OGH 6Ob7/11i

OGH6Ob7/11i24.2.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. E***** S*****, 2. K***** W*****, beide vertreten durch Dr. Gerhard Ebner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. M***** W*****, 2. E***** W*****, beide vertreten durch Dr. Holzmann Rechtsanwalts GmbH in Innsbruck, wegen je 23.290,73 EUR sA, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 1. Juli 2010, AZ 1 R 112/10w, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 27. Jänner 2010 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der erstbeklagten Partei binnen 14 Tagen jeweils die Hälfte der mit insgesamt 1.692,11 EUR (darin 282,02 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Kläger und der Zweitbeklagte sind Kinder, die Erstbeklagte die Schwiegertochter des am 12. 10. 2002 verstorbenen Erblassers. Am 20. 12. 1981 schlossen der Erblasser und seine Ehegattin mit dem Zweitbeklagten einen als „Schenkungsvertrag“ bezeichneten Vertrag, mit dem sie diesem die Liegenschaft EZ ***** übertrugen. Der Zweitbeklagte verpflichtete sich im Gegenzug zu Pflegeleistungen. Der Wert der Pflegeleistungen konnte nicht festgestellt werden. Weiters übertrugen der Erblasser und seine Ehegattin mit Schenkungsvertrag vom 24. 4. 2002 weitere Liegenschaften an die Erstbeklagte. Diese Liegenschaften wiesen einen Wert von 115.200 EUR auf. Nach dem Tod des Erblassers zahlten die beklagten Parteien jeweils 10.000 EUR an die Kläger.

Im Revisionsverfahren ist lediglich das Begehren von je 23.290,73 EUR der beiden klagenden Parteien gegen die erstbeklagte Partei gegenständlich.

Das Erstgericht verpflichtete die Erstbeklagte zur Zahlung von jeweils 8.581,50 EUR. Die Beklagten seien der ihnen obliegenden Beweispflicht, dass es sich entgegen dem Wortlaut nicht um eine Schenkung gehandelt habe, nicht nachgekommen.

Das Berufungsgericht verpflichtete die Erstbeklagte zur Zahlung von jeweils lediglich 1.400 EUR sA an die Kläger. Der Vertrag vom 20. 12. 1981 enthalte auch entgeltliche Elemente. Beweispflichtig für das Vorliegen einer Schenkung oder einer gemischten Schenkung sei der Pflichtteilsberechtigte, weil Schenkungen nicht zu vermuten seien. Dieser Beweis sei den Klägern nicht gelungen. Daher hätten die Kläger lediglich Anspruch auf den Pflichtteil aus 115.200 EUR, wobei jeweils 5.000 EUR je Kläger abzuziehen seien.

Nachträglich ließ das Berufungsgericht die ordentliche Revision mit der Begründung zu, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass den Negativfeststellungen des Erstgerichts ein anderer Sinn beizumessen sei als vom Berufungsgericht angenommen wurde.

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Schenkungen sind grundsätzlich nicht zu vermuten. Derjenige, der das Vorliegen einer (gemischten) Schenkung als anspruchsbegründende Tatsache behauptet, ist dafür beweispflichtig (RIS-Justiz RS0018794). Ob eine gemischte Schenkung vorliegt, ist jeweils eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0018795 [T6]).

Ausgehend von den Negativfeststellungen der Vorinstanzen wurde eine Schenkungsabsicht im vorliegenden Fall gerade nicht festgestellt. Auch das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses zwischen der Zuwendung und dem Wert der übernommenen Pflegeleistungen konnte nicht festgestellt werden. Damit müssen aber verbleibende Unklarheiten zu Lasten der Kläger gehen. Im Übrigen bildet die Auslegung der Urteilsfeststellungen im Einzelfall regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.

Soweit die Kläger rügen, es handle sich um eine Überraschungsentscheidung, ist die Revision zudem nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil nicht dargelegt wird, welches zusätzliche oder andere Vorbringen sie aufgrund der von ihnen nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätten. Werden nur dieselben Tatsachen, die schon der bisher erörterten Rechtslage zugrunde lagen, rechtlich anders gewertet, kann die Verletzung des § 182a ZPO keine Rechtsfolgen haben (RIS-Justiz RS0120056 [T12, T13]; RS0037095 [T6]).

Die Übernahme der Feststellungen des Erstgerichts durch das Berufungsgericht kann schon begrifflich nicht aktenwidrig sein (RIS-Justiz RS0043347 [T12]).

Damit bringen die klagenden Parteien aber keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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