OGH 5Ob154/10y

OGH5Ob154/10y9.2.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. Dr. Karl A*****-W*****, vertreten durch DDr. Paul Hopmeier Rechtsanwalts KEG in Wien, 2. Hermann G*****, vertreten durch Dr. Andreas Hanusch, Rechtsanwalt in Wien, 3. Andrea K*****, 4. T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Georg Angermaier, Rechtsanwalt in Wien, 5. Stadt Wien, 1082 Wien, Rathaus, vertreten durch Dr. Peter Rudeck und Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin MuseumsQuartier Errichtungs- und BetriebsgesmbH, 1070 Wien, Museumsplatz 1, vertreten durch Kadlec & Weimann Rechtsanwalts KG in Wien, sowie sämtlicher übrigen Hauptmieter der Liegenschaft 1070 Wien, Museumsplatz 1, darunter die Einschreiterin (vormals: FN *****) P***** GmbH, *****, vertreten durch Ploil Krepp & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen §§ 17, 37 Abs 1 Z 9 MRG, über die Revisionsrekurse der 4. und 5. Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. April 2010, GZ 41 R 113/08h-110, mit dem infolge der Rekurse der 4. Antragstellerin, der Antragsgegnerin und der Einschreiterin der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 7. März 2008, GZ 3 Msch 52/03h-93, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beiden Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Antragsteller sind (frühere) Mieter bzw (sonstige) Nutzer von Bestandobjekten auf der im grundbücherlichen Eigentum der Republik Österreich stehenden Liegenschaft 1070 Wien, Museumsplatz 1 (EZ 320 GB 01010 Neubau; „MuseumsQuartier“; fortan nur mehr: MQ).

Die Antragsgegnerin ist die per Gesetz (BGBl 1990/372) in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (FN 40592w) gegründete, fruchtgenussberechtigte Verwalterin der Liegenschaft. Die Republik Österreich hält einen Anteil von 75 % und die 5. Antragstellerin einen solchen von 25 % am Stammkapital. Im Sinn des § 1 Abs 1 BGBl 1990/372 (idF BGBl I 2002/14) war bzw ist die Antragsgegnerin für die Planung, den Bau, die Erhaltung, die Liegenschaftsverwaltung und die Betriebsführung des MQ zuständig. § 2 leg cit ermächtigte den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung im Einvernehmen mit den Bundesministern für Finanzen und für wirtschaftliche Angelegenheiten, der Gesellschaft die Planung, den Bau, die Erhaltung, die Liegenschaftsverwaltung und die Betriebsführung zwecks Gestaltung von Teilen oder des ganzen Areals als MQ im Interesse einer wirtschaftlichen und zügigen Abwicklung zu übertragen. Nach § 3 Abs 1 BGBl 1990/372 hat der Bund der Antragsgegnerin die Kosten des MQ sowie den daraus erwachsenden Personal- und Sachaufwand nach einem von der Antragsgegnerin im Einvernehmen mit den Bundesministern für Finanzen, für wirtschaftliche Angelegenheiten und für Wissenschaft und Forschung zu erstellenden jährlichen Finanzplan zu ersetzen. § 4 Z 2 leg cit schließlich verpflichtet den Bund, darauf hinzuwirken, dass sich die 5. Antragstellerin verpflichtet, zu den Kosten der im MQ geplanten Kunsthalle einen Beitrag von 50 % zu leisten.

Große Teile des MQ in seiner heutigen Form sind dann auf der Basis einer Ausschreibung mit Architektenwettbewerb unter massiver Zuhilfenahme öffentlicher Mittel - sowohl aus dem Bundesbudget als auch aus dem Budget der 5. Antragstellerin - errichtet worden. Die eigentlichen Umbauarbeiten begannen im April 1988 und endeten im Laufe des Jahres 2001. Die offizielle Eröffnung erfolgte in zwei Etappen im Juni und September 2001.

Insgesamt sind im Zuge der Umbauarbeiten auf dem Areal des früheren Messegeländes und heutigen MQ zahlreiche Gebäude um- und ausgebaut, im Wesentlichen aber nicht neu errichtet worden. Die wenigen neu errichteten Gebäude, wie etwa das MUMOK, sind mit dem schon vorher vorhanden gewesenen Altbestand baulich verbunden.

Die Antragsteller stellten im zugrundeliegenden Verfahren ein Begehren auf Überprüfung der Verteilung der „Gesamtkosten“ iSd § 17 MRG betreffend das MQ.

Das Erstgericht stellte mit seinem Sachbeschluss für das MQ die Nutzflächen der einzelnen Bestandobjekte (in m²) und die daraus resultierenden prozentuellen Anteile der einzelnen Bestandobjekte an den „Gesamtkosten“ für die Liegenschaft ab dem Jahr 1999 ziffernmäßig fest. Das Erstgericht traf dabei - soweit für das Revisionsrekursverfahren relevant - folgende (gekürzt und zusammengefasst wiedergegebene) Feststellungen:

Ursprünglich waren der 4. Antragstellerin von der Antragsgegnerin im Jahr 1998 gewisse Räumlichkeiten zugewiesen worden, bei denen es sich um leere, denkmalgeschützte „Raumhüllen“ handelte. Die betreffenden Bauteile wiesen eine Fläche „von ca 800 m²“ auf, worauf der vorgesehene Betrieb des Tanzquartiers nicht zu bewältigen war. Ein neues Konzept sollte dafür sorgen, dass die Tanzstudios eine maximale Ausdehnung haben und unabhängig voneinander begehbar sein sollten. Dies wurde baulich dadurch erreicht, dass über den Tanzstudios eine Zwischenebene eingezogen sowie eine Brücke eingebaut und diese über die Tanzstudios gelegt wurde. In dieser Zwischenebene erfolgte dann auch der Einbau einer Bibliothek und eines Informationszentrums. Diese Umbauarbeiten (Zwischengeschoß insbesondere mit Galerie und Bibliothek) beauftragte die Antragsgegnerin. Alle Um- und Ausbauarbeiten waren mit der 5. Antragstellerin abgestimmt und wurden von dieser finanziert. Die von der 4. Antragstellerin nunmehr genutzten Räumlichkeiten weisen eine Nutzfläche von 1.317,20 m² auf. Die Nutzflächen der später errichteten Bereiche belaufen sich auf 331,76 m² (Zwischengeschoß - Galerie, Bibliothek - 241,89 m²; Zwischengeschoß - Garderoben und Duschen - 58,66 m²; Dachgeschoß - Verbindungsweg und Gang - 31,21 m² [= 1/3 Mitbenützung neben zwei weiteren Nutzern]).

Die 4. Antragstellerin in ihrer heutigen Rechtsform (GmbH) wurde am 12. 12. 2000 errichtet und am 1. 2. 2001 ins Firmenbuch eingetragen. Ihre alleinige Gesellschafterin ist die 5. Antragstellerin. Die 4. Antragstellerin nutzte die ihr zustehenden Räumlichkeiten zunächst aufgrund eines „Prekariums“ gegen Bezahlung nur der Betriebskosten an die frühere Hausverwaltung. Mit Wirkung vom 16. 6. 2005 hat die Antragsgegnerin mit der 5. Antragstellerin über die von der 4. Antragstellerin genutzten Flächen einen „Leihvertrag“ abgeschlossen. Seither besteht kein direktes Vertragsverhältnis zwischen der 4. Antragstellerin und der Antragsgegnerin mehr.

Die von der 5. Antragstellerin genutzten Räumlichkeiten weisen insgesamt laut einer vom Erstgericht näher ausgewiesenen Aufstellung eine (Nutz-)Fläche von 14.699,40 m² auf. Die im Zuge der Um- und Ausbauarbeiten neu geschaffenen Flächen belaufen sich auf jedenfalls rund 3.500 m². Die Übergabe der Objekte erfolgte zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Jahr 2001. Die Aufträge zur Durchführung der Arbeiten erteilte die Antragsgegnerin. Die 5. Antragstellerin war die faktische und wirtschaftliche Bauherrin, die insbesondere die Arbeiten weitgehend finanzierte. Die Trennung zwischen (juristischer) Auftraggeberin (Antragsgegnerin) und wirtschaftlicher Bauherrin (5. Antragstellerin) hatte vergaberechtliche Gründe.

Rechtlich ging das Erstgericht von der Aktivlegitimation der 4. Antragstellerin sowie davon aus, dass das Areal des MQ in den Vollanwendungsbereich des MRG falle. § 17 Abs 2 letzter Satz MRG (Irrelevanz bestimmter Nutzflächenänderungen) sei mit 1. 1. 2000 in Kraft getreten und daher auf die hier fraglichen Um- und Ausbauten grundsätzlich anwendbar, weil die Übergabe der betreffenden Objekte erst 2001 erfolgt sei. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise seien die nachträglichen baulichen Maßnahmen als solche der Mieterin (5. Antragstellerin) und der „sonstigen Nutzerin“ (4. Antragstellerin) zu werten. Schließlich stehe der Anwendung des § 17 Abs 2 letzter Satz MRG auch der Umstand nicht entgegen, dass davon relativ große Flächen betroffen seien, weil weder das Gesetz noch die einschlägigen ErläutRV zu WRN 1999 auf den Umfang der Nutzflächenänderungen abstellten. Im Ergebnis folge daraus, dass in Anwendung des § 17 Abs 2 letzter Satz MRG bei der 4. Antragstellerin die Bereiche Galerie/Brücke und Bibliothek im Tanzquartier sowie bei der 5. Antragstellerin bestimmte Bereiche der Hallen E und G unberücksichtigt bleiben müssten, sodass sich bei einer anrechenbaren Gesamtnutzfläche von 52.066,98 m² für die 4. Antragstellerin eine Nutzfläche von 985,44 m² (statt 1.317,20 m²) und bei der 5. Antragstellerin - nach Abzug nicht nutzflächenrelevanter (kleinerer) Räume (zB Maschinenraum, Belüftungsanlage etc) und nach § 17 Abs 2 letzter Satz MRG irrelevanter Änderungen - eine solche von 9.431,05 m² (statt 14.699,40 m²) ergebe. Davon scheide der über den Veranstaltungshallen E und G neu errichtete Dachboden (ca 1.600 m²) überdies auch mangels Eignung für Wohn- und Geschäftszwecke als Nutzfläche aus.

Das Rekursgericht gab den gegen diese Entscheidung gerichteten Rekursen der 4. Antragstellerin, der Antragsgegnerin und der Einschreiterin P***** GmbH dahin Folge, dass es den Sachbeschluss des Erstgerichts aufhob und diesem eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftrug.

Im Zentrum der rechtlichen Beurteilung stehe die Frage, ob hier § 17 Abs 2 letzter Satz MRG der Einbeziehung nachträglich geschaffener Nutzflächen (nicht) entgegenstehe. Angesichts der Besonderheiten bei Auftragserteilung und Finanzierung der Aus- und Umbauten sei zweifelhaft, ob es sich dabei um Maßnahmen „des Mieters oder sonstigen Nutzers“ gehandelt habe. Es sei auch keineswegs eindeutig - und gegebenenfalls nach einzelnen Baumaßnahmen differenziert zu lösen -, ob (durchwegs) bauliche Maßnahmen „im Inneren der Wohnung oder des sonstigen Mietgegenstandes“ vorlägen. Diese Rechtsfragen müssten aber nicht abschließend geklärt werden, weil § 17 Abs 2 letzter Satz MRG unter dem Gesichtspunkt der „Erheblichkeit“ der neu geschaffenen Nutzflächen einschränkend zu interpretieren sei. Der Oberste Gerichtshof habe in seiner Entscheidung 5 Ob 132/04d (= SZ 2004/137 = wobl 2005/90 = immolex 2004/144 [Prader]) eine teleologische Reduktion propagiert, wonach von § 17 Abs 2 letzter Satz MRG nur solche Änderungen erfasst sein könnten, die sich bloß geringfügig auf die vom Gesetzgeber angestrebte gerechte Verteilung der Betriebskosten auswirkten. Im Wohnrecht sei zwar bei der teleologischen Auslegung besondere Zurückhaltung angebracht; aus den einschlägigen ErläutRV gehe allerdings klar hervor, dass mit der primär im Vordergrund gestandenen „Praktikabilität der Hausbewirtschaftung“ der Aspekt der „Verteilungsgerechtigkeit“ nicht preisgegeben werden sollte. Letztgenannter Aspekt käme aber geradezu „unter die Räder“, erstreckte man die Irrelevanz einer Nutzflächenänderung auch auf das Hinzukommen von sowohl absolut als auch relativ riesigen Flächen, die selbst bei weitherzigstem Verständnis nicht mehr als geringfügig zu bezeichnen seien. Für die von der 5. Antragstellerin vertretene Ansicht, dass mit § 17 Abs 2 letzter Satz MRG primär eine Privilegierung des Baukostenträgers beabsichtigt gewesen sei, fehle ein Anhaltspunkt in den ErläutRV und es bliebe unverständlich, warum dann nicht auch der Vermieter begünstigt werde und die Privilegierung auf Maßnahmen im Innern des Bestandobjekts beschränkt sei. Im Ergebnis sei daher davon auszugehen, dass die nachträglich neu geschaffenen Nutzflächen in den Verteilungsschlüssel aufzunehmen seien. Dies erfordere eine Verfahrensergänzung zur Klärung, welche konkreten Flächen zu welchen Zeitpunkten fertiggestellt bzw übergeben worden seien. Die Technikräume seien der 4. Antragstellerin mit einem Drittel der Nutzfläche zuzurechnen, weil diese von drei Nutzern verwendet würden.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der teleologischen Reduktion bei der Auslegung des § 17 Abs 2 letzter Satz MRG noch keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege. Aus 5 Ob 132/04d ließe sich zwar die Präferenz für die hier vom Rekursgericht vertretene teleologische Reduktion erschließen, doch sei dort diese Frage letztlich dahingestellt geblieben.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse der 4. und 5. Antragstellerin jeweils wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die 4. Antragstellerin begehrte die Abänderung des Beschlusses des Rekursgerichts dahin, dass die Nutzfläche der 4. Antragstellerin mit 891,35 m² festgelegt werde. Die 5. Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses und stellt in eventu auch einen Aufhebungsantrag.

Die Antragsgegnerin erstattete Revisionsrekursbeantwortungen jeweils mit dem Antrag die Revisionsrekurse der 4. und 5. Antragstellerin zurück- bzw abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionsrekurse sind zulässig, weil zur Auslegung des § 17 Abs 2 letzter Satz MRG noch keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliegt; beide Revisionsrekurse sind jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.

1. Vorauszuschicken ist zunächst, dass im Revisionsrekursverfahren die den Entscheidungen der Vorinstanzen zugrunde gelegenen Beurteilungen, die hier fraglichen Bestandobjekte unterlägen dem Vollanwendungsbereich des MRG und namentlich die 4. Antragstellerin sei aktivlegitimiert, nicht mehr aufgegriffen werden. Auf diese - rechtlich selbstständigen - Fragen ist daher nicht mehr einzugehen (vgl RIS-Justiz RS0043338; 5 Ob 189/09v mwN = immolex 2010/87 [Limberg]); sie sind abschließend geklärt. Ebenfalls unstrittig ist die grundsätzliche intertemporale (übergangsrechtliche) Anwendbarkeit des § 17 Abs 2 letzter Satz MRG auf den vorliegenden Fall.

2. Insoweit nicht zwischen dem Vermieter und allen Mietern für einzelne Aufwendungen des Hauses schriftlich ein anderer Verteilungsschlüssel vereinbart worden oder gesetzlich Abweichendes vorgesehen ist, bestimmt sich gemäß § 17 Abs 1 MRG der Anteil eines Mietgegenstands an den Gesamtkosten des Hauses nach dem Verhältnis der Nutzfläche des Mietgegenstands zur Nutzfläche aller vermieteten, vom Vermieter benützten oder trotz ihrer Vermietbarkeit nicht vermieteten Wohnungen oder sonstigen Mietgegenstände des Hauses. Nach § 17 Abs 2 MRG ist die Nutzfläche, die in Quadratmetern auszudrücken ist, die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder eines sonstigen Mietgegenstands abzüglich der Wandstärken und der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen). Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind, sowie Treppen, offene Balkone und Terrassen sind bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 17 Abs 2 letzter Satz MRG bleiben Veränderungen der Nutzfläche aufgrund baulicher Maßnahmen des Mieters oder sonstigen Nutzers im Inneren der Wohnung oder des sonstigen Mietgegenstands einschließlich der Verglasung von Balkonen bis zur Beendigung seines Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses unberücksichtigt.

3. § 17 Abs 2 letzter Satz MRG wurde mit der Wohnrechtsnovelle (WRN) 1999 (BGBl I 1999/147) angefügt. In den ErläutRV (RV 1674 BlgNR 20. GP, 5 und 12) heißt es dazu:

„...

Die Schwerpunkte des Gesetzesentwurfs sind … Erleichterungen für die auf der Nutzfläche beruhende Abrechnung und Kostenverteilung … durch den Ausschluß von Fehlerquellen bei Veränderungen der Nutzfläche infolge baulicher Maßnahmen im Innern eines Mietgegenstandes ...

Nach geltender Rechtslage können - selbst geringe - bauliche Maßnahmen des Mieters im Inneren seines Mietobjekts zu einer Veränderung der Nutzfläche des Objekts und damit des gesamten Verteilungsschlüssels führen. In weiterer Folge bewirkt dies die Unrichtigkeit einer auf dem bisherigen Verteilungsschlüssel beruhenden Abrechnung. Insofern ist jede Abrechnung in ihrer Richtigkeit durch letztlich für den Vermieter unbeeinflußbare Fehlerquellen in Gestalt solcher Nutzflächenänderungen selbst marginaler Art (beispielsweise durch Verfliesen eines Badezimmers) bedroht. Dies ist der Praktikabilität der Hausbewirtschaftung abträglich, andererseits aber aus dem Aspekt der Verteilungsgerechtigkeit keineswegs zwingend. Deshalb wird im vorgeschlagenen § 17 Abs 2 MRG angeordnet, daß Veränderungen der Nutzfläche auf Grund baulicher Maßnahmen des Mieters im Inneren des Mietobjekts bis zur Beendigung dieses Mietverhältnisses für die Berechnung der Nutzfläche und damit für den Verteilungsschlüssel im Haus unberücksichtigt bleiben. Um Zweifel darüber auszuschließen, ob der sehr häufige Fall der Verglasung eines Balkons noch eine bauliche Maßnahme im Inneren des Mietgegenstandes darstellt, wird diese Maßnahme in der Formulierung ausdrücklich erwähnt.

Durch die Nennung des ‘sonstigen Nutzers' wird klargestellt, daß auch bauliche Maßnahmen des selbstnutzenden Vermieters in dem von ihm benützten Objekt von dieser Begünstigungsregelung erfaßt sind, dies aber nur bis zur Beendigung dieser Nutzung. Veränderungen des Vermieters an leerstehenden Objekten fallen somit nicht unter diese Regelung.“

4.1. Der Oberste Gerichtshof hat sich mit § 17 Abs 2 letzter Satz MRG (idF WRN 1999) erstmals in der Entscheidung 5 Ob 132/04d (= SZ 2004/137 = wobl 2005/90 = immolex 2004/144 [Prader]) befasst. Er kam zum Ergebnis, dass die dort zu beurteilenden - dislozierten - Kellerräumlichkeiten zwar mitvermietet waren, aber nicht zum „Inneren“ des Mietobjekts im Sinn der genannten Bestimmung gehörten, mussten diese Räumlichkeiten doch erst durch den Bau einer eigenen Stiege erschlossen werden, um sie für geschäftliche Zwecke nutzen zu können. In dieser Entscheidung führte der erkennende Senat - obiter - aus, „dass von der Regelung des § 17 Abs 2 letzter Satz MRG idF der WRN 1999 bei teleologischer Betrachtung wohl nur solche Änderungen erfasst sein können, die sich nur geringfügig auf die vom Gesetzgeber angestrebte gerechte Verteilung der Betriebskosten auswirken“.

4.2. Prader merkte zu dieser Entscheidung (in immolex 2004/144) an, dass das Abgrenzungskriterium der „Geringfügigkeit“ wenig aussagekräftig sei, da im Inneren des eigentlichen bislang bereits nutzflächenrelevanten Objekts vom Gesetzeswortlaut alle Änderungen erfasst seien. Etwas anderes könnte bei einschränkender Auslegung wohl nur dann gelten, wenn durch die baulichen Maßnahmen im Inneren des Mietobjekts an und für sich neue Objekte geschaffen werden (zB in hohen Räumen ein neuer Stock geschaffen würde, der als neue eigene Einheit zu behandeln wäre: Lokal unterteilt in 1. und 2. Stock).

4.3. Vonkilch (Die Neuerungen der MRG-Novelle 2001 und ihr Beitrag zur Konsolidierung des Wohnrechts, immolex 2002, 39 [FN 39]) sieht den Zweck des § 17 Abs 2 letzter Satz MRG in der Vermeidung, dass durch relativ geringfügige und vom Vermieter nicht einsehbare und schon gar nicht beeinflussbare Maßnahmen des Mieters der Verteilungsschlüssel nachträglich unrichtig wird und dadurch auch die Richtigkeit der Betriebskostenabrechnungen quantitativ vernachlässigbaren, aber immerhin vorhandenen Fehlerquellen ausgesetzt ist. Aus diesem Grund schlägt auch Vonkilch (aaO) eine teleologische Reduktion des § 17 Abs 2 letzter Satz MRG für den Fall des nachträglichen Ausbaus eines angemieteten Rohdachbodens vor (idS auch E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 17 MRG Rz 44).

4.4. Stabentheiner (Die miet- und wohnungseigentumsrechtlichen Teile der Wohnrechtsnovelle 1999, wobl 1999, 285 [292]) vertritt demgegenüber die Ansicht, dass es für die Frage, auf welche Baumaßnahmen sich das Irrelevanzgebot des § 17 Abs 2 letzter Satz MRG beziehe, das Ausmaß der dadurch faktisch bewirkten Flächenänderung nicht von Bedeutung sei. Es gehörten weitreichende Änderungen ebenso in den sachlichen Anwendungsbereich der Regelung wie solche nur marginaler Art. Als von § 17 Abs 2 letzter Satz MRG mitumfasst sieht Stabentheiner daher auch eine Nutzflächenvergrößerung durch Einziehen einer Zwischendecke (aaO FN 51).

5. Es kann hier dahin stehen, ob sich der in 5 Ob 132/04d - obiter - angesprochene Gedanke, nicht mehr bloß geringfügige Nutzflächenänderungen dürften ungeachtet § 17 Abs 2 letzter Satz MRG nicht unberücksichtigt bleiben, als generelle Einschränkung dieser Bestimmung auf ein tragfähiges Auslegungsergebnis zu stützen vermag. Dass hier in bestimmten Bereichen (auch) „Veränderungen der Nutzfläche ... im Inneren ... des ... Mietgegenstandes“ erfolgten, welche (auch) von einer Mieterin (5. Antragstellerin) wesentlich (mit-)finanziert wurden, führt aber nach Auffassung des Senats zumindest im vorliegenden - eine ganz spezifische Konstellation betreffenden - Fall unter teleologischen Gesichtspunkten nicht zur Anwendung des § 17 Abs 2 letzter Satz MRG:

5.1. Nach dem Gesetzeswortlaut unzweifelhaft ist, dass von § 17 Abs 2 letzter Satz MRG nur Baumaßnahmen im Inneren des Mietgegenstands und die Verglasung von Balkonen erfasst sind, die entweder vom Mieter oder vom „sonstigen Nutzer“ (zB Vermieter bei selbstgenutzten Räumen) durchgeführt wurden. Damit scheiden einerseits (auch kleinste) Zubauten und Änderungen an ungenutzten (leerstehenden) Objekten aus dem Anwendungsbereich des § 17 Abs 2 letzter Satz MRG aus (ErläutRV 1674 BlgNR 20. GP 12; idS auch Stabentheiner aaO wobl 1999, 292).

Der Zweck der Regelung soll der Ausschluss von Fehlerquellen (gemeint: für den Verteilungsschlüssel) bei Veränderungen der Nutzfläche sein. Solche, dem Vermieter kaum erkennbare Fehlerquellen werden sich im Regelfall dann ergeben, wenn besagte Baumaßnahmen vom Mieter durchgeführt werden, nur einen geringen Umfang aufweisen und sich - ausschließlich - auf den betreffenden Mietgegenstand beschränken (vgl die schon oben wiedergegebene Beschreibung des Gesetzeszwecks bei Vonkilch aaO immolex 2002, 39 [FN 39]).

5.2. Wird dagegen das gesamte Gebäude großzügig umgestaltet, einer neuen Nutzung zugeführt, werden zahlreiche Um- und Ausbauten auf der Basis von Architektenplänen durchgeführt und werden dabei - auch - einzelne Bestandobjekte im Innern umgestaltet, dann sind Nutzflächenänderungen keine dem Vermieter verborgen bleibende Fehlerquellen, sondern geradezu eine Selbstverständlichkeit, die schon anhand vorliegender Planunterlagen jederzeit nachvollziehbar sind. Bei einer solchen Sachlage geht es also nicht mehr bloß um einen Ausschluss von Fehlerquellen, sondern um eine evidente Nutzungsneuordnung eines gesamten Gebäudes. Auf den vorliegenden Fall treffen diese Überlegungen ganz besonders zu:

Die hier erfolgten Um- und Ausbauarbeiten dienten nach einem Jahrzehnte währenden Diskussionsprozess einer gesamthaften und der Art nach völlig neuen Nutzbarmachung der ehemaligen Hofstallungen, einem flächenmäßig (ca 52.000 m² vom Erstgericht angenommene Gesamtnutzfläche) und in seiner baulichen Gestaltung unvergleichlichen Gebäudekomplex. Sie stellten das konzeptive Ergebnis eines ausgeschriebenen Architektenwettbewerbs dar. Die baulichen Maßnahmen im Inneren einzelner Objekte erweisen sich dann als logische Folge der Revitalisierung eines ganzen Gebäudeareals und dessen Umgestaltung zum Zweck einer neuartigen Nutzung. Solche weitreichenden Veränderungen auf das Niveau von „Fehlerquellen“ für den Verteilungsschlüssel zu reduzieren, verbietet sich schon nach dem gängigen Wortverständnis.

Dazu kommt, dass die Vergabe der Arbeiten sowie deren Finanzierung auf der Basis ganz spezifischer gesetzlicher Regelungen und rechtlicher Konstruktionen zwischen dem Liegenschaftseigentümer (Republik Österreich) einerseits und einem wesentlichen Nutzer (5. Antragstellerin und zugleich Alleingesellschafterin der 4. Antragstellerin) andererseits als den wirtschaftlich vorrangig beteiligten Gebietskörperschaften erfolgten. Durch die gemeinsame Beteiligung der beiden Gebietskörperschaft an der Betreibergesellschaft (Antragsgegnerin) und die Besonderheiten bei der Vergabe, der Abstimmung des Projekts und bei der Bauabwicklung verschwimmt auch die klare Trennung zwischen (juristischer) und (wirtschaftlicher) Zuordnung der Mieter-, und Nutzerstellung, nach welcher § 17 Abs 2 letzter Satz MRG aber gerade differenziert.

6. Daraus folgt nach Ansicht des erkennenden Senats im Ergebnis:

Massive bauliche Eingriffe und konzeptive Umgestaltungen im Sinn einer Revitalisierung und Neunutzung eines ganzen historischen Gebäudekomplexes auf der Basis eines zwischen der Liegenschaftseigentümerin, der Betriebsgesellschaft und mietenden Gebietskörperschaft begründeten besonderen wirtschaftlichen Finanzierungs- und Betriebskonzepts stellt - qualitativ - einen so weitreichenden Eingriff in das Gesamtobjekt dar, dass als Folge daraus resultierende Änderungen im Inneren einzelner Mietgegenstände keinen dem § 17 Abs 2 letzter Satz MRG zugänglichen Anwendungsfall mehr darstellen.

In diesem Ergebnis ist daher dem Rekursgericht zu folgen.

7. Wenn aber das Rekursgericht auf der Basis seiner im Ergebnis zutreffenden Rechtsansicht (Unanwendbarkeit des § 17 Abs 2 letzter Satz MRG) den Sachverhalt für die Beurteilung der maßgeblichen Zeitpunkte, wann die einzelnen Objekte (Flächen) fertiggestellt bzw übergeben wurden, noch in tatsächlicher Hinsicht für ergänzungsbedürftig erachtet, kann dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179; RS0006737). Gleiches gilt für die noch strittige Nutzflächenrelevanz des Dachbodens über den Veranstaltungshallen E und G, wozu das Rekursgericht ebenfalls noch eine Ergänzung des Sachverhalts für geboten hielt (Beschluss des Rekursgerichts S 13 f).

Schließlich erachtet der Oberste Gerichtshof auch die Rechtsansicht des Rekursgerichts für zutreffend, wonach die von mehreren Mietern gemeinsam genutzten Technikräume den Nutzern anteilig zuzurechnen sind (idS auch die zweitinstanzliche Rechtsprechung: vgl etwa LGZ Wien MietSlg 39.357 und die Lehre: vgl E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 17 MRG Rz 42 [jeweils zur Nutzung eines WC durch mehrere Mieter]), entspricht doch diese Vorgangsweise viel eher der anzustrebenden Verteilungsgerechtigkeit als diese - zu Lasten der anderen Mieter - von der Ermittlung des Verteilungsschlüssels auszuschließen. Die Entscheidungen zu 5 Ob 61/01h und 5 Ob 302/01z nehmen zu dieser Frage nicht Stellung.

Im Ergebnis war somit beiden Revisionsrekursen ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Erst mit der endgültigen Sachentscheidung können die gebotenen Billigkeitserwägungen angestellt werden (RIS-Justiz RS0123011 [T1]).

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