Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde, teils aus deren Anlass, wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen II/1, 2, 3 sowie - soweit sich dieser auf die Unterdrückung von sechs „VKB-Sparbüchern“ bezieht, auch - 4 und III, demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dusan K***** des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 dritter und vierter Fall, 15 StGB (I) sowie mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II) und (richtig:) zweier Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (III) schuldig erkannt.
Danach hat er - zusammengefasst - in T***** und anderen Orten Österreichs
(I) am 18. und 19. August 1998 in zwei (I/11 und 12) sowie von 22. Juni bis 14. September 2010 in zehn Fällen (I/1 bis 10) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen an Gegenständen, deren Wert 3.000 Euro übersteigt, eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, im Referat der entscheidenden Tatsachen des angefochtenen Urteils namentlich genannten Personen Münzen, Bargeld, Schmuck, Uhren, Videokameras, Fotozubehör, Handys, andere Elektrogeräte und weitere detailliert aufgelistete Wertgegenstände in überwiegend jeweils 3.000 Euro übersteigendem Wert (I/1, 2, 3, 4, 5, 7, 8, 10, 12) von insgesamt über 100.000 Euro großteils durch Einbruch in Gebäude (I/1 bis 8, und 10 bis 11) sowie durch Aufbrechen von Behältnissen (I/1) weggenommen (I/1 bis 8 und 10 bis 12) und „Wertgegenstände“ wegzunehmen versucht (I/6);
(II) von 7. bis 27. Juli 2010 im Zuge dieser Einbruchsdiebstähle Urkunden einzeln genannter Geschädigter, über die er nicht verfügen durfte, durch deren Ansichnahme mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar drei vinkulierte Sparbücher, einen Reisepass sowie einen Impfpass (1), eine e-Card (2), zwei Sparbücher mit Losungswort (3) sowie einen Typenschein und sechs „VKB-Sparbücher“ (4);
(III) am 16. Juli 2010 im Zuge eines der zu Punkt I genannten Einbruchsdiebstähle (I/3) unbare Zahlungsmittel, über die er nicht verfügen durfte, nämlich zwei Bankomatkarten lautend auf Maximilian F*****, durch deren Ansichnahme mit dem Vorsatz unterdrückt, deren Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus den Gründen der Z 5, 5a, 9 lit a und lit b, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt nur teilweise Berechtigung zu.
Die leugnende Verantwortung des Angeklagten zu der dem Schuldspruch I/9 zugrunde liegenden Tat wurde dem Standpunkt der Mängelrüge (Z 5 fünfter Fall) zuwider in den Entscheidungsgründen korrekt wiedergegeben (ON 73 S 5; US 10). Mit der der Sache nach erhobenen Kritik an daraus gezogenen tatrichterlichen Schlüssen wird Aktenwidrigkeit nicht aufgezeigt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 468; RIS-Justiz RS0099431).
Mit dem Hinweis auf das - in der angefochtenen Entscheidung erörterte (US 9 f) - Ergebnis der Auswertung einer am Tatort des im Zeitraum von 22. bis 24. Juni 2010 begangenen Einbruchsdiebstahls (Schuldspruch I/8) sichergestellten Schuhabdruckspur, die dem Angeklagten mangels Individualisierungsmerkmalen nicht eindeutig zugeordnet werden konnte, und auf die - von den Tatrichtern als unglaubwürdig und widerlegt angesehene (US 9 f) - auch insoweit leugnende Einlassung des Beschwerdeführers erweckt die Tatsachenrüge (Z 5a) keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen.
Soweit mit der Behauptung „unstatthaft“ unterbliebener Zuordnung der im Referat der entscheidenden Tatsachen im Erkenntnis angeführten Taten (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) zu den einzelnen Qualifikationen der §§ 127 ff StGB im Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) ein Subsumtionsfehler geltend gemacht werden soll (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10), nimmt die Beschwerde nicht Maß an der Bestimmung des § 29 StGB und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass der Begriff der „strafbaren Handlung“ in § 260 Abs 1 Z 2 StPO - vom Erstgericht richtig erkannt - bei wert- oder schadensqualifizierten Delikten, anders als dort, wo der Strafrahmen (nur) nach § 28 StGB zu bilden ist, zufolge der speziellen Bestimmung des § 29 StGB eine nach Maßgabe des Zusammenrechnungsgrundsatzes entstandene Subsumtionseinheit sui generis meint, die aus der höchsten Wert- oder Schadensqualifikation und weiteren, in echter Konkurrenz dazu stehenden Begehungsformen und unselbständigen Abwandlungen des Grunddelikts besteht. Einem Täter, der - wie hier - mehrere Vermögensdelikte derselben Art begangen hat, von denen ein Teil vollendet, der andere bloß versucht wurde, ist also auch im Fall verschiedener Begehungsformen und ungeachtet dessen, dass strafsatzqualifizierende Umstände nur bei einzelnen Taten oder auch nur bei einer im Versuchsstadium gebliebenen Tat erfüllt sind, eine einzige „strafbare Handlung“ anzulasten, wobei die Zusammenrechnungsregel des § 29 StGB nicht die Schuldsprüche betrifft, sondern nur den Strafrahmen und die urteilsmäßige Bezeichnung der „strafbaren Handlung“ bestimmt, ohne die rechtliche Selbständigkeit der einzelnen Taten zu ändern (RIS-Justiz RS0112520 und RS0114927; Ratz in WK² § 29 Rz 5 und 7).
Dass es bei misslungenem Versuch eines Einbruchsdiebstahls (I/6) detaillierter Feststellung der intendierten Diebsbeute bedurft hätte und die Konstatierung eines auf die Wegnahme von „Wertgegenständen“ gerichteten Vorsatzes für die Subsumtion unter §§ 15, 127 StGB nicht genügt (Z 9 lit a), wird ohne methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz ebenfalls bloß behauptet (vgl im Übrigen US 6).
Mit dem Einwand von Verjährung in Betreff der Schuldsprüche I/11 und 12 übergeht die Rechtsrüge (Z 9 lit b) zunächst prozessordnungswidrig die Urteilsannahmen, wonach das diesbezügliche Verfahren nach Ausforschung des Angeklagten als Täter hinsichtlich der dem Schuldspruch I/11 zugrunde liegenden Tat zufolge dessen zwischenzeitiger Abschiebung bis zu seiner Festnahme am 16. September 2010 abgebrochen blieb (US 5), und orientiert sich mit der allgemeinen These, dem „Abbruch eines Strafverfahrens zur Aufenthaltsermittlung“, mit anderen Worten der Gerichtsanhängigkeit, komme (ebenso wie „etwaigen ausländischen Verurteilungen“) keine die Verjährung hemmende Wirkung zu, gleichfalls nicht am Gesetz oder an höchstgerichtlicher Judikatur (§ 323 Abs 4 StGB; vgl dazu auch Fuchs [nunmehr Marek] in WK² § 58 Rz 14 ff).
Die gegen die Annahme der Qualifikation des § 130 dritter und vierter Fall StGB gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) leitet die Behauptung substanzlosen Gebrauchs der verba legalia, insbesonders zur zeitlichen Komponente des § 70 StGB, aus einem Halbsatz der Entscheidungsgründe ab, ohne dabei an der Gesamtheit der erstrichterlichen Konstatierungen Maß zu nehmen (vgl nämlich US 6, 10 f) und verfehlt solcherart erneut den (auf der Sachverhaltsebene) gerade darin gelegenen Bezugspunkt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584).
Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei festgehalten, dass die (von der Beschwerde übergangenen) Erwägungen, wonach der einkommenslose Angeklagte - unter Berücksichtigung seiner davor und danach im In- und Ausland erlittenen einschlägigen Vorverurteilungen bereits bei Taten aus dem Jahr 1998 - in der Intention handelte, sich durch fortgesetzte Begehung schwerer Einbruchsdiebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 10), im Zusammenhalt mit jenen über den langen - im Jahr 2010 rund dreimonatigen - Tatzeitraum (US 6, 11) den Willen der Tatrichter, auch die gebotenen Feststellungen zur zeitlichen Komponente der Gewerbsmäßigkeit (Jerabek in WK² § 70 Rz 7; RIS-Justiz RS0107402) zu treffen, hinreichend zum Ausdruck bringen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19).
Unverständlich ist schließlich die - die Bestimmung des § 29 StGB grundlegend missverstehende - Behauptung eines Verstoßes gegen das Doppelverwertungsverbot (Z 11 zweiter Fall) zufolge Anwendung des § 29 StGB (und dadurch vorliegender Qualifikation des § 128 Abs 2 StGB) trotz gleichzeitiger „Anlastung des Delikts schweren gewerbsmäßigen Diebstahls (§ 130 dritter Fall StGB)“, wobei hiezu auf obige Ausführungen zur Subsumtionsrüge verwiesen werden kann.
Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).
Zutreffend zeigt demgegenüber die Mängelrüge in Betreff der Schuldsprüche II/1, 2 und 3 sowie III offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der diesbezüglichen Feststellungen auf. Der pauschale Hinweis auf „die Erhebungen der PI T***** sowie das in der Hauptverhandlung durchgeführte Beweisverfahren“ (in dem die Geschädigten zudem insoweit nicht vernommen wurden) eingangs der beweiswürdigenden Erwägungen (US 8) reicht hiefür ebensowenig aus wie die Bezugnahme auf das objektive Täterverhalten (US 10) und die (teilweise) geständige Verantwortung des Beschwerdeführers zu den Einbruchsdiebstählen (US 8), weil dieser in der Hauptverhandlung ausdrücklich angab, nicht zu wissen, ob die Urkunden der Geschädigten Johann E***** und Maximilian F***** (II/1 und 2) sich in den erbeuteten Geldbörsen befanden und „auch keine Bankomatkarte (III) entdeckt“ zu haben (ON 70 S 3 und 4) und zu der dem Schuldspruch II/3 zugrunde liegenden Tat gar nicht befragt wurde (ON 70 und ON 73).
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof zudem von Amts wegen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) vom Vorliegen einer dem Angeklagten zum Nachteil gereichenden Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) in Ansehung der dem Schuldspruch II/4 zugrunde liegenden Unterdrückung von sechs „VKB-Sparbüchern“.
Die bloße Bezeichnung „Sparbücher“ reicht für die rechtsrichtige Subsumtion nicht aus, weil - mit Bereicherungsvorsatz begangene - Wegnahme von als selbständige Wertträger zu beurteilenden Urkunden § 127 StGB zu unterstellen, die Unterdrückung anderer Urkunden (beispielsweise legitimierter Sparbücher) demgegenüber nach § 229 StGB zu bestrafen ist (RIS-Justiz RS0093543; Kienapfel/Schmoller, Studienbuch BT II § 127 RN 35 ff).
Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen und die aufgezeigten Begründungsmängel erfordern die Aufhebung des Urteils im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang bereits in nichtöffentlicher Sitzung und insoweit die Verweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht (§§ 285e, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Kassation des Strafausspruchs zu verweisen.
Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12), gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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