2007 bewilligte das Bezirksgericht Wels die Exekution zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstands ab 1. 10. 2003 bis 30. 9. 2007 sowie des laufenden Unterhalts ab 1. 10. 2007.
Am 17. 10. 2007 brachte der Vater beim Bezirksgericht Wels zu 4 C 66/07b eine Oppositionsklage ein, in der er im Wesentlichen ein Erlöschen der Unterhaltsansprüche infolge des Herabsinken seines Einkommens ab 1. 5. 2005 geltend machte.
Noch während des Oppositionsverfahrens stellte der Vater beim Erstgericht den Antrag auf Herabsetzung des Kindesunterhalts rückwirkend ab 1. 7. 2006 „auf den einfachen Normsatz“. Weiters beantragte er die „rückwirkende Einstellung der Exekution ab 1. 7. 2006“ bzw die „Anspannung“ des „Kinderunterhalts rückwirkend auf den Normregelsatz, der seit 1. 5. 2005 zustehe“.
Das Erstgericht wies diese Anträge zurück.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine Entscheidung zu einem zur Gänze vergleichbaren Sachverhalt nicht auffindbar sei und die „Kombinationstheorie“ doch kritisiert werde.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen diesem Ausspruch ist der Revisisonsrekurs des Vaters mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.
1. Betrifft das Recht auf Herabsetzung oder Aufhebung des Unterhaltsanspruchs wegen wesentlicher Veränderung der maßgebenden Verhältnisse minderjährige Kinder, ist es im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen (§ 114 Abs 1 und 2 JN). Dass dieses Recht aber auch einen Oppositionsklagegrund darstellt, entspricht einhelliger Rechtsprechung (3 Ob 163/02w mwN; SZ 53/30).
2. Die Frage des Verhältnisses dieser beiden Rechtsbehelfe stellt sich dann, wenn es (wie hier) jeweils um den Unterhaltsanspruch für denselben Zeitraum geht. Ihre Beantwortung ist von der Beurteilung des Rechtsschutzziels der Opposisitionsklage abhängig. Es entspricht aber der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass sich Einwendungen nach § 35 EO unmittelbar gegen den betriebenen Anspruch richten. Das der Oppositionsklage stattgebende Urteil spricht über den materiellrechtlichen Anspruch unmittelbar ab; mit der Oppositionsklage wird alles erreicht, was auch mit einer (negativen) Feststellungsklage erreichbar ist. Sobald ein Exekutionsverfahren anhängig ist, ist daher nur mehr die Oppositionsklage zulässig (RIS-Justiz RS0001715; „Kombinationstheorie“). Ein über die Oppositionsklage ergehendes Urteil, wonach ein bestimmter Anspruch erloschen ist, hat die gleiche Wirkung - insbesondere auch Rechtskraftwirkung - wie ein (negatives) Feststellungsurteil (RIS-Justiz RS0001652). Die Oppositionsklage entfaltet demnach Streitanhängigkeit gegenüber einer später eingebrachten Feststellungsklage. Letztere ist aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0001652 [T3]).
2.1. Nach der Rechtsprechung und der Lehre zur Rechtslage vor dem AußStrG 2005 hinderte die Streitanhängigkeit aber nur die Doppelprozessführung innerhalb des Zivilprozesses, nicht aber die Geltendmachung des identischen Anspruchs in anderen Zweigen der Gerichtsbarkeit (Fasching, Lehrbuch2, Rz 1190). Bei gleichzeitiger Erhebung desselben Anspruchs im Zivilprozess und im Außerstreitverfahren wurde eine Streitanhängigkeit unter Hinweis darauf verneint, dass das Außerstreitverfahren keine Bestimmung enthalte, die jener des § 233 ZPO entspreche (RIS-Justiz RS0039240).
3. Nunmehr gilt § 12 Abs 2 AußStrG 2005. Danach sind mehrere, über den selben Verfahrensgegenstand bei mehreren Gerichten anhängige Verfahren bei einem zuständigen Gericht zu vereinen. Diese Regelung dient dazu, parallele Verfahren und damit widersprechende Entscheidungen zu verhindern. Eine rechtsweg- oder grenzüberschreitende Verbindung von Verfahren wird durch § 12 Abs 2 AußStrG aber nicht ermöglicht.
4. Bereits den Ausführungen des Obersten Gerichtshofs in der Entscheidung 4 Ob 17/11w, RIS-Justiz RS0001652 [T3] ist jedoch zu entnehmen, dass dann, wenn eine Oppositionsklage und ein später eingebrachter Antrag auf Enthebung von der Unterhaltspflicht das gleiche Rechtsschutzziel haben (die Enthebung von der Unterhaltspflicht ab einem bestimmten Tag), der spätere Antrag zurückzuweisen ist. Dies wurde vor allem mit dem Grundsatz der Prozessökonomie begründet, demzufolge „Verfahrenswiederholungen“ möglichst zu vermeiden seien. Zudem wäre eine Umgehung der im Oppositionsverfahren geltenden Eventualmaxime möglich.
5. Das Ergebnis, dass jedenfalls dann, wenn ein Oppositionsverfahren bereits anhängig ist, ein denselben Zeitraum betreffender Unterhaltsenthebungs- oder Unterhaltsherabsetzungsantrag ausgeschlossen ist, stieß auch in der Literatur nicht auf Kritik (EF-Z 2011/121 [Gitschthaler]; iFamZ 2011/200 [Fucik]; siehe auch - kritisch - Neuhauser, Unterhaltsenthebungsantrag oder Oppositionsklage - oder doch beides? Zak 2011/425, 228).
6. In Übereinstimmung mit der die aktuelle Rechtslage berücksichtigenden Entscheidung 4 Ob 17/11w haben die Vorinstanzen den Unterhaltsherabsetzungsantrag, der während des laufenden Oppositionsverfahrens eingebracht wurde und einen identen Zeitraum betrifft, zurückgewiesen.
Da zu der vom Rekursgericht als erheblich iSd § 62 Abs 1 AußStrG bezeichneten Rechtsfrage bereits Rechtsprechung existiert, deren für den vorliegenden Fall maßgebliche Aussage auf Zustimmung im Schrifttum gestoßen ist und der Revisionsrekurswerber in seinem Rechtsmittel keine triftigen Gründe aufzeigt, die Anlass für ein Abgehen von dieser Rechtsprechung bieten könnten, erweist sich der ordentliche Revisionsrekurs als unzulässig (RIS-Justiz RS0103384).
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