Spruch:
Dkfm. Mag. Horst T***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Gegen Dkfm. Mag. Horst T***** und weitere Beschuldigte wurde beim Landesgericht Wiener Neustadt ein Ermittlungsverfahren geführt. Mit der zwischenzeitig am 14. Februar 2011 beim Landesgericht Wiener Neustadt eingebrachten Anklageschrift (ON 520) legt die Staatsanwaltschaft ihm (und anderen Mitangeklagten) ein als Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB beurteiltes Verhalten zur Last.
Die mit Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 25. Juni 2009 über den Angeklagten Dkfm. Mag. T***** verhängte Untersuchungshaft wurde zuletzt am 20. Dezember 2010 aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit b StPO fortgesetzt (ON 495). Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 9. März 2011, AZ 22 Bs 3/11v, nicht Folge und setzte die Haft aus denselben Gründen wie das Erstgericht fort (ON 536).
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Fortsetzungsbeschluss wendet sich die rechtzeitige Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten, die das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts sowie von Haftgründen bestreitet und die Unverhältnismäßigkeit der Haft moniert. Sie ist nicht im Recht.
Nach den Annahmen des angefochtenen Beschlusses ist Dkfm. Mag. T***** dringend verdächtig, als bestellter oder ehemals bestellter Geschäftsführer bzw als faktischer Geschäftsführer der (teilweise) in seinem direkten oder indirekten wirtschaftlichen Einflussbereich stehenden oder gestandenen Unternehmen C***** GmbH (D), A***** GmbH (D), E***** GmbH (E*****), AA***** GmbH, S***** GmbH, Sy***** GmbH, G***** GmbH und R***** GmbH sowie der in seinem direkten oder indirekten wirtschaftlichen Einflussbereich stehenden oder gestandenen Unternehmen i***** GmbH, iN***** GmbH, D***** GmbH, DV***** GmbH, F***** GmbH und B***** GmbH, sowie als der vermutlich für alle Beteiligungsmodelle Verantwortliche und auch als Vermittler von Beteiligungen gemeinsam mit den ebenfalls Angeklagten Thomas M*****, Oliver L*****, Friedrich Ra*****, Andreas H*****, Hans Joachim J*****, Thomas Bu*****, Christian U*****, Werner Br*****, Josef Sc*****, Mag. Petra Fü*****, Jürgen Ta*****, Karl Ei*****, Markus Am***** und Mag. Peter K*****
seit 1998 in jeweils unterschiedlichen Täterzusammensetzungen ausgehend vom Sitz der E***** in *****, über 900 Anleger durch Täuschung über Tatsachen zur Zeichnung von ca 2.200 Beteiligungen als „atypisch stille Gesellschafter“ an den von ihm konzipierten Beteiligungsmodellen verleitet und die von den Anlegern eingebrachten Gelder zumindest teilweise widmungswidrig verwendet und teils durch überhöhte Verrechnung, in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung schwerer Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und sich oder Dritte unrechtmäßig zu bereichern, entzogen und die Anleger dadurch am Vermögen geschädigt haben,
wobei der von ihm zu verantwortende Schaden zumindest 37.337.434 Euro betrug, und das von den Anlegern eingebrachte Beteiligungskapital von insgesamt mehr als 37 Millionen Euro zumindest teilweise über Konten verbundener Gesellschaften transferiert wurde und unter Beteiligung der als „Lieferanten“ agierenden und ua im Ausland etablierten Unternehmen C***** (Pavol B***** und Gabriel He*****) und Ma***** (Hans Joachim J*****) sowie vermutlich auch der s***** (Christian U*****) zu einem großen Teil über diese Gesellschaften bzw durch Barbehebungen abfloss.
Die Anleger sollen getäuscht worden sein, indem ihnen jeweils unter Verwendung von entsprechendem Prospektmaterial die Entwicklung oder Weiterentwicklung von innovativen, marktfähigen, jedoch tatsächlich nicht existenten oder werthaltigen Produkten vorgetäuscht und durch die Zusicherung erheblicher Verlustzuweisungen ein namhafter und dauerhafter Steuervorteil in Aussicht gestellt wurde.
Die Sachverhaltsgrundlagen zum dringenden Tatverdacht können im Grundrechtsbeschwerdeverfahren in sinngemäßer Anwendung der Kriterien der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO bekämpft werden; eine am Gesetz orientierte Beschwerde hat somit einen formalen Darstellungs- oder Begründungsmangel aufzuzeigen bzw anhand deutlich und bestimmt bezeichneter Aktenbestandteile erhebliche Bedenken gegen die vorläufige Beweiswürdigung des Oberlandesgerichts zu erwecken (RIS-Justiz RS0110146).
Indem die Beschwerde im Wesentlichen auf eigene Sachverhaltsdarstellungen verweist, die bisherige Verantwortung des Angeklagten, er hätte keine Ahnung von den Internetprodukten gehabt, deren Nichtexistenz sei ihm nicht bekannt gewesen, er habe nur unter Zugrundelegung der ihm gegebenen Information der Emittenten Beteiligungsmodelle konzipiert, wiederholt und die Schuld dem Mitangeklagten M***** zuweist, über dessen Motive für sein Aussageverhalten sie spekuliert und schließlich moniert, der Sachverständige habe sich nicht ausführlich mit den Ausführungen des Angeklagten auseinandergesetzt, wird sie den gesetzlichen Anfechtungskriterien nicht gerecht. Da sie sich im Weiteren in einer Betrachtung der Verdachtslage aus der Sicht des Beschwerdeführers ohne konkreten Bezug zur Begründung des Oberlandesgerichts erschöpft, nimmt sie dem Obersten Gerichtshof die Möglichkeit, der Beschwerde zu erwidern (RIS-Justiz RS0112012). Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Verdachtsannahmen des Oberlandesgerichts werden bei Prüfung der Akten nicht erweckt (§ 362 StPO iVm § 10 GRBG).
Die rechtliche Annahme der in § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren überprüft der Oberste Gerichtshof im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens darauf, ob sich diese angesichts der zugrunde gelegten bestimmten Tatsachen als willkürlich, mit anderen Worten als nicht oder nur offenbar unzureichend begründet darstellt (RIS-Justiz RS0117806).
Das Oberlandesgericht hat die Annahme von Tatbegehungsgefahr auf die über einen ca zehnjährigen Deliktszeitraum zur Last liegenden gewerbsmäßigen schweren Betrugshandlungen mit einem angeklagten Gesamtschadensbetrag von rund 37 Millionen Euro, auf die Finanzierung des Lebensunterhalts des Angeklagten durch diese Taten sowie auf dessen hohes Maß an krimineller Energie und „einen diffizil ausgearbeiteten, wohl organisierten Mangel an Respekt vor fremden Eigentum“ gegründet. Eine Willkürlichkeit dieser Prognoseentscheidung vermag der Beschwerdeführer mit dem Argument, die Annahme des Oberlandesgerichts sei „tatsächlich eine Verkennung der Abläufe“, nicht aufzuzeigen.
Da bei gegebenem dringenden Tatverdacht bereits ein Haftgrund die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft rechtfertigt, erübrigt es sich, im Rahmen der Behandlung der Grundrechtsbeschwerde zu prüfen, ob auch der Haftgrund der Fluchtgefahr gegeben ist (RIS-Justiz RS0061196).
Angesichts der - vom Oberlandesgericht zutreffend dargestellten - Bedeutung der Sache und des gegebenen Strafrahmens von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe liegt auch eine Unverhältnismäßigkeit der Haft noch nicht vor.
Dkfm. Mag. Horst T***** wurde daher im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Beschwerde ohne Kostenzuspruch abzuweisen war (§ 8 GRBG).
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