Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 3.331,68 EUR (davon 555,28 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
In der Stiftungsurkunde vom 16. 4. 1996 der klagenden Privatstiftung, die keinen Aufsichtsrat hat, heißt es:
„§ 2 Zweck, Begünstigte
1. Zweck der Privatstiftung ist die Erhaltung und ertragreiche Verwertung des Familienvermögens der Stifter für sich, ihre Rechtsnachfolger und im weiteren Sinn aller dieser nahestehender Personen, weiters die Versorgung der Stifter, ihrer Angehörigen, Rechtsnachfolger und deren nahestehende Personen. Gemäß § 5 PSG wird ein klagbarer Anspruch eines Begünstigten ausdrücklich ausgeschlossen.
Auftrag der Stiftung ist es auch, die drei Grabmäler (zwei im Barbarafriedhof, eines im Urnenhain) zu erhalten und zu pflegen.
2. Der Stiftungszweck kann durch alle wirtschaftlich erforderlichen Maßnahmen verwirklicht werden.
3. Über Leistungen an die Begünstigten entscheidet der Vorstand aufgrund der Vorschläge der Stifter unanfechtbar.
§ 3 Vermögen und Vermögensverwaltung
…
2. Zu- und Nachstiftungen sind jederzeit möglich. Dieses ist in der Öffnungsbilanz der Stiftung als Stammvermögen einzustellen. Die Veranlagung und Verwertung des Vermögens ist entsprechend dem Stiftungszweck nach den Vorschlägen der Stifter durchzuführen. Zwischenveranlagungen in geschäftsüblicher Form sind zulässig.
§ 6 Geschäftsführung und Vertretung
1. Der Vorstand hat nach Maßgabe der Stiftungserklärung und einer allfälligen Zusatzurkunde die Geschäfte der Stiftung mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu besorgen. Er vertritt die Stiftung in allen Angelegenheiten nach außen, wobei jeweils zwei Mitglieder gemeinsam zur Vertretung berechtigt sind.
…“
Beide Beklagten waren bis 3. 7. 2009 Mitglieder des Vorstands der klagenden Partei. Drittes Vorstandsmitglied war bis zu seinem Tod am 21. 12. 2008 Dr. W***** H*****. Stifter der klagenden Partei sind Dr. I***** H***** und deren Sohn N***** H*****, der am 7. 12. 2008 verstarb.
Mit Abtretungsvertrag vom 2. 2. 2006 verkaufte der Erstbeklagte der klagenden Partei einen Teil seines Geschäftsanteils an der T***** GmbH, der einer voll einbezahlten Stammeinlage von 100.000 EUR entsprach, um einen Betrag in derselben Höhe. Seitens der Klägerin wurde der Vertrag vom Erstbeklagten und Dr. W***** H***** unterfertigt. Im Abtretungsvertrag ist festgehalten, dass die klagende Partei in Kenntnis des Umstands ist, dass die Generalversammlung der T***** GmbH am 30. 12. 2005 eine Nachschussverpflichtung der Gesellschafter im Verhältnis ihrer Stammeinlage in Höhe von 2,4 Mio EUR beschlossen hat, und sie sich gegenüber dem Erstbeklagten verpflichtet, den auf sie entfallenden Teil dieser Nachschussverpflichtung in Höhe von 400.000 EUR zu übernehmen und ihn betreffend dieses Punkts schad- und klaglos zu halten; weiters, dass kein nachzuschießender Restbetrag zur Einzahlung mehr offen ist, weil über den Erstbeklagten bereits 400.000 EUR an die T***** GmbH geleistet worden sind. Am 30. 9. 2005 hatte nämlich die klagende Partei insgesamt 500.000 EUR auf ein Konto der T***** GmbH mit dem Verwendungszweck „Zuführung Eigenmittel“ überwiesen, wobei der Überweisungsbeleg ausschließlich vom Zweitbeklagten unterfertigt worden war. Zur Finanzierung der Beteiligung hatte die klagende Partei Darlehen in Höhe von insgesamt 510.000 EUR aufgenommen, wobei eine Liegenschaft und ein Wertpapierdepot als Sicherheit dienten.
Mit Beschluss des Landesgerichts Linz vom 25. 6. 2009, 13 Fr 2355/09k, wurden beide Beklagte gemäß § 27 Abs 2 PSG als Mitglieder des Stiftungsvorstands der klagenden Partei abberufen. Dem Rekurs des Erstbeklagten gab das Oberlandesgericht Linz mit Beschluss vom 30. 9. 2009, 6 R 139/09d, nicht Folge. Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs des Erstbeklagten mit Beschluss vom 17. 12. 2009, 6 Ob 233/09x, zurück.
Mit rechtskräftigem Beschluss vom 14. 4. 2010, 13 Fr 616/09d, stellte das Landesgericht Linz aufgrund der Ergebnisse einer durchgeführten Sonderprüfung Unredlichkeit und grobe Verletzung der Stiftungserklärung sowie des Gesetzes gemäß § 31 Abs 5 PSG fest.
Am 11. 11. 2009 wurde über das Vermögen der T***** GmbH der Konkurs eröffnet. Der Jahresabschluss der Gesellschaft für das Jahr 2005 war am 24. 9. 2007 beim Firmenbuchgericht eingereicht worden.
Selbst dann, wenn sämtliche Vorstandsmitglieder dem Abtretungsvertrag vom 2. 2. 2006 zugestimmt hätten, hätte das Firmenbuchgericht diesen nicht genehmigt. Der Gesellschaftsvertrag der T***** GmbH enthält keine Regelung über eine Nachschussverpflichtung. In der außerordentlichen Generalversammlung vom 30. 12. 2005 wurde eine derartige Nachschussverpflichtung auch nicht beschlossen. Im Zuge dieser Generalversammlung wurde vom Erstbeklagten, der Alleingesellschafter war, lediglich eine Kapitalerhöhung von 40.000 EUR auf 600.000 EUR beschlossen.
Das Erstgericht gab dem auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 500.000 EUR gerichteten Klagebegehren Folge.
Die Berufungen der Beklagten blieben erfolglos. Das Berufungsgericht beurteilte die Unterlassung der Einholung der gerichtlichen Genehmigung des Abtretungsvertrags als Pflichtverletzung gemäß § 29 PSG. Auch ein Wunsch, ein Auftrag oder eine Weisung der Stifter und Begünstigten, den Abtretungsvertrag abzuschließen, hätte nichts daran geändert, dass er der gerichtlichen Genehmigung bedurfte. Abgesehen davon, dass in der Stiftungserklärung den Stiftern eine Befugnis zur Genehmigung von Geschäften mit Mitgliedern des Stiftungsvorstands nicht eingeräumt worden sei, könnte eine derartige Befugnis nicht die zwingend erforderliche gerichtliche Genehmigung ersetzen. Das Erstgericht habe zutreffend dargelegt, dass eine gerichtliche Genehmigung nicht erteilt worden wäre, weil die klagende Partei zum Zweck der Beteiligung einen Kredit in der Höhe der Beteiligung habe aufnehmen müssen. Dass sie zur Sicherung dieses Kredits Aktien beliehen habe, ändere nichts an einer drittfinanzierten Beteiligung und einer entsprechenden Verpflichtung, den aufgenommenen Kredit zurückzuzahlen. Eine gerichtliche Genehmigung des Abtretungsvertrags wäre aber auch daran gescheitert, dass die darin vorgesehene Nachschussverpflichtung (der auf die klagende Partei entfallende Anteil habe 400.000 EUR betragen) der gesetzlichen Grundlage entbehrte. Damit sei aber die im Abtretungsvertrag festgehaltene Vereinbarung einer Nachschussverpflichtung ohne entsprechende Grundlage erfolgt, was ebenfalls gegen eine gerichtliche Genehmigung des Abtretungsvertrags spreche. Berücksichtige man weiters, dass nach dem unbestrittenen Vorbringen der klagenden Partei diese nach Aufnahme des Kredits nicht mehr in der Lage gewesen sei, mit ihren verfügbaren Mitteln laufende Kosten und anfallende Zinsen abzudecken bzw die Ratenrückzahlungen zu bedienen, hätte der Abtretungsvertrag selbst bei positiver Zukunftsprognose und bei einem Wunsch des Stifters als nicht dem Wohl der Privatstiftung entsprechend nicht genehmigt werden können. Die Beklagten hätten unabhängig von einer allfälligen Weisung die Ausschüttungssperre verhängen müssen. Die klagende Partei habe nachgewiesen, einen vom Erstbeklagten verursachten Schaden aufgrund schuldhafter Pflichtverletzung durch Abschluss des Abtretungsvertrags ohne Einhaltung des Verfahrens nach § 17 Abs 5 PSG und Zahlung des Preises von 500.000 EUR an die nunmehr insolvente T***** GmbH erlitten zu haben. Dem Erstbeklagten sei der Nachweis rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht gelungen.
Das Berufungsgericht sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Haftung von Mitgliedern eines Stiftungsvorstands aus schuldhafter Pflichtverletzung, insbesondere im Zusammenhang mit gerichtlich genehmigungspflichtigen Geschäften zwischen Stiftung und Mitgliedern des Stiftungsvorstands, vorliege.
Der Zweitbeklagte hat die von ihm erhobene Revision zurückgezogen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Erstbeklagten ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil eine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage nicht vorliegt.
Gemäß § 29 PSG haftet der Privatstiftung jedes Mitglied eines Stiftungsorgans für den aus seiner schuldhaften Pflichtverletzung entstandenen Schaden. Ob eine Pflichtverletzung vorliegt, ist regelmäßig anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen (vgl 6 Ob 233/09x; 6 Ob 82/11v). Aufgrund der regelmäßigen Einzelfallbezogenheit dieser Prüfung liegt darin im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG.
Nach § 17 Abs 2 erster Satz PSG hat jedes Mitglied des Stiftungsvorstands seine Aufgaben mit der Sorgfalt eines gewissenhaften Geschäftsleiters zu erfüllen. Wenn die Privatstiftung keinen Aufsichtsrat hat, bedürfen Rechtsgeschäfte der Privatstiftung mit einem Mitglied des Stiftungsvorstands der Genehmigung aller übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstands und des Gerichts (§ 17 Abs 5 PSG).
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 6 Ob 233/09x die Rechtsauffassung gebilligt, dass die Unterlassung der nach § 17 Abs 5 PSG gebotenen Einholung der gerichtlichen Genehmigung des Abtretungsvertrags eine grobe Pflichtverletzung des Erstbeklagten begründet. § 17 Abs 5 PSG bezweckt den Schutz der Privatstiftung vor dem Abschluss ihrem Wohl abträglicher Geschäfte mit Mitgliedern des Stiftungsvorstands (6 Ob 233/09x). Die Ansicht des Revisionswerbers, es hätte keiner gerichtlichen Genehmigung des Abtretungsvertrags bedurft, weil der durch die Stiftungserklärung begünstigte Stifter N***** H***** das Geschäft gewünscht und genehmigt habe, ist unrichtig. Sie steht in offenkundigem Widerspruch zum klaren und eindeutigen Wortlaut der Bestimmung, die - sofern kein Aufsichtsrat eingerichtet ist - nur das Gericht, aber weder den Stifter, einen Begünstigten noch sonst jemanden zur Genehmigung beruft (vgl Arnold, PSG2 § 17 Rz 92). Davon abgesehen, wurde im Verfahren erster Instanz eine Genehmigung durch den Stifter nicht behauptet. Das hat schon das Berufungsgericht zutreffend erkannt. Die unzulässige Neuerung war bereits im Berufungsverfahren unbeachtlich.
Auch wenn der Erwerb des GmbH-Anteils einem Wunsch oder einer „satzungsmäßigen Anweisung“ des begünstigen Stifters entsprochen hätte, ist dem Erstbeklagten - damals Rechtsanwalt - entgegen seiner Ansicht vorwerfbar, die nach der eindeutigen Gesetzeslage notwendige gerichtliche Genehmigung nicht eingeholt zu haben.
Die auf der unzutreffenden Behauptung, eine gerichtliche Genehmigung wäre im Anlassfall nicht notwendig gewesen, beruhenden Rügen eines Mangels des berufungsgerichtlichen Verfahrens und von Feststellungsmängeln aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung sind nicht berechtigt.
Bei der Beurteilung des hypothetischen Ausgangs des Vorverfahrens hat das Gericht im Regressprozess nicht darauf abzustellen, wie das Gericht des Vorprozesses, wären die beanstandeten Unterlassungen unterblieben, seinerzeit entschieden hätte, sondern darauf, wie nach seiner Auffassung das Vorverfahren - oder auch nur eine Teilfrage desselben - richtigerweise hätte entschieden werden müssen, wobei sich das Regressgericht bei seiner Beurteilung am Handeln eines pflichtgemäß handelnden Richters zu orientieren hat (1 Ob 151/01i mit ausführlicher Begründung und Nachweisen zum Schrifttum, 17 Ob 11/11h; RIS-Justiz RS0115755; RS0022706 [T6]). Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass eine Vereinbarung nach § 17 Abs 5 PSG nur genehmigt werden darf, wenn ihr Abschluss im Interesse der Privatstiftung liegt und somit deren Wohl entspricht. Es ist jedenfalls zu prüfen, ob durch das Rechtsgeschäft die Verfolgung des Stiftungszwecks und des Stifterwillens in Zukunft mit ausreichender Sicherheit gewährleistet ist oder das Funktionieren der Privatstiftung eingeschränkt ist, ob die Gefahr von Missbrauch oder Schädigung der Privatstiftung besteht und ob sonstige Interessen der Privatstiftung beeinträchtigt werden. Dabei ist kein strenger Maßstab zugrundezulegen (RIS-Justiz RS0121199; 6 Ob 155/06x, SZ 2006/126). Die Frage der Genehmigung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und bildet daher regelmäßig keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage. Die Vorinstanzen haben ausführlich, in nicht korrekturbedürftiger Weise begründet, dass der Abtretungsvertrag zwischen dem Erstbeklagten und der Klägerin richtigerweise nicht genehmigt worden wäre. Der Revisionswerber setzt sich mit den Argumenten des Berufungsgerichts nicht auseinander.
Seine Ausführungen unter Punkt C.2.b vorletzter Absatz der Revisionsschrift sind unbeachtliche Neuerungen (§ 504 Abs 2 ZPO).
Zu den Ausführungen unter Punkt C.3.b der Revisionsschrift ist nur festzuhalten, dass der Erstbeklagte in seiner Berufung den vom Erstgericht festgestellten Zeitpunkt der „Zuführung Eigenmittel“ durch den Zweitbeklagten an die T***** GmbH nicht rügte und für die begehrte Feststellung, der Betrag von 500.000 EUR sei nicht an diese Gesellschaft mbH, sondern auf ein Treuhandkonto des Erstbeklagten überwiesen worden, keine Beweismittel angab, aufgrund derer die Feststellung zu treffen gewesen wäre. Die insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge musste erfolglos bleiben.
Den Ausführungen unter Punkt C.3.c der Revisionsschrift ist zu erwidern: Das Berufungsgericht legte zutreffend dar, dass der Erstbeklagte im Verfahren erster Instanz keine Behauptungen zu einer Vorteilsanrechnung erstattete und die in der Berufung begehrte Anrechnung gegen das Neuerungsverbot verstieß. Gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die behaupteten Zahlungen der T***** GmbH an den begünstigten Stifter keine Versorgungsleistungen der Klägerin an einen Begünstigten iSd § 2 der Stiftungsurkunde darstellen würden, führt der Revisionswerber konkret nichts ins Treffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat die Unzulässigkeit der Revision des Erstbeklagten aufgezeigt, ebenso die Unzulässigkeit der Revision des Zweitbeklagten, die dieser danach zurückgezogen hat.
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