Spruch:
Es wird die Befangenheit sämtlicher Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck festgestellt.
Zur (Verhandlung und) Entscheidung als Berufungsgericht im Verfahren 41 Cg 23/10s des Landesgerichts Innsbruck wird das Oberlandesgericht Linz als zuständig bestimmt (§ 30 JN).
Text
Begründung
Am 7. 6. 2009 ereignete sich in S***** ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Lenker eines Motorrads und der Erstbeklagte als Lenker eines bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten Pkw beteiligt waren. Der Kläger wurde dabei verletzt und sein Motorrad beschädigt.
Der Kläger brachte beim Landesgericht Innsbruck eine Klage ein, mit der er aus diesem Unfall (nach Ausdehnung) die Bezahlung von 21.664,61 EUR sA verlangt; ferner begehrt er die Feststellung der Haftung der Beklagten im Ausmaß von zwei Dritteln für alle zukünftigen Schäden aus dem Unfall.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 19.464,39 EUR sA sowie im Umfang des Feststellungsbegehrens statt und wies das Leistungsmehrbegehren ab.
Gegen dieses Urteil erhoben die Beklagten die Berufung.
Zur Entscheidung über das Rechtsmittel ist das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht zuständig.
Rechtliche Beurteilung
Am 20. 10. 2011 legte der Vizepräsident des Oberlandesgerichts Innsbruck den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 23 JN sowie zur allfälligen Delegation der Rechtssache an ein anderes Gericht gleicher Gattung gemäß § 30 JN vor.
Wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, bekleidet der Kläger eine leitende Funktion im Wirtschaftsreferat des Oberlandesgerichts Innsbruck. Sämtliche zu diesem Zeitpunkt am Oberlandesgericht Innsbruck ernannten Richterinnen und Richter erklärten sich mit der Begründung für befangen, sie hätten mit dem Kläger dienstliche Kontakte und/oder seien mit ihm freundschaftlich oder zumindest kollegial verbunden.
Ist ein Gericht aus einem der in § 19 JN vorgesehenen Gründe an der Ausübung der Gerichtsbarkeit gehindert, so hat dasselbe diese Behinderung dem im Instanzenzug übergeordneten Gerichte anzuzeigen. Dieses hat über die Befangenheit zu befinden und gegebenenfalls ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen (§ 30 JN).
Im vorliegenden Fall haben alle Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck Umstände angezeigt, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit einem Zweifel auszusetzen. Die bekanntgegebenen dienstlichen und/oder privaten persönlichen Beziehungen könnten den aus den äußeren Umständen abgeleiteten Anschein, dass bei der Entscheidung andere als rein sachliche Motive eine Rolle spielen begründen. Bei der Selbstanzeige einer Befangenheit durch den Richter ist unter Beachtung des Interesses am Ansehen der Justiz kein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen und grundsätzlich die Befangenheit zu bejahen (RIS-Justiz RS0045943 [T3]).
Da das Oberlandesgericht Innsbruck durch das Ausscheiden der befangenen Richter beschlussunfähig geworden ist, hat der Oberste Gerichtshof über die Befangenheit zu erkennen (§ 23 JN).
Im Hinblick auf die Befangenheit sämtlicher Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck ist es iSd § 30 Satz 1 JN an der Ausübung der Gerichtsbarkeit gehindert (RIS-Justiz RS0113796). Gemäß § 30 Satz 2 JN ist ein anderes Oberlandesgericht als Gericht gleicher Gattung (als Berufungsgericht) zur Entscheidung zu bestimmen. Die Delegierung an das benachbarte Oberlandesgericht Linz ist zweckmäßig.
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