OGH 7Ob151/11y

OGH7Ob151/11y28.9.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** J*****, vertreten durch Dr. Rudolf Wöran, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei J***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Hans Peter Bauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 7.176 EUR (sA), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 26. Mai 2011, GZ 53 R 105/11i-28, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Oberndorf vom 27. Dezember 2010, GZ 2 C 1465/09d-24, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 559,15 EUR (darin enthalten 93,19 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger hat der Beklagten den für die Lieferung und die Montage von 12 weißen Innentüren samt Zargen vereinbarten Preis bezahlt. Alle Türen weisen mehrere unbehebbare Mängel auf, die den ordnungsgemäßen Gebrauch zwar nicht hindern, aber grobe Schönheitsfehler darstellen. Mehrere Türen haben auch jetzt noch eine Reihe von behebbaren Mängeln, die zu beheben sich die Beklagte weigerte.

Das Erstgericht erachtete das Wandlungsbegehren des Klägers als berechtigt und erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger den Kaufpreis abzüglich einer Gegenforderung Zug um Zug gegen Rückgabe der Türen zurückzuzahlen.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage, ob bei Vorliegen von (bloß) optischen Mängeln Wandlung begehrt werden könne, bislang keine höchstgerichtliche Rechtsprechung ergangen sei.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem, den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts ist die von der Beklagten gegen das Urteil der zweiten Instanz erhobene Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Die Ausübung des die Vertragsaufhebung bewirkenden Gestaltungsrechts der Wandlung ist nach § 932 Abs 4 ABGB bei nur geringfügigen Mängeln ausgeschlossen. Bei der Prüfung, ob ein geringfügiger Mangel im Sinn dieser Gesetzesstelle vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung eine auf den konkreten Vertrag und die Umstände des Einzelfalls bezogene objektive Abwägung der Interessen der Vertragsparteien vorzunehmen (RIS-Justiz RS0119978); insbesondere ist dabei die „Schwere“ des Mangels zu berücksichtigen (8 Ob 93/05f; 3 Ob 202/10t, RIS-Justiz RS0119978 [T1 und T5]). Da diese Ermessensentscheidung demnach jeweils von den spezifischen Umständen des Einzelfalls abhängt, lässt sich die vom Berufungsgericht für erheblich erachtete Frage nicht generalisierend beantworten. Zufolge der Einzelfallbezogenheit ist die Revision vielmehr nur dann zulässig, wenn dem Berufungsgericht eine erhebliche Fehlbeurteilung unterlaufen ist, die aus Gründen der Rechtssicherheit ein Einschreiten des Obersten Gerichtshofs erfordert. Das trifft im vorliegenden Fall nicht zu:

Es steht fest, dass sämtliche Türen folgende unbehebbare (oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand behebbare) Mängel aufweisen: Die Folienkanten der Türstöcke wurden vom Hersteller mit leichten Wellen aufgeleimt. Zusätzlich ist der weiße Farbton dieser Kanten heller als die Lackierung der Türstöcke und Türblätter. Die aufgeleimten Profilleisten wurden nicht exakt geschliffen, weisen Fräswellen auf und auch leichte Holzeinrisse. Dadurch ist die Lackierung dieser Leisten leicht rau. Die Gehrungen der Falz- und Zierverkleidungen sowie der Profilleisten sind nicht flächenbündig bzw haben die Profilleisten offene Gehrungsstöße. Schließlich sind offene Fugen bei den im Türstock eingenuteten Falz- und Zierverkleidungen vorhanden. Hier wurde keine passgenaue Nut gefräst. Die dadurch offenen Fugen treten bei der weißen Lackierung als schwarze Fugen stark sichtbar in Erscheinung. Diese Fugen wurden vom Erfüllungsgehilfen der Beklagten lediglich mittels weißem Silikon verschmiert. Diese Silikonstellen sind schmutzanfällig und lösen sich teilweise schuppenartig von der Lackfläche, weshalb das Silikon mit einem Lösungsmittel zu entfernen sein wird, wonach allerdings die Fugen wieder sichtbar werden. Auch wenn es sich bei den Türen um keine qualitativ hochwertigen, sondern um billigere Produkte handelt, ist es dem Kläger im Hinblick auf diese zahlreichen, ins Auge fallenden optischen Mängel nicht zumutbar, derart mit Schönheitsfehlern behaftete Türen die nächsten Jahrzehnte lang (die Lebensdauer der Türen beträgt etwa 30 Jahre) in Gebrauch zu haben und dafür lediglich eine vom beigezogenen Sachverständigen mit 25 % (etwa 1.700 EUR) veranschlagte Preisminderung zu akzeptieren. Den Einwand, sie selbst habe für die Türen keine andere Verwendung, hat die Beklagte in erster Instanz nicht erhoben, weshalb aufgrund des Neuerungsverbots (§ 504 Abs 2 ZPO) darauf nicht weiter einzugehen ist. Ausgehend von den dargelegten, in der oberstgerichtlichen Judikatur vertretenen Grundsätzen ist die Ansicht der Vorinstanzen, die bei allen Türen vorhandenen groben Schönheitsfehler seien nicht bloß geringfügige Mängel und berechtigten daher zur Wandlung, jedenfalls vertretbar.

Im Übrigen wird von der Revisionswerberin übersehen, dass einige Türen trotz der von ihr und ihrem Gehilfen unternommenen Verbesserungsversuche auch jetzt noch mehrere behebbare Mängel aufweisen. Dass sich die Beklagte weigerte, diese Mängel zu beheben, rechtfertigt ebenfalls das vom Kläger erhobene Wandlungsbegehren (§ 932 Abs 4 zweiter Satz ABGB).

Die mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO unzulässige Revision ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels seiner Prozessgegnerin hingewiesen, die ihm daher die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen hat.

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