Spruch:
Der Akt wird dem Landesgericht Klagenfurt zurückgestellt.
Text
Begründung
Der in Österreich wohnhafte Kläger, der die Klage beim Landesgericht Klagenfurt anhängig machte, hat nach den Klagsbehauptungen mit der beklagten Schweizer Gesellschaft als „Verbraucher“ iSd LGVÜ eine Vermittlungsvereinbarung über Warentermingeschäfte abgeschlossen, wobei dem Vertragsabschluss ein ausdrückliches Anbot und eine telefonische Werbung in Österreich vorangegangen sei. Das Vertragsanbot sei dem Kläger in Österreich unterbreitet und von diesem auch in Österreich unterzeichnet worden. Es sei daher die inländische Gerichtsbarkeit gegeben, doch fehle es an der Bestimmung eines örtlich zuständigen Gerichts, weshalb ein Ordinationsantrag erforderlich sei. Der Oberste Gerichtshof möge gemäß § 28 JN das Landesgericht Klagenfurt als örtlich zuständiges Gericht bestimmen. Der Kläger habe seinen Wohnsitz in S***** und somit im Sprengel dieses Gerichts.
Das Landesgericht Klagenfurt wies nach mündlicher Verhandlung (nur) den von der Beklagten erhobenen „Einwand der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit“ ab.
Dem dagegen von der Beklagten erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.
Den von der Beklagten zusätzlich zur Einwendung der internationalen Unzuständigkeit (ON 2) erhobenen Einwand auch der mangelnden örtlichen Zuständigkeit erledigte das Erstgericht jedoch bisher - ausgehend von einer unrichtigen, vermeintlich auf die Entscheidung 4 Ob 32/97b gestützten Rechtsansicht - nicht.
Rechtliche Beurteilung
Wenn bereits ein inländisches Gericht angerufen wurde, sind nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0046450; RS0046443; Matscher in Fasching² § 28 JN Rz 11) die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 28 JN nicht gegeben, solange keine die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts rechtskräftig verneinende Entscheidung vorliegt. Erst wenn insofern feststeht, dass eine inländische örtliche Zuständigkeit fehlt, kann über einen Ordinationsantrag entschieden werden (RIS-Justiz RS0046450; RS0046443; 3 Nc 40/09a ua).
Auch in der Entscheidung 4 Ob 32/97b wurde ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für eine Ordination solange nicht gegeben sind, als das angerufene Gericht „seine Zustimmung nicht rechtskräftig verneint hat“. Dass ein Ordinationsantrag als Eventualantrag mit einem Überweisungsantrag auch schon vor der Entscheidung des Zuständigkeitsstreits gestellt werden kann, damit die Gerichtsanhängigkeit erhalten bleibt, bewirkte im dortigen Fall nur, dass das für die Entscheidung über den Überweisungsantrag zuständige Gericht diesfalls bis zum Vorliegen der Entscheidung über den Ordinationsantrag durch den Obersten Gerichtshof zuzuwarten hatte. An dem Grundsatz, dass ein einmal angerufenes Gericht jedenfalls zuerst über die örtliche Zuständigkeit abzusprechen hat, ändern die Erwägungen über die Wirkungen der Gerichtsanhängigkeit nichts.
Der Oberste Gerichtshof ist daher derzeit (mangels funktioneller Zuständigkeit) nicht befugt und veranlasst, über den Ordinationsantrag des Klägers zu entscheiden.
Zur Klarstellung sei noch darauf hingewiesen, dass ausgehend vom Zeitpunkt der Klageerhebung die künftig auch die örtliche Zuständigkeit für Aktivprozesse eines Verbrauchers regelnde Bestimmung des Art 16 LGVÜ 2007 vom 30. 10. 2007, für die Europäische Gemeinschaft und damit auch für Österreich am 1. 1. 2010, für die Schweiz aber erst mit 1. 1. 2011 in Kraft getreten, noch nicht anzuwenden ist (Mayr, Europäisches Zivilprozessrecht [2011] Rz I/150 ff).
Der Akt war daher spruchgemäß dem Erstgericht zurückzustellen.
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