Spruch:
Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Auf den vorliegenden Rechtsfall sind unstrittig die Vorschriften des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr (CMR) anzuwenden. Während die Revisionswerberinnen weiterhin die Ansicht vertreten, die Beklagte hafte als Hauptfrachtführer für den nach Übergabe des Transportguts an ihre Subfrachtführerin eingetretenen Verlust der Fracht entweder gemäß Art 17 Abs 2 CMR gar nicht oder nach Art 23 CMR nur beschränkt, begehrt die Klägerin als Auftraggeberin der Beklagten unter Berufung auf Art 29 CMR den tatsächlichen Schaden ersetzt. Nach Art 29 CMR kann sich der Frachtführer unter anderem auf Art 23 CMR nicht berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein ihm zur Last fallendes Verschulden verursacht hat, das nach dem Recht des angerufenen Gerichts dem Vorsatz gleich steht. Die Frage, ob ein Verhalten im Allgemeinen und insbesondere das dem Frachtführer anzulastende Verschulden am Verlust der Fracht als Schweres im Sinn des Art 23 CMR zu qualifizieren ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei kommt es auf verschiedenste Faktoren an, wie zum Beispiel die örtliche Situation, sonstige örtliche und zeitliche Gegebenheiten, die Relation Wert/Gewicht der Waren, die Höhe des (unter anderem von dieser Relation abhängigen) Diebstahlrisikos sowie die konkreten Handlungen, die zum Diebstahl und Verbringen der Waren nötig sind (RIS-Justiz RS0123681). Zufolge dieser Einzelfallbezogenheit könnte eine erhebliche Rechtsfrage daher nur dann vorliegen, wenn dem Berufungsgericht eine Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die im Interesse der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste. Eine derartige Verkennung der Rechtslage ist nicht gegeben.
Soweit die Revisionswerberinnen besonders betonen, dass das Fahrzeug doch auf einem eingezäunten und bewachten Firmengelände abgestellt worden sei, setzen sie sich darüber hinweg, dass tatsächlich von einer Überwachung oder Kontrolle keine Rede sein konnte. Das Transportfahrzeug war in einem großen, abgelegenen und unübersichtlichen „Industriepark“ abgestellt, den die Subfrachtführerin mit 15 weiteren Unternehmen gemeinsam betrieb. Das Gelände war zwar eingezäunt und konnte nur durch eine einzige, mit einem Schranken versehene, Aus- und Zufahrt betreten werden; der Schranken war damals aber permanent geöffnet und es wurde, obwohl ein Wachmann an der Ausfahrt postiert war, jegliche Kontrolle aus- und einfahrender Fahrzeuge unterlassen. Deshalb konnten Diebe in einem Personenkraftwagen auf das Gelände gelangen und mit dem LKW der Subfrächterin der Beklagten das Gelände auch ohne weiteres wieder verlassen, nachdem sie (auch) die Planen mehrerer anderer LKW aufgeschlitzt hatten. Der Einwand der Revisionswerberinnen, das Transportfahrzeug sei an einem bewachten Ort abgestellt gewesen, geht daher ins Leere. Unter den festgestellten Umständen ist die Ansicht des Berufungsgerichts, die nahezu fehlende Bewachung habe den Diebstahl des bloß einfach versperrten LKWs aufgrund der unüberschaubaren Vielzahl der mit den Gegebenheiten vertrauten Personen mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersehen lassen und erfülle den Art 29 CMR zu unterstellenden Verschuldensgrad einer bewusst groben Fahrlässigkeit, zumindest vertretbar.
Da die Revisionswerberinnen insgesamt keinen tauglichen Zulassungsgrund aufzeigen, sind ihre außerordentlichen Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen. Dies bedarf nach § 510 Abs 3 ZPO keiner weiteren Begründung.
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