OGH 8Ob44/10v

OGH8Ob44/10v22.2.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Konkurssache der Gemeinschuldnerin E***** GmbH, *****, Masseverwalterin Mag. Barbara Senninger, Rechtsanwältin in Stegersbach, wegen Bestellung der Masseverwalterin zur Treuhänderin der Gläubiger, über den Revisionsrekurs der Gläubigerin B*****, vertreten durch Mag. Klaus Philipp, Rechtsanwalt in Mattersburg, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 25. Februar 2010, GZ 28 R 246/09s-27, womit der Rekurs der Gläubigerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 25. Mai 2009, GZ 41 S *****-16, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wurde am 11. 3. 2009 der Konkurs eröffnet. In der Zwangsausgleichs- und Schlussrechnungslegungstagsatzung am 25. 5. 2009 nahmen die Gläubiger mehrheitlich einen verbesserten Zwangsausgleich an, wonach sie eine binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des Zwangsausgleichs zahlbare Quote von 20 % erhalten sollten. Die Annahme des Zwangsausgleichs wurde am 27. 5. 2009 in der Insolvenzdatei bekannt gemacht. Mit Beschluss vom 9. 6. 2009, in der Insolvenzdatei bekannt gemacht am 10. 6. 2009, wurde der Zwangsausgleich gemäß § 152 Abs 1 KO konkursgerichtlich bestätigt und erwuchs in Rechtskraft.

Das Erstgericht fasste noch in der Tagsatzung vom 25. 5. 2009 den angefochtenen Beschluss mit folgendem Wortlaut: „Die Masseverwalterin wird zur Treuhänderin sämtlicher Gläubiger betreffend die noch geltend zu machenden Anfechtungsansprüche bestellt und wird dazu festgehalten, dass die daraus erzielten Erlöse als Superquote an die Gläubiger ausgeschüttet werden.“ Dieser Beschluss wurde am 22. 10. 2009 in der Insolvenzdatei kundgemacht.

Den dagegen von der Gläubigerin erhobenen Rekurs wies das Rekursgericht zurück. Der Rekurs sei zwar fristgerecht erhoben worden, jedoch fehle es der Gläubigerin an der Rechtsmittellegitimation. Der angefochtene Beschluss sei nicht als Bestandteil des Zwangsausgleichs anzusehen, er verletze keine rechtliche Position der Gläubigerin. Sofern die (zur Treuhänderin bestellte) Masseverwalterin Anfechtungsansprüche einbringlich machen könne, werde die Gläubigerin dadurch ausschließlich begünstigt. Ein daraus resultierender Entlohnungsanspruch begründe eine Masseforderung, die nach Aufhebung des Konkurses gegen den ehemaligen Gemeinschuldner geltend zu machen sei. Unterliege die Masseverwalterin in einem Anfechtungsprozess, so seien die daraus resultierenden Prozesskosten ebenfalls Masseforderungen, für die nach Aufhebung des Konkurses der ehemalige Gemeinschuldner einzustehen habe. Eine Ersatzpflicht für allfällige Kosten der Masseverwalterin als Treuhänderin könne die Gläubigerin nicht treffen, weil es dafür an einer gesetzlichen Grundlage fehle. Der Anfechtungsgegner sei nicht Beteiligter des Konkursverfahrens, sodass ihm auch keine Rekurslegitimation zustehe. Der Gläubigerin selbst stehe kein rechtlich zu schützendes Interesse an einer bestimmten Stimmrechtsausübung eines potentiellen Anfechtungsgegners in der Zwangsausgleichstagsatzung zu.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Rekurslegitimation einer Konkursgläubigerin in einer Verfahrenskonstellation wie der vorliegenden keine Rechtsprechung vorliege.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Gläubigerin.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

1. Vorauszuschicken ist, dass nach den Übergangsbestimmungen des § 273 IO auf das vor dem 1. 7. 2010 eröffnete Konkursverfahren die Änderungen der KO durch das IRÄG 2010 nicht anzuwenden sind; im Folgenden werden daher noch die vor Inkrafttreten des IRÄG 2010 geltenden Gesetzesbegriffe verwendet.

2. Im Konkursverfahren ist grundsätzlich jeder zum Rekurs befugt, der in seinem Recht verletzt wird; ein bloßes wirtschaftliches Interesse genügt nicht (8 Ob 96/10s mwH). Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, kommt einzelnen Konkursgläubigern im Verwertungsverfahren kein Individualmitwirkungsrecht und daher kein Rekursrecht gegen Beschlüsse des Konkursgerichts zu (RIS-Justiz RS0065135, RS0114471, RS0102114). Ausgehend davon zeigt die Gläubigerin in ihrem Revisionsrekurs keine unvertretbare Fehlbeurteilung des Rekursgerichts auf, die eine Zulässigkeit des Revisionsrekurses rechtfertigen könnte.

3.1 Die Gläubigerin kann ihre Rechtsmittellegitimation nicht damit begründen, dass sich die Entstehung des Zwangsausgleichs und dessen Zustandekommen bei Kenntnis von noch geltend zu machenden Anfechtungsansprüchen anders gestaltet hätte. Die Bestätigung des Zwangsausgleichs erwuchs unangefochten in Rechtskraft, sie wird vom angefochtenen Beschluss nicht berührt.

3.2 Der Anspruch der Gläubigerin auf Erfüllung des Zwangsausgleichs wird weder durch den angefochtenen Beschluss selbst, noch durch geplante Rechtshandlungen der - mit oder ohne taugliche Rechtsgrundlage - bestellten „Treuhänderin“ betroffen. Die Erfüllung des Zwangsausgleichs war durch den angefochtenen Beschluss auch nicht gefährdet; im Gegenteil zielt das Ergebnis der in Aussicht genommenen Tätigkeit der Treuhänderin auf eine Erhöhung der Quote („Superquote“) und damit auf eine Verbesserung der Stellung auch der Revisionsrekurswerberin.

3.3 Mit ihrer Behauptung, dass sie durch den angefochtenen Beschluss nun - ungeachtet des bestätigten Zwangsausgleichs - nachträglich Anfechtungsansprüchen und damit einem Kostenrisiko ausgesetzt sei, zeigt die Gläubigerin lediglich wirtschaftliche Interessen auf. Erkennbar will die Gläubigerin ihre Rechtsmittellegitimation aus ihrer Stellung als Anfechtungsgegnerin ableiten. Dazu hat bereits das Rekursgericht zutreffend ausgeführt, dass ein Prozessgegner der (ehemaligen) Masse kein Beteiligter des Konkursverfahrens ist (8 Ob 26/94; 8 Ob 56/10k). Nach rechtskräftiger Aufhebung des Konkurses besteht keine Konkursmasse mehr, die mit Kosten eines allenfalls von der Treuhänderin verlorenen Anfechtungsverfahrens belastet werden könnte. Die im Revisionsrekurs genannten Bedenken über deren rechtliches Schicksal mögen allenfalls ein wirtschaftliches Interesse der Gläubigerin begründen. Ihre Rechtsposition wird davon aber nicht betroffen, weshalb der Revisionsrekurs zurückzuweisen war.

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