Spruch:
Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Das Fehlen der Prozessvoraussetzung der gesetzlichen Vertretung ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen (§ 6 Abs 1 ZPO; Schubert in Fasching/Konecny² § 6 ZPO Rz 1 mwN; Fucik in Rechberger³ § 6 ZPO Rz 1; RIS-Justiz RS0118612).
2. Gesetzlich nicht gehörig vertreten ist auch eine Gemeinde, wenn nach den für sie geltenden Organisationsvorschriften für die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens ein Gemeinderatsbeschluss vorgesehen ist, dieser aber nicht vorliegt (6 Ob 59/06d).
3. Nach der klaren Regelung in § 6 Abs 2 ZPO hat das Gericht - auch noch im Rechtsmittelverfahren - den Versuch einer Sanierung des Vertretungsmangels zu unternehmen. Der zunächst bestehende Mangel der gesetzlichen Vertretung der klagenden Stadtgemeinde, der darin bestand, dass entgegen den Organisationsvorschriften der hier anzuwendenden Oö Gemeindeordnung 1990 (Oö GemO 1990 LGBl 1990/91) vor Einbringung der Klage kein die Klageführung genehmigender Gemeinderatsbeschluss erging, wurde durch die nachträgliche Beschlussfassung des Gemeinderats beseitigt. Die Klägerin wies über Auftrag des Rekursgerichts nach, dass gegen den Gemeinderatsbeschluss keine Einwendungen erhoben wurden und die den Gemeinderatsbeschluss beurkundende Verhandlungsschrift mit einem Genehmigungsvermerk versehen wurde. Ferner stellte das Rekursgericht fest, dass der Behandlung des entsprechenden Tagesordnungspunktes in der Gemeinderatssitzung vom 1. Juli 2010 ein Dringlichkeitsantrag des Bürgermeisters (§ 46 Abs 3 Oö GemO 1990 idF LGBl 2007/137) voranging.
4. Die beklagten Parteien erheben den Vorwurf, das Rekursgericht habe seine „Fürsorgepflicht“ gegenüber der Klägerin dadurch übertrieben, dass es - nach Durchführung eines fruchtlosen Verbesserungsverfahrens bereits durch das Erstgericht - neuerliche Verbesserungsaufträge erteilt und den Nachweis, dass dem Gemeinderatsbeschluss vom 1. Juli 2010 ein Dringlichkeitsantrag zur Behandlung dieses Tagesordnungspunktes in der Gemeinderatssitzung vorangegangen war, akzeptiert habe, obwohl der Nachweis außerhalb der vom Rekursgericht gesetzten Verbesserungsfrist erbracht worden sei.
Damit zeigen jedoch die beklagten Parteien keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO auf:
4.1 Bereits zum Zeitpunkt der erstgerichtlichen Beschlussfassung hatte die Klägerin den Nachweis erbracht, dass die Einbringung der Klage mit Gemeinderatsbeschluss vom 1. Juli 2010 genehmigt wurde. Es fehlte lediglich der Nachweis, dass gegen den Gemeinderatsbeschluss keine Einwendungen erhoben wurden.
4.2 Das Erstgericht hatte der Klägerin diesbezüglich einen unpräzisen Verbesserungsauftrag dahin erteilt, dass die Klägerin die „Rechtskraft“ des Gemeinderatsbeschlusses nachzuweisen habe.
Bereits das Rekursgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass es im vorliegenden Fall nicht um die Wirksamkeit hoheitlichen Handelns der klagenden Stadtgemeinde geht, sondern um die Wirksamkeit rechtsgeschäftlicher Erklärungen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, nämlich die Erteilung der Genehmigung zur Klageführung. Bereits aus diesem Grund ist die Vorgangsweise des Rekursgerichts, das - erstmals - den Auftrag an die Klägerin dahin präzisierte, dass es der Klägerin die Vorlage eines Auszugs des Sitzungsprotokolls vom 1. Juli 2010 samt Genehmigungsvermerk auftrug, nicht zu beanstanden.
4.3 Darüber hinaus entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass die Frist zur Behebung des mit Nichtigkeit bedrohten Mangels eine richterliche, jederzeit erstreckbare Frist ist, die vom Gericht von Amts wegen zu erteilen ist. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist tritt die Nichtigkeit des Verfahrens bzw der sonst in Betracht kommenden Prozesshandlung nicht von selbst, sondern erst durch den Ausspruch des Gerichts ein. Wird vor diesem Ausspruch der Mangel saniert, dann ist die Nichtigkeit behoben (RIS-Justiz RS0035488). Zum maßgeblichen Zeitpunkt der rekursgerichtlichen Beschlussfassung war der Mangel der gesetzlichen Vertretung der Klägerin jedenfalls bereits behoben.
4.4 Es bedarf daher auch keines Eingehens darauf, ob sich die beklagten Parteien überhaupt auf einen Verstoß gegen § 46 Abs 3 Oö GemO berufen könnten.
5. Unzutreffend ist schließlich der Vorwurf, der nun vorliegende Gemeinderatsbeschluss beinhalte nur eine Genehmigung der Klageführung, nicht jedoch eine Genehmigung der bisherigen Prozessführung. Aus der vom Rekursgericht umfangreich dargestellten Verfahrenschronologie ergibt sich ohne Zweifel, dass dem Gemeinderat bei seiner Beschlussfassung am 1. Juli 2010 - die ja unmittelbar Folge des bereits vom Erstgericht erteilten Verbesserungsauftrags war - die Problematik bekannt war, dass die bereits eingebrachte Klage und damit zwangsläufig auch das seit Einbringung der Klage durchgeführte Verfahren nachträglich zu genehmigen war. Der Gemeinderatsbeschluss kann daher nur dahin aufgefasst werden, dass die bisherige Prozessführung genehmigt wurde.
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