European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2011:0030OB00138.11G.1012.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 744,43 EUR (darin 124,07 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Dem Kläger gelingt es ungeachtet des nicht bindenden (nachträglichen) Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Seine Revision erweist sich daher als nicht zulässig , was wie folgt kurz zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).
1. Der Kläger gibt das Revisionsinteresse mit 8.440 EUR an (erkennbar zusammengesetzt aus 8.000 EUR Schmerzengeld und 440 EUR restliche Preisminderung, welcher Teilbetrag allerdings bereits in der ersten Instanz unbekämpft und daher rechtskräftig abgewiesen wurde) und beantragt die Abänderung dahin, dem Klagebegehren vollinhaltlich stattzugeben. Die Revision enthält aber inhaltlich nur Ausführungen zum Schmerzengeld, sodass von einem offenbaren Irrtum bei der Berechnung des Revisionsinteresses und des Revisionsantrags auszugehen ist. Eine weitere Auseinandersetzung mit dem Preisminderungsbegehren erübrigt sich daher.
2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist also nur mehr das Zahlungsbegehren des Klägers über 8.000 EUR Schmerzengeld, das er wie folgt begründete: Die beklagte Reiseveranstalterin habe aufgrund des mit dem Kläger abgeschlossenen Reisevertrags eine Reise in einem modernen Bus geschuldet, jedoch dem Kläger nur einen Sitz mit sehr engem Abstand zum Vordersitz zur Verfügung gestellt und trotz mehrfacher Aufforderungen keine Abhilfe geschaffen. Als Folge der durch die enge Sitzreihe erzwungenen Sitzfehlhaltung habe er am vierten Reisetag eine Schädigung des linken Beinnervs erlitten.
Das Berufungsgericht änderte den Zuspruch des Erstgerichts in eine Abweisung des Schmerzengeldanspruchs ab. Eine Erkennbarkeit des drohenden Schadens sei ua deshalb als nahezu ausgeschlossen zu beurteilen, da es sich bei der eingetretenen Gesundheitsschädigung um eine in dieser Form äußerst selten auftretende Drucklaesion gehandelt habe. Dem hält der Kläger primär entgegen, es wäre zu prüfen gewesen, ob ein Schaden im Wesentlichen der Art und des Umfangs, wie er tatsächlich eingetreten sei, vorhersehbar gewesen sei (was der Lebenserfahrung entspreche); nicht jedoch, ob die Beklagte die ganz konkrete, seltene Erkrankung vorhersehen habe müssen.
Schon das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es für die Beurteilung der für die Fahrlässigkeitsschuld erforderlichen Voraussehbarkeit des Schadens auf die im konkreten Fall gegebenen Umstände ankommt (4 Ob 216/99i; RIS‑Justiz RS0112489). Die Abhängigkeit von den jeweils maßgebenden Faktoren des Einzelfalls schließt regelmäßig das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage aus (vgl RIS‑Justiz RS0044262 [T32]), sofern nicht dem Berufungsgericht eine ‑ hier nicht vorliegende ‑ krasse Fehlbeurteilung unterlaufen ist.
Der Kläger übersieht nämlich die ‑ auf seiner mehrfachen Aussage beruhende und unbekämpft gebliebene ‑ Feststellung, wonach auch für ihn als Arzt vor Auftreten der Schmerzen der Eintritt eines gesundheitlichen Schadens durch die beengte Sitzposition nicht absehbar war. Es war also sogar für den für die Beurteilung dieser medizinischen Frage mit besonderen Kenntnissen ausgestatteten Kläger der Eintritt einer Gesundheitsschädigung als Folge der durch die enge Sitzreihe bedingten Sitzhaltung nicht vorhersehbar. Damit erübrigt sich aber die vom Kläger vermisste Feststellung, ob der maßgerechte Mensch in der Situation des konkreten Täters (hier Reiseveranstalter) eine Verletzung des Klägers voraussehen konnte, weil dies unter diesen Umständen verneint werden kann. Im Ergebnis des Berufungsurteils, die Beklagte (ihre Erfüllungsgehilfin) habe mit der Möglichkeit des Eintritts einer solchen Verletzung beim Kläger nicht rechnen müssen, weshalb sie keine Fahrlässigkeit treffe, liegt keine unvertretbare Fehlbeurteilung.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 und 41 ZPO.
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