OGH 2Ob107/11s

OGH2Ob107/11s16.9.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch den Hofrat Dr. Veith, die Hofrätin Dr. E. Sol und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Philip-A***** P*****, geboren am *****, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Minderjährigen vertreten durch Dr. Friedrich Trappel, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. März 2011, GZ 45 R 712/10d-122, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 3. November 2009, GZ 7 Pu 166/09b-61, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs des Minderjährigen wird zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ab:

Zur Frage, wann über dem Durchschnittsbedarf („Regelbedarf“) hinausgehender Mehrbedarf (Sonderbedarf) des Unterhaltsberechtigten vom Unterhaltsverpflichteten zu decken ist, besteht umfangreiche Judikatur in dem bereits vom Rekursgericht aufgezeigten Sinn (vgl 7 Ob 97/08b; 6 Ob 195/04a; 9 Ob 40/02a; 8 Ob 53/09s; 4 Ob 108/98f; RIS-Justiz RS0107724; RS0109908). Nach dieser ist eine generelle Aufzählung all dessen, was als Sonderbedarf anzuerkennen ist, nicht möglich und sind jeweils die Umstände des Einzelfalls maßgeblich, wobei die Abgeltung von Sonderbedarf grundsätzlich Ausnahmecharakter hat und der Unterhaltsberechtigte wegen dieses Ausnahmecharakters für die seine Ersatzpflicht begründenden Umstände behauptungs- und beweispflichtig ist (vgl insbesondere 6 Ob 195/04a).

Als Kriterien für die Deckungspflicht werden von der Judikatur insbesondere Individualität, Außergewöhnlichkeit und Dringlichkeit herangezogen. Die Anerkennung von Kosten einer Privatschule als Sonderbedarf kommt nur dann in Frage, wenn eine gleichwertige Alternative in einer öffentlichen, unentgeltlichen Schule nicht zur Verfügung steht, was etwa nach einem langjährigen Auslandsaufenthalt für den Besuch einer fremdsprachigen Schule oder bei Zustimmung des Vaters zum Besuch einer Privatschule anerkannt wurde (9 Ob 40/02a mwN).

Ob die Voraussetzungen im jeweiligen Einzelfall vorliegen, stellt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG dar. Die hier von den Vorinstanzen getroffene Entscheidung ist unter Heranziehung der allgemeinen Grundsätze der Rechtsprechung im Einzelfall vertretbar. Dass der Vater, wie sich aus den Entscheidungen der Vorinstanzen ergibt, dem Besuch der Privatschule während der Volksschulzeit zustimmte und die diesbezüglichen Kosten letztlich bezahlte, vermag entgegen der Ansicht des Revisionsrekurses für sich allein nicht zu begründen, dem Vater auch die weiteren Kosten der Privatschule über die Volksschule hinaus - nunmehr gegen seinen Willen - aufzuerlegen.

Stichworte