Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 768,24 EUR (darin 128,04 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu bezahlen.
Text
Begründung
Das Erstgericht gab der auf Aufhebung des zwischen den Streitteilen geschlossenen Kommissions- und Kaufvertrags über insgesamt 692 Stück Zertifikate (Austrian depositary certificates) einer Kapialgesellschaft (Ltd) mit Sitz in Jersey Folge und verurteilte die Beklagte zur Rückerstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückstellung der Wertpapiere. Der Kläger habe sich bei Vertragsabschluss in einem von der Beklagten veranlassten Geschäftsirrtum über wesentliche Eigenschaften der erworbenen Zertifikate befunden.
Der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge und sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil der Frage der Irreführung durch den Verkaufsprospekt der Beklagten aufgrund der Vielzahl der dadurch potentiell in die Irre geführten Anleger und im Hinblick auf die zahlreichen diesbezüglich anhängigen Gerichtsverfahren zur Wahrung der Rechtseinheit erhebliche Bedeutung zukomme.
Die Revision der Beklagten ist entgegen dem nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger und seine Gattin, deren Ansprüche ihm zur Geltendmachung abgetreten wurden, erwarben über Vermittlung eines Finanzberaters von der Beklagten (als Kommissionärin durch Selbsteintritt) zunächst am 15. 12. 2005 402 Stück, am 31. 7. 2006 weitere 175 Stück und am 1. 2. 2007 noch einmal 115 Stück der streitgegenständlichen Zertifikate. Zu diesem Zeitpunkt verfügte das Ehepaar über keine Erfahrungen mit Aktien. Sie trafen ihre Entscheidung im Wesentlichen aufgrund der von ihrem Finanzberater überlassenen, von der Beklagten und einer Vertriebsgesellschaft herausgegebenen Verkaufsbroschüre, in der die Zertifikate als „Immobilienaktie mit Zukunft“ und als „sichere, breit gestreute Immobilienveranlagung in Zeiten stark schwankender Aktienmärkte, hoher Steuern und niedriger Zinsen“ angepriesen wurden. Dem Kläger war bewusst, dass es sich um „Aktien“ handelte und diese Kursschwankungen unterliegen, er verstand die Sache aber so, dass er sozusagen „Mitbesitzer“ der im Prospekt beschriebenen Gewerbeimmobilien werde. Hätten der Kläger und seine Gattin gewusst, dass es entgegen dem bisherigen Verlauf zu größeren Kursverlusten oder gar zu einem Totalverlust kommen könnte, hätten sie die Papiere nicht erworben.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits eingehend in zwei vergleichbar gelagerten Verfahren über Irrtumsanfechtungsklagen privater Anleger, die von der Beklagten aufgrund des selben Werbefolders Zertifikate erworben hatten, zu den maßgeblichen Rechtsfragen Stellung genommen (4 Ob 65/10b; 8 Ob 25/10z). Die Grundsätze dieser Entscheidungen, die in der Literatur überwiegend zustimmend aufgenommen wurden (vgl ecolex 2010/380 [Wilhelm]; Riedler, Schadenersatzpflicht irregeführter Anleger?, ecolex 2011, 194; Graf, Zur Schadenersatzhaftung des schuldhaft Irrenden, ecolex 2010, 1131; Vonkilch, Von Geschäftsirrtümern und Sollbeschaffenheiten beim Wertpapierkauf, JBl 2011, 2; Leupold/Ramharter, Ausgewählte Aspekte der Irrtumsanfechtung beim Wertpapierkauf, ÖJZ 2011/14; Pletzer, Zur Irrtumsanfechtung von Vermögensanlagegeschäften, ZFR 2011, 25) treffen auch auf den vorliegenden Sachverhalt zu. Die Revision zeigt keine neuen, in diesen Entscheidungen noch nicht behandelten Aspekte auf, sodass sich der erkennende Senat nicht veranlasst sieht, von seiner Rechtsprechung abzugehen (vgl auch 4 Ob 190/10k; 5 Ob 222/10y).
Diese Entscheidung bedarf gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO keiner weitergehenden Begründung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO; der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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