Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin macht in ihrer außerordentlichen Revision ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld geltend.
Diesen Ausführungen hat jedoch bereits das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs in seinem Erkenntnis vom 26. 2. 2009, G 128/08 ua, VfSlg 18705, entgegengehalten, dass das Kinderbetreuungsgeld - anders als das frühere Karenzgeld - unabhängig von einer vorhergehenden (unselbständigen) Erwerbstätigkeit gewährt wird, weshalb es einem größeren Personenkreis - so beispielsweise auch nicht im Berufsleben stehenden Personen (insbesondere Hausfrauen, Studentinnen und Schülerinnen), selbständig Erwerbstätigen, geringfügig Beschäftigten - zusteht. Zielsetzung ist die finanzielle Unterstützung der Eltern während der Betreuung ihres Kindes in den ersten drei Lebensjahren im Sinne einer Abgeltung der Betreuungsleistung oder einer Ermöglichung der Inanspruchnahme außerhäuslicher Betreuung. Während der Bezug von Karenzgeld aufgrund der Regelungen des Karenzgeldgesetzes über einen möglichen „Zuverdienst“ eine Erwerbstätigkeit praktisch ausgeschlossen hat, steht der Bezug von Kinderbetreuungsgeld einer (eingeschränkten) Berufstätigkeit nicht im Wege. Das Kinderbetreuungsgeld wird nämlich (nach der Stammfassung des KBGG) auch dann gewährt, wenn der Grenzbetrag („Zuverdienstgrenze“) von 14.600 EUR pro Jahr nicht überschritten wird. Den Gesetzesmaterialien zufolge soll damit eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreicht werden: Es soll einerseits (in beschränktem Umfang) die Möglichkeit bestehen, den Kontakt zum bisherigen Arbeitgeber aufrecht zu erhalten oder die beruflichen Fähigkeiten weiterhin zu verwerten; andererseits soll diese Tätigkeit nicht so intensiviert werden, dass darunter die Kinderbetreuung leidet. Die „Zuverdienstgrenze“ ist somit offenbar nicht so zu verstehen, dass der Anspruch auf das Kinderbetreuungsgeld an die Voraussetzung der sozialen Bedürftigkeit geknüpft ist; es geht vielmehr darum, das Kinderbetreuungsgeld nur jenen Eltern(-teilen) zu gewähren, die bereit sind, die Berufstätigkeit im Hinblick auf die Kinderbetreuung einzuschränken. Der Gesetzgeber nimmt dabei anscheinend in Kauf, dass eine „Zuverdienstgrenze“ über die Einschränkung der Berufstätigkeit bzw - anders betrachtet - die Bereitschaft (und Möglichkeit) zur Kinderbetreuung nur bedingt Auskunft gibt.
Weiters hat der Verfassungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis vom 26. 2. 2009, G 128/08 ua, ausgeführt, dass es dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich unbenommen ist, die Gewährung familienfördernder Leistungen, sofern diese nicht zugleich der Abgeltung einkommensteuerrechtlicher Belastungen dienen sollen (was hier nicht der Fall ist), von der Einkommenssituation der Eltern abhängig zu machen. Das gilt auch dann, wenn die Bedachtnahme auf die Einkommenssituation - wie hier - nicht die soziale Bedürftigkeit, sondern den Umfang der Betreuungsleistung zum Ausdruck bringen soll. Beim Kinderbetreuungsgeld, das als Sozialleistung ohne Versicherungscharakter konzipiert ist, soll jedoch gerade eine Beschäftigung jenseits der „Zuverdienstgrenze“ ausgeschlossen werden, um - in typisierender Betrachtung - die Betreuung des Kindes zu gewährleisten. Wenn der Gesetzgeber in einem solchen Fall das Überschreiten der „Zuverdienstgrenze“ mit der Sanktion der Rückforderung verbindet, handelt er nicht verfassungswidrig.
Ganz allgemein hielt der Verfassungsgerichtshof in seinem zitierten Erkenntnis vom 26. 2. 2009, G 128/08 ua, fest, dass er nicht zu beurteilen hat, ob es alternative Lösungen gibt, die für die Beteiligten leichter durchschaubar und einfacher handhabbar sind, oder auch solche, die den vom Gesetzgeber angestrebten Zielen eher gerecht werden als die in der Stammfassung des KBGG getroffenen Regelungen. Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber bereits in der Stammfassung des Gesetzes eine Regelung getroffen hat, die einerseits den Zwecken und Besonderheiten des Kinderbetreuungsgeld-Bezugs und andererseits Gesichtspunkten der administrativen Handhabbarkeit und Verwaltungsökonomie Rechnung trägt, somit geeignet ist, die - verfassungsrechtlich unbedenklichen - Ziele des Gesetzgebers zu verwirklichen. Auch wenn es zweckmäßigere und leichter handhabbarere Alternativen geben sollte, macht dies allein die hier zu beurteilende Regelung noch nicht verfassungswidrig.
Die von der Revisionswerberin gegen die Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken wegen Gleichheitswidrigkeit und Eingriff in die Erwerbsfreiheit vermögen nicht zu überzeugen. Es hat bereits das Berufungsgericht auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs verwiesen, wonach es dem Gleichheitssatz nicht widerspricht, wenn der Gesetzgeber bei einer Regelung von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht und auch eine pauschalierende Regelung trifft, insbesondere wenn dies der Verwaltungsökonomie dient (vgl VfSlg 16048, 15819, 10089 ua). Dass dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig (VfSlg 15269, 15819 ua).
Soweit die Revisionswerberin geltend macht, der Gesetzgeber habe bei der Festlegung der Zuverdienstgrenze den Bereich der selbständigen Erwerbstätigkeit offenbar nicht beachtet, ist sie auf die ausdrückliche Regelung des § 8 Abs 1 Z 2 KBGG über die Berechnung der Zuverdienstgrenze bei Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu verweisen.
Die Forderung der Revisionswerberin, der Gesetzgeber hätte auch Bestimmungen zur Prüfung des Umstands, ob und inwiefern Eltern für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes ihre Berufstätigkeit tatsächlich einschränken und ihre Betriebe stilllegen, vorsehen müssen, ist zu entgegnen, dass das Verfahren hinsichtlich der Zuerkennung von Kinderbetreuungsgeld ein Massenverfahren darstellt, in dem schon aus verwaltungsökonomischen Gründen die von der Revisionswerberin vermissten aufwendigen Ermittlungen im Einzelfall nicht möglich sind. Es liegt daher durchaus im Rahmen der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers und verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, eine Regelung zu treffen, die im Rahmen einer typisierenden Betrachtung - nicht zuletzt aus verwaltungsökonomischen Erwägungen - für die Beurteilung des Umfangs der Betreuungsleistung abstrakt auf eine bestimmte Einkommenshöhe der Eltern abstellt, bei deren Überschreitung angenommen wird, dass eine der Kinderbetreuung zu Gute kommende Einschränkung der Berufstätigkeit nicht vorgenommen wurde. Eine unsachlich benachteiligende Behandlung selbständig erwerbstätiger Eltern gegenüber unselbständig erwerbstätigen Eltern ist in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht erkennbar.
Auch ein unzulässiger Eingriff in die Erwerbsfreiheit nach Art 6 StGG liegt nicht vor. Ein solcher Eingriff würde nach der Judikatur nur dann vorliegen, wenn jemandem der Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung untersagt wird. Keinen Schutz gewährt Art 6 StGG gegen Maßnahmen, die die Erwerbstätigkeit nicht unmittelbar betreffen, diese also lediglich als „faktische Nebenwirkung“ verhindern (vgl Öhlinger, Verfassungsrecht8 758 mwN). Für die Zeit des Bezugs des Kinderbetreuungsgeldes ist keine Berufszugangs- oder Berufsausübungsbeschränkung sondern nur eine Zuverdienstgrenze normiert.
Die Revisionsausführungen der Klägerin bieten daher für den erkennenden Senat im Hinblick auf die bereits vom Verfassungsgerichtshof im Gesetzesprüfungsverfahren G 128/08 ua getätigten Ausführungen keinen Anlass für die neuerliche Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof.
Die außerordentliche Revision der Klägerin war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
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