OGH 4Ob182/11k

OGH4Ob182/11k22.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen N***** A*****, vertreten durch das Amt für Jugend und Familie - Rechtsvertretung Bezirke 12, 13, 23, Wien 23, Rößlergasse 15, wegen Unterhalt, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters N***** M*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Richter, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. August 2011, GZ 43 R 226/11w-235, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 15. Dezember 2010, GZ 10 P 76/07v-U-185, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Der Vater war bis 31. 8. 2008 zu monatlichen Unterhaltsleistungen von 284 EUR an die Minderjährige verpflichtet. Das Erstgericht erhöhte den Unterhalt für Jänner 2008 auf 335 EUR und für die Zeit vom 1. 2. 2008 bis 31. 8. 2008 auf monatlich 315 EUR. Danach war der Vater bisher zu monatlichen Unterhaltsleistungen von 320 EUR verpflichtet. Diese Unterhaltsverpflichtung erhöhte das Erstgericht (unter Abweisung eines Mehrbegehrens) für die Zeit vom 1. 9. 2008 bis 31. 12. 2008 auf monatlich 375 EUR und ab 1. 1. 2009 auf monatlich 390 EUR.

Den Rekursen der Minderjährigen und des Vaters gab das Rekursgericht mit seinem nach dem 30. 6. 2009 gefassten Beschluss (Art 16 Abs 4 Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl I Nr 52/2009) nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zugelassen werde.

Den gegen diesen Beschluss erhobenen „außerordentlichen Revisionsrekurs" des Vaters an den Obersten Gerichtshof, worin der Antrag gestellt wird, der Oberste Gerichtshof möge die angefochtenen Beschlüsse abändern, in eventu aufheben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Gericht zweiter bzw erster Instanz zurückverweisen, legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der geltenden Rechtslage:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts - beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Die Zulassungsvorstellung, die mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.

Im vorliegenden Fall übersteigt der Gegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, nicht 30.000 EUR:

Bei der Ermittlung des Entscheidungsgegenstands des Rekurs- oder Berufungsgerichts in Unterhaltsverfahren kommt es, wenn (auch) laufende Ansprüche zu beurteilen sind, es demnach um die wiederkehrende Leistung als Ganzes geht, gemäß § 58 Abs 1 JN grundsätzlich auf den 36-fachen Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags an, der zum Zeitpunkt der Entscheidung der zweiten Instanz zwischen den Parteien noch strittig war (RIS-Justiz RS0042366, RS0103147 [T2]). Hier beträgt die Differenz bei einem (strittigen) laufenden Unterhalt von monatlich 390 EUR und dem bislang unstrittigen bisherigen monatlichen Unterhalt von 284 EUR 106 EUR. Die dreifache Jahresleistung dieses strittigen Betrags beträgt 3.816 EUR.

Da der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, somit unter 30.000 EUR liegt, wäre das Rechtsmittel nicht dem Obersten Gerichtshof, - auch wenn es als „außerordentliches" bezeichnet wird - sondern vielmehr dem Rekursgericht vorzulegen gewesen. Dies wird das Erstgericht nunmehr nachzuholen haben. Ob der im Rechtsmittel gestellte Antrag, der Oberste Gerichtshof möge den Revisionsrekurs für zulässig erachten, den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109505 [T34]; RS0109516).

Stichworte