OGH 12Os67/11m

OGH12Os67/11m5.7.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juli 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Varga als Schriftführer in der Strafsache gegen Christopher M***** wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB und anderer strafbarer Handlungen, AZ 521 Hv 70/10x des Landesgerichts Korneuburg, über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des genannten Gerichts vom 7. März 2011, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Höpler, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 7. März 2011, GZ 521 Hv 70/10x-22, verletzt, soweit darin gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO der Widerruf der mit Beschluss des genannten Gerichts als Vollzugsgericht vom 17. Februar 2010, AZ 821 BE 15/10k, gewährten bedingten Entlassung ausgesprochen wurde, das Gesetz in § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB.

In diesem Umfang wird der Beschluss aufgehoben und es wird vom Widerruf dieser bedingten Entlassung abgesehen.

Text

Gründe:

Mit gekürzt ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 27. Jänner 2010, AZ 521 Hv 78/09x, wurde Christopher M***** des Verbrechens des schweren und durch Einbruch begangenen gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG und § 28 StGB nach dem ersten Strafsatz des § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde der Vollzug eines Teils dieser Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwölf Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen.

Aus dem unbedingten Teil der verhängten Freiheitsstrafe wurde der Verurteilte mit Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 17. Februar 2010, AZ 821 BE 15/10k, am 1. April 2010 gemäß „§ 152 Abs 1 Z 2 StGB“ - bei einem Strafrest von zwei Monaten - unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren und Anordnung der Bewährungshilfe bedingt entlassen.

Aufgrund neuerlicher Delinquenz wurde Christopher M***** mit gekürzt ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 7. März 2011, GZ 521 Hv 70/10x-22, des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB und weiterer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt.

Unter einem fasste das Landesgericht gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO den Beschluss, vom Widerruf unter anderem der zu AZ 521 Hv 78/09x des genannten Gerichts vom 27. Jänner 2010 gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen, jedoch die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern.

Zugleich sprach es gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO den Widerruf der dem Angeklagten mit Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 17. Februar 2010, AZ 821 BE 15/10k, gewährten bedingten Entlassung aus.

Das Urteil und die Beschlüsse erwuchsen unbekämpft in Rechtskraft.

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht der Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 7. März 2011, GZ 521 Hv 70/10x-22, mit welchem die bedingte Entlassung des Christopher M***** zu AZ 821 BE 15/10k des Landesgerichts Korneuburg als Vollzugsgericht widerrufen wurde, mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

Nach dem durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2008, BGBl I 2007/109, eingefügten zweiten Satz des § 53 Abs 1 StGB können die bedingte Nachsicht eines Teils einer Freiheitsstrafe und die bedingte Entlassung aus dem nicht bedingt nachgesehenen Strafteil nur gemeinsam widerrufen werden. Ein Widerruf der bedingten Entlassung aus dem gemäß § 43a Abs 3 oder Abs 4 StGB nicht bedingt nachgesehenen Teil einer Freiheitsstrafe ist daher unzulässig, wenn zugleich (wie hier) in Ansehung des bedingt nachgesehenen Teils dieser Strafe vom Widerruf abgesehen wird (RIS-Justiz RS0125448).

Weil sich diese Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten auswirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst (§ 292 letzter Satz StPO), der Feststellung konkrete Wirkung zuzuerkennen und den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 7. März 2011, GZ 521 Hv 70/10x-22, in diesem Umfang aufzuheben und vom Widerruf der bedingten Entlassung abzusehen.

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