Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, den Antragstellerinnen 1. Dr. Claudia L*****, und 2. Mag. Berenika B*****, beide vertreten durch Gabler Gibel & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, je zur Hälfte die mit 2.346,68 EUR (darin 391,11 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die spätere Erblasserin setzte in ihrem Testament vom 14. 4. 2004 die beiden Antragstellerinnen je zur Hälfte zu Erben ein. Ihr gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich nach einer Sprunggelenksfraktur Ende 2007 erheblich. Sie befand sich rund einen Monat (bis 16. 1. 2008) in einem Spital und in der Folge bis zum 28. 3. 2008 in einem Geriatriezentrum. Während der stationären Rehabilitation verschlechterte sich der Allgemeinzustand der Erblasserin. Sie entwickelte eine sehr schwere Form der Depression (psychotische Depression) mit ausgeprägter depressiver Verstimmung (gedrückte Stimmung, reduzierter Antrieb) sowie eine schwere Parkinson-Symptomatik mit ausgeprägtem Rigor und wurde trotz intensiver physio- und ergotherapeutischer Maßnahmen praktisch gehunfähig. Die Funktion des Herzens, der Kreislauf und die inneren Organe blieben unverändert stabil, aufgrund der ausgeprägten Somatisierungsstörung nahm die Erblasserin ihre Gefühlsregungen nicht als Gefühl sondern als bedrohliche Organfunktionsstörung wahr. Das psychosoziale Verhalten der Erblasserin war auffällig, sie war in ihrer Kommunikation stark eingeschränkt. Sie litt unter Ängstlichkeit, Müdigkeit und Kontaktarmut. Aufgrund ihres Selbstpflegedefizits beim Essen und Trinken, Waschen, Sauberhalten und Ausscheiden sowie infolge ihrer Immobilität hatte die Erblasserin ein erhöhtes Risiko für Verletzungen und Krankheiten. Zudem litt sie an einer - medikamentös gut eingestellten - Bluthochdruckerkrankung, einer - ebenfalls medikamentös gut eingestellten - Zuckerkrankheit, einer koronaren Herzerkrankung mit stabiler Angina-pectoris-Symptomatik und erhaltener Pumpfunktion des Herzens, einer chronischen Durchblutungsstörung der Beine, einem chronischen Gallenblasenleiden und an Hautdefekten.
Da der Aufenthalt im Geriatriezentrum für die Erblasserin belastend war, wurde sie am 28. 3. 2008 probeweise nach Hause entlassen. Bei einer ärztlichen Untersuchung am 3. 4. 2008 wurde festgestellt, dass sie ihre Beine nicht mehr bewegen konnte und auch die Arme in ihrer Bewegung hochgradig eingeschränkt waren. Auf ärztlichen Rat willigte sie in eine Aufnahme ins Krankenhaus zur Ermittlung der Ursachen ihres Zustands ein, wobei als Termin für die Aufnahme der 8. 4. 2008 vereinbart wurde. Lebensgefahr hat zum Zeitpunkt der Untersuchung am 3. 4. 2008 nicht bestanden. Die Aufnahme ins Krankenhaus beruhte auf der Steifigkeit und der Depression der Erblasserin mit dem Ziel, ihre Bewegungsfähigkeit wieder zu verbessern. Am 6. 4. 2008 wurde die Erblasserin von einem Freund und der Ehegattin dessen (Geschäfts-)Partners besucht. Die Antragsgegnerin, die der Erblasserin einen Testamentsvordruck für den Fall einer Testierabsicht zur Verfügung gestellt hatte, öffnete den Besuchern die Tür, zog sich dann aber zurück. Die Erblasserin äußerte, dass sie sich von den Antragstellerinnen im Stich gelassen fühle und deshalb das alte Testament widerrufen und stattdessen die Antragsgegnerin als Erbin einsetzen wolle. Die beiden Besucher waren sich bewusst, dass die Erblasserin damit ein Testament errichten wollte und dass die Erklärung an sie gerichtet war. Die Erblasserin war zwar körperlich in keiner guten Verfassung, im Hinblick auf die Formulierung ihres letzten Willens war ihre geistige Leistungsfähigkeit aber nicht beeinträchtigt. Aufgrund ihrer Steifigkeit konnte die Erblasserin ihre Finger nicht mehr benutzen. Ihre beiden Gäste hatten am 6. 4. 2008 den Eindruck, dass die Erblasserin nicht mehr leben wollte. Diese erwähnte auch - wie schon bei ihrem Aufenthalt im Spital - dass es mit ihr zu Ende gehe. Am 8. 4. 2008 wurde die Erblasserin stationär ins Krankenhaus aufgenommen. Bei Mobilitätsversuchen entwickelten sich bei ihr rezidivierende septische Infekte, die zunächst von einem Harnwegsinfekt ausgingen. In weiterer Folge erkrankte sie an einer Lungenentzündung mit der Komplikation eines septischen Multiorganversagens und starb am 21. 4. 2008 infolge der Sepsis an Herz-Kreislauf-Versagen.
Die Antragstellerinnen gaben je zur Hälfte des Nachlasses eine bedingte Erbantrittserklärung ab und begehrten die Feststellung ihres Erbrechts aufgrund des Testaments vom 14. 4. 2004. Die Antragsgegnerin berief sich bei Abgabe ihrer Erbantrittserklärung zum gesamten Nachlass auf ein am 6. 4. 2008 in Anwesenheit von zwei Zeugen errichtetes mündliches Testament.
Das Erstgericht stellte das Erbrecht der Antragstellerinnen fest und wies die Erbantrittserklärung der Antragsgegnerin ab. Es stellte über den eingangs der Entscheidung dargelegten unbekämpften Sachverhalt hinaus fest, die Erblasserin habe sich am 6. 4. 2008 bei erheblich reduziertem Allgemeinzustand und Ernährungszustand in einem stabilen Gesundheitszustand befunden. Ihre Herz-, Kreislauf- und Lungenfunktionen seien entsprechend ihrem Alter normal gewesen, bei den inneren Organen hätte kein Hinweis auf eine Infektion bestanden. Angesichts ihres Gesundheitszustands hätte sie noch eine mittlere Lebenserwartung von knapp sieben Jahren gehabt. Das septische Zustandsbild habe sich nach ihrer Aufnahme ins Krankenhaus plötzlich und unerwartet ausgebildet. Am 6. 4. 2008 habe sich die Erblasserin objektiv in keiner unmittelbaren Gefahr befunden, zu sterben. Sie habe sich in keinem Zustand befunden, in dem bei ihr durch objektive Umstände der begründete Eindruck bestehen hätte können, sich unmittelbar in Lebensgefahr zu befinden. Rechtlich beurteilte das Erstgericht das am 6. 4. 2008 erklärte mündliche Testament als ungültig. Nach den Erläuternden Bemerkungen zum mit dem FamErbRÄG 2004 neu geschaffenen § 597 ABGB sei der Erblasser zur Anwendung der Notform des mündlichen Testaments nicht bloß dann berechtigt, wenn objektiv eine Gefahrensituation vorliege und nicht in anderer Weise testiert werden könne, sondern bereits dann, wenn der durch objektive Umstände begründete Eindruck beim Erblasser bestehe, dass eine Notsituation vorliegt. Im vorliegenden Fall sei eine objektive Lebensgefahr nicht vorgelegen. Auch objektive Umstände, aus denen die Erblasserin nachvollziehbar annehmen hätte können, dass sie sich in einer Notlage befand, hätten nicht bestanden. Die bloße Befürchtung, dass es mit ihr zu Ende gehe, reiche nicht aus; sie müsse vielmehr objektiv begründet sein. Abgesehen davon, dass die Erblasserin schon Wochen zuvor diese Befürchtung geäußert habe, welche dann nicht unmittelbar eingetreten sei, sei es auch im Allgemeinen nicht außergewöhnlich, dass eine 74-jährige unter Depression leidende Person ihr Ableben in Betracht zieht. Es seien somit keine objektivierbaren Umstände vorgelegen, aus denen die Erblasserin eine Notlage nachvollziehbar hätte annehmen können. Ein Nottestament sei außerdem nur zulässig, wenn nicht auf andere Art testiert werden könne. Die Erblasserin habe bereits vor dem 6. 4. 2008 gegenüber der Antragsgegnerin geäußert, dass sie ihr Testament ändern wolle. Nachdem sie schon am 3. 4. 2008 gewusst habe, dass sie wenige Tage später noch einmal ins Spital gehen müsse, wäre genügend Zeit vorhanden gewesen, einen kurzfristigen Termin bei einem Notar zu vereinbaren.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. In seiner bisher einzigen Entscheidung zu § 597 ABGB nF habe der Oberste Gerichtshof gerade nicht auf den subjektiven Eindruck des Erblassers vom Bestehen einer Lebensgefahr abgestellt, sondern die Frage ausdrücklich offen gelassen, ob es auf einen solchen subjektiven Eindruck ankomme. Das Nottestament sei dann gültig, wenn entweder die Notlage tatsächlich bestanden hat oder aufgrund objektivierbarer Umstände eine derartige Notlage nachvollziehbar angenommen werden durfte. Eine endgültige Beantwortung der Abgrenzungsfrage könne aber unterbleiben, weil § 597 ABGB auf eine unmittelbar drohende Gefahr abstelle, die die Testierfähigkeit verhindert. Im vorliegenden Fall habe jedoch keine Notwendigkeit bestanden, ein Testament an einem Sonntag zu errichten, hätte doch ohne Probleme ein kurzfristiger Termin mit einem Notar an einem der nächsten Werktage (auch im Spital) vereinbart werden können. Es habe daher nicht die Gefahr bestanden oder objektiv befürchtet werden dürfen, die Erblasserin würde versterben, bevor eine Testamentserrichtung auf andere Weise möglich gewesen wäre. Daher müssten die im Rekurs - im Rahmen der Beweisrüge - angestellten Erwägungen zur Todesgefahr nicht mehr angestellt werden. Eine solche Befürchtung der Erblasserin sei auch in subjektiver Hinsicht nicht behauptet worden; diese habe vielmehr geplant, sich am Dienstag ins Spital zu begeben. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof mit einer in der Literatur geäußerten Rechtsansicht bisher nicht auseinandergesetzt habe.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Seit der Änderung des § 597 ABGB durch das FamErbRÄG 2004 (in Kraft getreten am 1. 1. 2005) steht die Form des mündlichen Testaments vor zwei Zeugen nur noch als Notform zur Verfügung. Voraussetzung ist, dass unmittelbar die Gefahr droht, dass der Erblasser stirbt (oder die Fähigkeit zu testieren verliert), bevor er seinen letzten Willen auf andere Weise zu erklären vermag. Ein derartiges Nottestament verliert drei Monate nach Wegfall der Gefahr seine Gültigkeit.
Im Gesetzgebungsverfahren wurde die Einschränkung der Zulässigkeit derartiger mündlicher Testamente vor allem damit begründet, dass „außergerichtliche mündliche Zeugentestamente“ zur Benachteiligung der gesetzlichen Erben leicht vorgetäuscht werden können (ErläutRV 471 BlgNR 22. GP 1). Nach Wahrnehmungen der Rechtspraxis komme es im Zuge von Verlassenschaftsabhandlungen immer wieder vor, dass die Form des mündliche[n] Zeugentestaments dazu missbraucht wird, eine letztwillige Verfügung vorzutäuschen, um so gesetzliche Erben zu benachteiligen; die Folgen seien oft aufwändige und langwierige Erbrechtsprozesse. Es werde daher vorgesehen, die Form des mündlichen Testaments vor zwei Zeugen nur noch bei der Gefahr des Todes oder des Verlustes der Testierfähigkeit zur Verfügung zu stellen (ErläutRV aaO 11). Zur Anwendung der Notform sei der Erblasser nicht bloß dann berechtigt, wenn objektiv eine Gefahrensituation vorliegt und nicht in anderer Weise testiert werden kann, sondern - entsprechend der Rechtsprechung und Lehre zu den ausländischen Vorbildern in der Schweiz und in Deutschland - bereits dann, wenn der durch objektive Umstände begründete Eindruck beim Erblasser besteht, dass eine Notsituation vorliegt (ErläutRV aaO 29).
In der bisher einzigen höchstgerichtlichen Entscheidung zur novellierten Fassung des § 597 Abs 1 ABGB (4 Ob 27/07k = SZ 2007/60) wurde ausdrücklich offen gelassen, ob es - entsprechend den zitierten Ausführungen der Gesetzesmaterialien - ausreicht, „wenn der durch objektive Umstände begründete Eindruck beim Erblasser besteht, dass eine Notsituation vorliegt“ oder ob die subjektive Befürchtung des Testierenden darüber hinaus auch für einen vernünftigen Menschen nachvollziehbar sein muss (im letzteren Sinn etwa Spitzer, Neues zu letztwilligen Verfügungen. Ein Beitrag zu Nottestament und Testierfähigkeit, NZ 2006, 79). Der Oberste Gerichtshof sah insbesondere hohes Lebensalter und altersbedingte Gebrechlichkeit noch nicht als für die Annahme einer Gefahrensituation im Sinne des § 597 Abs 1 Satz 1 ABGB ausreichend an. Wollte man schon allein aufgrund des Lebensalters und einer dementsprechenden Gebrechlichkeit von einem „durch objektive Umstände begründeten Eindruck einer Notsituation“ ausgehen, so würde dies bedeuten, dass das mündliche außergerichtliche Zeugentestament in erleichterter Form für alte und gebrechliche Personen weiterhin Bestand hätte. Dies widerspreche allerdings dem in den Materialien formulierten Ziel des FamErbRÄG 2004, welches darin liege, mündliche außergerichtliche Zeugentestamente, die in der Praxis leicht vorgetäuscht werden können, nur mehr im Ausnahmefall einer Notsituation zuzulassen.
Gerade der vom Gesetzgeber besonders in den Mittelpunkt seiner Erwägungen für eine Zurückdrängung des mündlichen Testaments angeführte Gesichtspunkt des immer wieder vorkommenden Vortäuschens mündlicher Testamente verbietet es nach Auffassung des erkennenden Senats auch, primär dem subjektiven Eindruck des späteren Erblassers vom unmittelbaren Vorliegen einer Lebensgefahr Bedeutung zuzumessen. Über die subjektive Einschätzung des Testierenden werden nämlich in aller Regel allein - oder doch in erster Linie - die (angeblichen) Testamentszeugen Angaben machen können, da ja der Erblasser selbst nicht mehr befragt werden kann (so treffend Fischer-Czermak, Neueste Änderungen im Abstammungs- und Erbrecht, JBl 2005, 2 [11]) und sonstige Beweismittel regelmäßig nicht zur Verfügung stehen. Die bloß subjektive, durch objektive Umstände aber nicht ausreichend begründbare Befürchtung des Testierenden, er befände sich unmittelbar in Lebensgefahr, kann daher für die Wirksamkeit der Notform schon deshalb nicht ausreichen, weil man die Gültigkeit der letztwilligen Verfügung - entgegen dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers - dann in aller Regel wieder von den Aussagen jener Personen (angebliche Testamentszeugen) abhängig machte, deren Wahrheitsliebe generell in Frage gestellt wurde.
Aber auch die - vom Rekursgericht angesprochenen - Ausführungen von A. Tschugguel (Das Nottestament - Voraussetzungen, Konversion, Änderungsbedarf, NZ 2009, 129), die erst nach der zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs publiziert wurden, rechtfertigen es nicht, entgegen dem Gesetzeswortlaut und über dessen Ausdehnung durch die Gesetzesmaterialien hinaus dem subjektiven Eindruck des Erblassers zusätzliche Bedeutung zukommen zu lassen. Sein Beispiel des Erblassers, der sich vor einer an sich routinemäßigen Operation „übertrieben“ sorgt, wobei sich das gewöhnliche Restrisiko in der Folge aber tatsächlich verwirklicht, obwohl keine objektive Lebensgefahr gegeben war, wirkt zwar auf den ersten Blick plausibel. Seine Schlussfolgerung, es wäre in einem solchen Fall ob des eingetretenen Todes eher befremdend zu vertreten, der Erblasser habe diesen zu Unrecht befürchtet (ähnlich derselbe, NZ 2011, 177), übersieht aber einen wesentlichen Aspekt. Die vom Gesetzgeber zum Anlass der Novellierung genommene Missbrauchsgefahr besteht ja nicht darin, dass ein späterer Erblasser mündlich testiert, obwohl kein gerechtfertigter Grund dafür vorliegt, sondern vielmehr darin, dass nach dem (objektiv überraschenden) Tod einer Person fälschlich - aber schwer widerlegbar - behauptet wird, diese habe kurz vorher mündlich testiert. Diese Missbrauchsmöglichkeit wollte der Gesetzgeber mit der gewählten objektiven Formulierung der Gefahrensituation zweifellos ausschließen, was auch keineswegs zu einer Lückenhaftigkeit der nunmehrigen Regelung über die Zulässigkeit derartiger Nottestamente führt. Bei Fehlen einer objektiven Gefahrensituation wird der Erblasser im Übrigen regelmäßig vorher ausreichend Gelegenheit haben, eine andere Testamentsform zu wählen.
Der erkennende Senat schließt sich der überwiegend vertretenen Auffassung an, dass es - ungeachtet der im Gesetzestext ganz objektiv formulierten Gefahrensituation - darauf ankommen muss, ob ein allgemein nachvollziehbarer, durch objektive Umstände begründeter Eindruck beim Erblasser besteht, dass eine Notsituation im Sinne des § 597 Abs 1 ABGB vorliegt (4 Ob 27/07k mwN). Auch wenn kritisiert wurde (Höllwerth, Anmerkung zu EF-Z 2007/114, 185 = 4 Ob 27/07k), dass ein nur in den Gesetzesmaterialien enthaltenes Rechtsverständnis weder Gesetzesrang habe, noch durch Auslegung solche Geltung erlangen könne, weshalb das Vorliegen einer Notsituation rein objektiv zu prüfen sei, darf doch nicht übersehen werden, dass es immer wieder Lebenssituationen geben kann (Verschlechterung des Gesundheitszustands, Unfälle, Naturkatastrophen ...), in denen ein Laie nicht ohne weiteres abschätzen kann, ob nun tatsächlich „unmittelbar“, also ohne dass er vorher seinen letzten Willen noch auf andere Weise erklären könnte, die Gefahr droht, zu sterben (oder die Testierfähigkeit zu verlieren). War in einem derartigen Fall die Todesangst angesichts der Umstände allgemein nachvollziehbar, wäre es auch der Rechtssicherheit in Bezug auf die (befristete) Weitergeltung des mündlich erklärten letzten Willens im Falle des Überlebens der (angenommenen) Gefahrensituation sehr abträglich, wenn die Wirksamkeit häufig allein aufgrund nachträglicher Sachverständigengutachten beurteilt werden könnte. Aus diesen (teleologischen) Erwägungen erscheint es durchaus sinnvoll, die gesetzliche Anordnung im Sinne des in diese Richtung geäußerten „Gesetzgeberwillens“ dahin auszulegen, dass es nicht allein auf das - objektiv und mit entsprechender Fachkunde zu beurteilende - tatsächliche Vorliegen von Lebensgefahr ankommt, sondern dass eine bedrohliche Situation ausreicht, die auch bei anderen Menschen in der Situation des Erblassers den Eindruck erwecken würde, es bestünde unmittelbar ernstliche Lebensgefahr.
Eine solche hat das Erstgericht ausgehend von der Feststellung, die Erblasserin hätte angesichts ihres (näher festgestellten) Gesundheitszustands eine mittlere Lebenserwartung von noch fast 7 Jahren gehabt und das (zum Tod führende) septische Zustandsbild habe sich erst später plötzlich und unerwartet ausgebildet, verneint. Sie habe sich am 6. 4. 2008 weder objektiv in einer unmittelbaren Lebensgefahr befunden, noch in einem Zustand, in dem (bei ihr) durch objektive Umstände der begründete Eindruck bestehen konnte, sich unmittelbar in Lebensgefahr zu befinden.
Der Vorwurf der Revisionsrekurswerberin, das Berufungsgericht habe sich zu Unrecht nicht mit ihrer Beweisrüge auseinandergesetzt, ist unberechtigt, auch wenn der Verweis in der Rekursentscheidung auf den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt und die Beweiswürdigung entgegen der Auffassung der Revisionsrekursgegnerinnen nicht so zu verstehen ist, dass das Rekursgericht diese Feststellungen und die Beweiswürdigung als unbedenklich übernehmen wollte. Vielmehr hat sich das Rekursgericht erklärtermaßen mit der Beweiswürdigung aus rechtlichen Erwägungen nicht auseinandergesetzt, was sich aus folgenden Gründen im Ergebnis als zutreffend erweist:
Ein wesentliches Erfordernis einer gesetzmäßig ausgeführten Beweisrüge besteht darin, dass der Rechtsmittelwerber zumindest deutlich zum Ausdruck bringt, welche Feststellungen anstelle der bekämpften Feststellungen seiner Ansicht nach richtigerweise zu treffen gewesen wären (vgl nur Kodek in Rechberger³ § 471 ZPO Rz 8 mit Judikaturnachweisen). Diesem Erfordernis genügt die Beweisrüge im Rekurs der Antragsgegnerin schon deshalb nicht, weil darin keine konkreten „Ersatzfeststellungen“ formuliert wurden, sondern sie sich im Wesentlichen mit der Wiedergabe des Gesetzestextes begnügte. Ein konkreteres Tatsachensubstrat, das einer Subsumtion unter den - notwendigerweise abstrakt formulierten - gesetzlichen Tatbestand zugänglich wäre, ist auch ihren übrigen Ausführungen in der Beweisrüge nicht zu entnehmen. Die Antragsgegnerin wäre gehalten gewesen, nachvollziehbar darzulegen, aufgrund welcher Gesundheitsbeeinträchtigungen die Erblasserin ihren alsbaldigen Tod befürchten musste und wann dieser (frühestens) - aus der Sicht eines vernünftigen, diese Umstände kennenden Betrachters - gedroht hätte. Derartiges wäre erforderlich gewesen, um den konkreten Feststellungen des Erstgerichts über den Gesundheitszustand der Erblasserin und die darauf beruhende Schlussfolgerung, es habe kein Grund zur Befürchtung bestanden, sie würde die nächsten Tage nicht überleben, zu erschüttern. Mangels gesetzmäßiger Bekämpfung hatte das Rekursgericht von den erstgerichtlichen Feststellungen über den Gesundheitszustand der Erblasserin und insbesondere über das Fehlen objektiver Anknüpfungspunkte für eine vernünftigerweise anzunehmende Gefahr eines baldigen Todes auszugehen. Auf dieser Basis ist auch die Annahme nicht zu beanstanden, sie wäre angesichts ihres damaligen Gesundheitszustands in der Lage gewesen, den Besuch eines Notars zur Aufnahme eines Testaments für einen der nächsten Tage zu erbitten.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO.
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