OGH 5Ob164/10v

OGH5Ob164/10v29.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gabriele Maria S*****, vertreten durch Dr. Walter Poschinger, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Gerta S*****, vertreten durch die Kodolitsch-Nopp-Kodolitsch Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 139.359,14 EUR sA,

I. über die ordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 17. Mai 2010, GZ 5 R 56/10k-135, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Endurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 26. Jänner 2010, GZ 22 Cg 23/02k-125, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Februar 2010, GZ 22 Cg 23/02k-130, teilweise bestätigt wurde, und

II. über die Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 17. Mai 2010, GZ 5 R 56/10k-135, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Endurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 26. Jänner 2010, GZ 22 Cg 23/02k-125, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Februar 2010, GZ 22 Cg 23/02k-130, teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

I. Die ordentliche Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.327,68 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 221,28 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II.1. Der Rekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

II.2. Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin ist die Tochter der Beklagten, die Testamentserbin nach ihrem am 12. 12. 1996 verstorbenen Ehemann, dem Vater der Klägerin, war. Nach dem unstrittig anzuwendenden deutschen materiellen Recht (Protokoll vom 7. 5. 2004, ON 31 Seite 5 = AS 225 in Band I) beträgt der gesetzliche Pflichtteil der Klägerin 1/12 des gesamten Nachlasses zum Wert vom 12. 12. 1996.

Die Klägerin macht ihre Pflichtteilsansprüche nach ihrem Vater mit einem ursprünglichen Leistungsbegehren von 72.672,83 EUR sA geltend (Punkt 1.) und ging dabei unter anderem von einem - erkennbar bloß vermuteten - Wert des Liegenschaftsvermögens in Spanien und in der BRD von jeweils 1 Million DM aus. Mit dem Leistungsbegehren verband die Klägerin eine Stufenklage, die Beklagte sei schuldig, über das Vermögen des Erblassers Auskunft zu erteilen, die Schätzung der Nachlassvermögenswerte zu dulden und einen Eid über die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben zu leisten (Punkt 2.); ferner sei die Beklagte schuldig, den sich aus der Vermögensangabe und der Schätzung ergebenden Pflichtteilsanspruch von 1/12 unter Anrechnung des gestellten Zahlungsbegehrens zu bezahlen (Punkt 3.).

Mit Teil- und Zwischenurteil vom 21. 2. 2005, ON 48, in der laut ON 50 je Band I berichtigten Fassung sprach das Erstgericht ua - rechtskräftig - aus, das Zahlungsbegehren bestehe dem Grunde nach zu Recht (Punkt 1.) und die Beklagte sei schuldig, über das Vermögen des Erblassers zum Todestag 12. 12. 1996 „vollzählig Auskunft zu erteilen und die Schätzung der Nachlassvermögenswerte zu gestatten“ (Punkt 2.). Die vom Erstgericht in den Spruch aufgenommene Verpflichtung laut Punkt 3. des Urteilsbegehrens wurde vom Obersten Gerichtshof zu GZ 5 Ob 245/05y (ON 62 in Band II) ersatzlos gestrichen. Mit Beschluss vom 7. 11. 2006 wurde der Klägerin die Exekution des Rechnungslegungsbegehrens bewilligt (Beilage zu ON 76 in Band II).

Das rechtskräftige Teilurteil vom 25. 5. 2007, ON 78 in Band II, verpflichtet die Beklagte zur Zahlung von 36.538,98 EUR sA. Dieser Betrag resultiert aus den Pflichtteilsansprüchen der Klägerin allein aus nicht in Liegenschaften bestehendem Nachlassvermögen. Das Liegenschaftsvermögen des Erblassers in der BRD und in Spanien bildete den Gegenstand des weiteren Verfahrens (Protokoll ON 86 in Band II).

Nach Vorliegen von im Rechtshilfeweg eingeholten Gutachten über den Wert der Liegenschaften in der BRD und in Spanien präzisierte die Klägerin ihr bisher unbestimmt gebliebenes Leistungsbegehren in der Tagsatzung vom 16. 10. 2009 auf 139.359,14 EUR sA. Aufgrund der erfolgten Rechnungslegung der Beklagten und der nunmehr vom Gericht eingeholten Gutachten ergebe sich ein weiterer Anspruch der Klägerin von 139.359,14 EUR, der sich mit 1/12 des Schätzwerts des unbeweglichen Nachlassvermögens von 1.672.309,70 EUR berechne (ON 122 in Band II).

Die Beklagte bestritt die behaupteten Schätzwerte der Liegenschaften, beantragte die Erörterung der Gutachten und wendete den Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 2314 BGB für den ausgedehnten Betrag ein, weil alle Liegenschaften bereits der Klage zugrunde gelegt worden seien und die Beklagte die Vermögenswerte nie verheimlicht habe.

Das Erstgericht verpflichtete mit Endurteil die Beklagte, zusätzlich zu dem mit Teilurteil ON 78 zuerkannten Betrag von 36.538,98 EUR, weitere 112.605,01 EUR sA zu bezahlen. Das Mehrbegehren von 26.754,13 EUR sA wies es rechtskräftig ab. Es stellte den relevanten Wert der 3/5-Anteile des Erblassers an der Liegenschaft in der BRD mit 170.260,20 EUR und den gegenwärtigen Verkehrswert aller spanischen Liegenschaften mit 1.502.049,50 EUR fest. Da in einem von der Beklagten vorgelegten Privatgutachten die Marktpreise der spanischen Liegenschaften für 1996 mit insgesamt 537.000 EUR und für 2008 mit zusammen 683.000 EUR angegeben seien, errechne sich eine Wertsteigerung zwischen den beiden Jahren von etwa 22 %. Die vorliegenden Gutachten reichten als Grundlage für eine gesicherte Einschätzung der Klagsansprüche iSd § 273 ZPO. Die Einholung weiterer Gutachten in Spanien nehme nicht nur trotz überlanger Verfahrensdauer weitere geraume Zeit in Anspruch, sondern verursache auch weitere enorme Kosten jenseits einer prozesskosten- und verfahrensökonomischen Grenze. Es bestehe auch keine Gewähr dafür, dass das spanische Rechtshilfegericht einem allfälligen weiteren Rechtshilfeersuchen in gewünschtem Sinn auch tatsächlich nachkomme, weil der im ursprünglichen Rechtshilfeersuchen genannte Bewertungsstichtag unbeachtet geblieben sei. Unter diesen Gesichtspunkten sei unter Berücksichtigung der Wertdifferenz in beiden Gutachten der Wert der spanischen Liegenschaften für 1996 (gegenüber 2008 um 22 % reduziert) mit rund 1.181.000 EUR nach § 273 ZPO festzusetzen. Rechne man noch den Wert der in der BRD gelegenen Liegenschaft dazu, ergebe sich ein Gesamtbetrag von 1.351.260,20 EUR; davon betrage der Pflichtteilsanspruch der Klägerin 112.605,01 EUR. Die Einwendungen der Beklagten dahin, ihr Sohn habe nach dem Ableben ihres Ehemanns Investitionen in die Liegenschaften in Spanien getätigt, seien unbeachtlich, weil grob fahrlässig verspätet und unzureichend konkretisiert erhoben worden. Erst ab dem Vorliegen der Gerichtsgutachten sei die Klägerin in der Lage gewesen, ihre Ansprüche zu beziffern, da die Beklagte im Exekutionsverfahren den Wert der Liegenschaften in keiner Weise beziffert habe. Der Verjährungseinwand der Beklagten sei daher nicht zielführend.

Der Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht nur teilweise Folge. Während es die Verpflichtung zur Bezahlung eines weiteren Betrags von 58.938,35 EUR sA bestätigte, hob es das Ersturteil im Umfang von 53.666,66 EUR sA einschließlich seiner Kostenentscheidung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung auf. Die ordentliche Revision gegen das Teilurteil und den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss erklärte es für zulässig, weil höchstgerichtliche Judikatur zur Rechtsfrage der Verjährungshemmung nach § 204 BGB fehle.

Das Erstgericht habe die nach deutschem Recht zu beurteilende Frage der Verjährung zutreffend gelöst. Der ursprünglich erhobene Verjährungseinwand in Bezug auf die Klagsführung und zur Verfolgung der Auskunftspflicht nach § 2314 BGB sei bereits abschließend verneint worden. Die Verjährung werde durch die Erhebung der Klage ua auf Leistung gehemmt (§ 204 Abs 1 Z 1 BGB). Die Hemmung ende nach § 204 Abs 2 BGB sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die im Jänner 2002 mit einem Leistungsbegehren kumuliert erhobene Stufenklage habe daher die Verjährung gehemmt. Diese erstrecke sich auch auf die in der Tagsatzung vom 16. 10. 2009 erfolgte Ausdehnung des Leistungsbegehrens, weil eine als Stufenklage erhobene Leistungsklage die Verjährung auch bezüglich des noch unbezifferten Anspruchs, allerdings nur bis zur Höhe des anschließend bezifferten Betrags hemme. Dabei sei für den Umfang der Verjährungsunterbrechung der den prozessualen Anspruch bildende Streitgegenstand maßgebend, der durch den Klageantrag und den zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt werde (vgl 13 U 77/07 des Brandenburgischen Oberlandesgerichts mwN). Das Bewertungsgutachten über die spanischen Liegenschaften sei der Klägerin in deutscher Übersetzung am 20. 4. 2009 zugestellt worden; die in der Tagsatzung vom 16. 10. 2009 nach Vorliegen der gerichtlichen Gutachten erfolgte Klagsausdehnung um 103.225,29 EUR auf 139.359,14 EUR sei daher vor Eintritt der Verjährung erfolgt.

Ausgehend von der Rechtsansicht, auf das Verfahren seien stets die österreichischen Prozessvorschriften anzuwenden, verneinte das Berufungsgericht den von der Beklagten ua gerügten Verfahrensmangel, das Erstgericht habe es unterlassen, über die von der Beklagten erfolgte Ablehnung des vom spanischen Rechtshilfegericht bestellten Sachverständigen (mangels Eintragung in die dortige Sachverständigenliste, was jedoch nach spanischem Recht Voraussetzung für eine Sachverständigentätigkeit sei) zu entscheiden. Nach österreichischem Prozessrecht (§ 351 ZPO) könne nämlich jede Person zum Sachverständigen bestellt werden.

Im Übergehen des von der Beklagten gestellten, eingehend begründeten Erörterungsantrags zum Gutachten über das spanische Liegenschaftsvermögen iVm der Anwendung des § 273 ZPO bei der Ausmittlung des restlichen Pflichtteilsanspruchs der Klägerin erblickte das Berufungsgericht allerdings einen wesentlichen Verfahrensmangel. Das Erstgericht sei selbst davon ausgegangen, dass der im Rechtshilfeweg bestellte Sachverständige in Spanien sein Gutachten nicht nach dem hier notwendigen Bewertungsstichtag Dezember 1996 erstellt habe. Gerade im Hinblick darauf, dass selbst der Gesamtschätzwert des Sachverständigen zu jenem im Privatgutachten bezogen auf das Jahr 2008 schon um rund 819.000 EUR differiere, rechtfertige der Streitwert jedenfalls weitere Kosten der Schätzung der spanischen Liegenschaften zum Bewertungsstichtag Dezember 1996. Im fortgesetzten Verfahren werde das Rechtshilfegericht zu ersuchen sein, vor Beginn der neuerlichen Tätigkeit des Sachverständigen ihm den - in die spanische Sprache übersetzten österreichischen - Sachverständigeneid abzunehmen und dies entsprechend zu beurkunden.

Dennoch könne das erstgerichtliche Endurteil im Umfang von 22.804,50 EUR sA (= 58.938,35 EUR abzüglich des unbekämpft gebliebenen Zuspruchs von 36.133,85 EUR) bestätigt werden. Die Beklagte habe - abgesehen von ihrem Verjährungseinwand - den Wert der Liegenschaften in Spanien mit 537.000 EUR erkennbar zugestanden. Den vom Erstgericht mit 170.260,20 EUR festgestellten Wert der Liegenschaftsanteile in der BRD ziehe die Beklagte nicht mehr in Zweifel. Daraus folge, dass derzeit von einer Bemessungsgrundlage von zumindest 707.260,20 EUR ausgegangen werden könne; daraus errechne sich 1/12 mit 58.938,35 EUR (14.188,35 EUR für die Liegenschaftsanteile in der BRD und 44.750 EUR für die Liegenschaften in Spanien).

Die Berufungsentscheidung bekämpfen beide Seiten.

Die Klägerin erhebt Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss mit dem Antrag auf Wiederherstellung im Sinne des Ersturteils, weil das Berufungsgericht die Anwendbarkeit des § 273 ZPO zu Unrecht verneint habe.

Die Beklagte erhebt sowohl eine Revision gegen das bestätigende Teilurteil, mit der sie die Abänderung im Sinne der Abweisung von 22.804,50 EUR, hilfsweise die Aufhebung wegen Verjährung des ausgedehnten Betrags begehrt, als auch einen Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss, mit dem sie die Abweisung auch des Betrags von 53.666,66 EUR anstrebt, weil (auch) das Berufungsverfahren zur unterbliebenen Entscheidung über den Ablehnungsantrag gegen den Sachverständigen mangelhaft geblieben sei und Verjährung vorliege.

Dem treten die Parteien wechselseitig in ihren Rechtsmittelbeantwortungen entgegen.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Revision der Beklagten ist - ungeachtet des nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) - aus folgenden Gründen nicht zulässig.

In materieller Hinsicht ist es zwischen den Parteien in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen unstrittig, dass deutsches Recht anzuwenden ist. Das Fehlen einer oberstgerichtlichen Rechtsprechung zu nach kollisionsrechtlichen Bestimmungen anzuwendenden Normen ausländischen Rechts ist für die Frage der Rechtserheblichkeit nach § 502 Abs 1 ZPO ohne Bedeutung, weil der Oberste Gerichtshof nicht dazu berufen ist, für die Einheitlichkeit oder Rechtsfortbildung fremden Rechts Sorge zu tragen (RIS-Justiz RS0042940 [T8] = RS0042948 [T20]); die Revision wäre aus Gründen der Rechtssicherheit nur dann zulässig, wenn ausländisches Recht unzutreffend ermittelt oder eine im ursprünglichen Geltungsbereich des maßgeblichen fremden Rechts in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht hintangesetzt worden wäre oder hiebei grobe Subsumtionsfehler unterlaufen wären, die aus Gründen der Rechtssicherheit richtiggestellt werden müssten (RIS-Justiz RS0042940 [T9] = RS0042948 [T21]).

Derartiges wird von der Revisionswerberin, die gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zur Verjährungsfrage weder widersprechende deutsche Judikutur noch gegenteilige Lehrmeinungen nennen kann, nicht aufgezeigt. Sie hält der Argumentation, die der deutschen Judikatur und verbreiterter Lehre entspricht (vgl Heinrichs in Palandt, BGB70 [2011] § 204 Rz 2 und 13 mwN; Kessler in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB5 [2010] § 204 Rz 2 und 6; Staudinger/Peters/Jacoby [2009] § 204 Rz 13 und 15; vgl auch BGH NJW 1999, 1101; NJW 2005, 2004) im Wesentlichen nur entgegen, die Unterbrechungswirkung der Stufenklage hinsichtlich der Verjährung könne sich nur auf solche Ansprüche beziehen, die erst im Rahmen des Auskunftsbegehrens hervorgekommen seien; das treffe auf das Liegenschaftsvermögen des Erblassers in der BRD und in Spanien nicht zu, weil es der Klägerin schon bei Klagserhebung bekannt gewesen sei.

Dabei übersieht die Beklagte jedoch den Inhalt der Klage, der zu entnehmen ist, dass die Klägerin bloß Vermutungen über den tatsächlichen Wert des für sie nicht zugänglichen ausländischen Liegenschaftsvermögens anzustellen vermochte und - offenbar deshalb - ihr so genanntes Auskunftsbegehren auch die bereits in Rechtskraft erwachsene Pflicht der Beklagten umfasst, „die Schätzung der Nachlassvermögenswerte zu gestatten“. Damit verfolgte die Klägerin aber erkennbar den Zweck, durch gerichtliche Einholung von Gutachten von Sachverständigen eine verlässliche Grundlage für die Bezifferung ihres Pflichtteilanspruchs zu erhalten. Vor Ablauf der Sechsmonatsfrist des § 204 Abs 2 BGB nach Vorliegen dieser Gutachten konnte daher die mit der Erhebung der vorliegenden Stufenklage bewirkte Hemmung der Verjährung keinesfalls enden. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts steht damit im Einklang, weshalb kein grober und damit korrekturbedürftiger Subsumtionsfehler erkennbar ist.

Die Revision der Beklagten war somit als unzulässig zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Im Zwischenstreit über die mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit der Rechtsmittel gegen ein Teilurteil und einen Aufhebungsbeschluss iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO des Berufungsgerichts findet ein Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO nicht statt (RIS-Justiz RS0123222).

2. Der Rekurs der Klägerin, der die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Frage gar nicht, allerdings jene der Anwendbarkeit des § 273 ZPO aufgreift, erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:

Die Anwendbarkeit des § 273 ZPO hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab und hat daher grundsätzlich keine über diesen hinausgehende Bedeutung (RIS-Justiz RS0040494, RS0121220), sofern nicht eine - hier nicht gegebene - krasse Fehlbeurteilung oder Ermessensüberschreitung zu korrigieren ist.

Das Berufungsgericht hat die Anwendbarkeit dieser Bestimmung (anders als das Erstgericht) mit der jedenfalls vertretbaren Begründung verneint, wegen des Fehlens eines Gutachtens über den Wert Liegenschaften in Spanien zum relevanten Stichtag 12. 12. 1996 (ungeachtet des klaren Wortlauts des Rechtshilfeersuchens) und Differenzen zwischen dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen und einem Privatgutachten von rund 819.000 EUR für 2008 sei die Einholung eines (weiteren) Gutachtens zum Bewertungsstichtag Dezember 1996 unerlässlich; der hohe Streitwert (von restlich fast 54.000 EUR) rechtfertige jedenfalls dessen weitere Kosten.

Die Klägerin kritisiert daran im Wesentlichen nur, bei nochmaliger Bewertung der Liegenschaften in Spanien sei die Erzielung einwandfreier Ergebnisse nicht gewährleistet, weshalb der dafür erforderliche „immense Verfahrensaufwand“ nicht gerechtfertigt sei. Dabei wird allerdings übersehen, dass das vorliegende Gerichtsgutachten eine auch nur annähernd verlässliche Beurteilung des restlichen Pflichtteilsanspruchs im begehrten Ausmaß von 53.666,66 EUR nicht zulässt, weshalb im Bestehen auf einem weiteren Gutachten trotz der bisher langen Verfahrensdauer und der bereits entstandenen Kosten keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung erblickt werden kann (im Übrigen vergleiche unten Punkt 4.).

Der Rekurs der Klägerin war daher zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO; RIS-Justiz RS0043691).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Rekursbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen und deren Kosten daher selbst zu tragen (RIS-Justiz RS0035962). Im Zwischenstreit über die mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit der Rechtsmittel gegen ein Teilurteil und einen Aufhebungsbeschluss iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO des Berufungsgerichts findet - wie bereits oben zu Punkt 1. ausgeführt - ein Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO nicht statt (RIS-Justiz RS0123222).

3. Der Rekurs der Beklagten ist aus folgenden Gründen zulässig, im Ergebnis jedoch nicht berechtigt.

3.1. Zum auch in diesem Rechtsmittel weiter verfolgten Einwand der Verjährung genügt zunächst ein Verweis auf die Erledigung der Revision (oben Punkt 1.)

3.2. Das Vorliegen eines wesentlichen Mangels (auch) des Berufungsverfahrens im Zusammenhang mit dem vorliegenden Gutachten des vom spanischen Rechtshilfegericht bestellten Sachverständigen ist schon deshalb zu verneinen, weil sich dieses Gutachten nicht auf den für die rechtliche Beurteilung relevanten und von der Rechtsmittelwerberin selbst ausdrücklich als zutreffend bezeichneten Zeitpunkt des Todes des Erblassers (12. 12. 1996) bezieht, sondern auf den seiner Erstellung im Jahr 2008. Es wird daher im fortgesetzten Verfahren insoweit jedenfalls unbeachtet zu bleiben haben, sodass sich eine Auseinandersetzung mit seinen von der Beklagten aufgeworfenen Fehlern und Mängeln erübrigt.

3.3. Bei der Ausführung der Mängelrüge zeigt die Beklagte allerdings mit ihrem Hinweis auf die Notwendigkeit der Einhaltung des spanischen Verfahrensrechts eine verfahrensrechtliche Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts auf, die aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifen ist. Es geht nämlich - sowohl bei der Erledigung der Mängelrüge als auch bei seinen Aufträgen für das fortzusetzende Verfahren - ausdrücklich davon aus, für die Beweisaufnahme vor dem und durch das Rechtshilfegericht in Spanien sei österreichisches Verfahrensrecht anzuwenden.

Diese Rechtsansicht steht im Widerspruch zu Art 10 Abs 2 EuBVO (VO [EG] 2001/1206 des Rates vom 28. 5. 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mietgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen), der vorsieht, dass das ersuchte Gericht das Ersuchen nach Maßgabe des Rechts seines Mitgliedsstaats erledigt, also nach der lex fori des ersuchten Gerichts. Nach diesem Recht bestimmen sich daher alle Fragen, die die konkrete Durchführung der Beweisaufnahme betreffen, ua auch die Auswahl und Honorierung von Sachverständigen. Vom Grundsatz der Erledigung nach der lex fori des ersuchten Staates bestehen mehrere Ausnahmen und Ergänzungen (vgl dazu und allgemein: Mosser in Fasching/Konecny² Art 10 EuBVO Rz 10 f; Neumayr/G. Kodek in Burgstaller/Neumayr, IZVR Art 10 EuBVO Rz 5 f). Bei der Frage, welche Rechtsmittel den Parteien oder sonst von der Beweisaufnahme betroffenen Personen zur Verfügung stehen, muss zwischen der Beweisanordnung durch das ersuchte Gericht und der Beweisaufnahme durch das ersuchte Gericht unterschieden werden. Allfällige Beschwerden über die vom ausländischen Gericht angeordneten Modalitäten der Beweisaufnahme sind vor dem betreffenden ausländischen Gericht nach dessen Prozessordnung anzubringen (Rechberger/McGuire, Die Europäische Beweisaufnahme-Verordnung und Österreich, ÖJZ 2006, 829 [835 Punkt H.]). Darauf wird im weiteren Verfahren Bedacht zu nehmen sein.

Da die Berücksichtigung dieser Rechtslage im fortzusetzenden Verfahren die vom Berufungsgericht verfügte teilweise Aufhebung des Ersturteils nicht tangiert, muss der Rekurs der Beklagten im Ergebnis erfolglos bleiben.

Abschließend ist in diesem Zusammenhang auch noch auf die Möglichkeit der sogenannten passiven Rechtshilfe durch unmittelbare Beweisaufnahme durch das österreichische Gericht in einem anderen Mitgliedsstaat nach Art 1 Abs 1 lit b und 17 EuBVO iVm §§ 291a ff ZPO hinzuweisen (vgl dazu Fucik in Fasching/Konecny² Art 1 und 17 EuBVO sowie § 291a ff ZPO; Neumayr/G. Kodek in Burgstaller/Neumayr, IZVR Art 1 und 17 EuBVO; Rechberger/McGuire aaO Punkt F.).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

4. Zusammenfassend hat es daher sowohl beim stattgebenden Teilurteil des Berufungsgerichts als auch bei der Aufhebung des Endurteils des Erstgerichts im Umfang von 53.666,66 EUR zu bleiben, um eine neuerliche Schätzung der Liegenschaften in Spanien zum rechtlich relevanten Zeitpunkt (12. 12. 1996) nachzuholen.

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