Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten der Revision der Klägerin sind weitere Verfahrenskosten. Die beklagte Partei hat ihre Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin war ab 1. 9. 2006 als Angestellte vollzeitbeschäftigt. In der Zeit vom 25. 6. 2008 bis 16. 10. 2008 bezog sie Wochengeld für ihren am 21. 8. 2008 geborenen Sohn T*****. Vom 17. 10. 2008 bis 20. 11. 2009 bezog sie von der beklagten Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse Kinderbetreuungsgeld. Mit ihrem Arbeitgeber hatte die Klägerin ursprünglich für die Zeit vom 21. 8. 2008 bis 20. 11. 2009 Karenz vereinbart. Am 26. 8. 2009 vereinbarten die Arbeitsvertragsparteien eine Verlängerung der Karenz bis 2. 12. 2009. Unter der Annahme, dass die Klägerin am 28. 1. 2010 neuerlich entbindet, trat der neuerliche Versicherungsfall der Mutterschaft mit 3. 12. 2009 ein.
Vom 1. 2. 2009 bis 2. 12. 2009 war die Klägerin bei ihrem Arbeitgeber mit einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von fünf Stunden geringfügig beschäftigt.
Mit Bescheid vom 17. 12. 2009 hat die beklagte Partei den Antrag der Klägerin vom 27. 11. 2009 auf Zahlung von Wochengeld aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft vom 3. 12. 2009 für den in § 162 Abs 1 ASVG genannten Zeitraum zusammengefasst mit der Begründung abgewiesen, dass die einvernehmliche Vereinbarung eines Karenzurlaubs und die gewollte Nichtwiederaufnahme der Beschäftigung die Klägerin vom Schutzzweck des § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG ausschließe. Die Klägerin hätte, um einen Anspruch auf Wochengeld aus der Schutzfrist nach § 122 Abs 3 ASVG zu haben, ihre Vollbeschäftigung im Anschluss an den Kinderbetreuungsgeldbezug wieder aufnehmen müssen.
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin „das Wochengeld aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft vom 3. 12. 2009 für den in § 162 Abs 1 ASVG genannten Zeitraum im gesetzlichen Ausmaß“ zu gewähren. Die in § 122 Abs 3 ASVG angeführten Beendigungsgründe, die den ausnahmsweisen Versicherungsschutz nach § 122 Abs 3 Satz 1 ASVG trotz Eintritt des Versicherungsfalls nach dem Ende der Pflichtversicherung zum Wegfall bringen würden, lägen nicht vor, weil das Arbeitsverhältnis zum einen nicht beendet sei und zum anderen die Klägerin aufgrund ihres Anspruchs auf Karenz iSd § 15 MSchG ihre Beschäftigung (vorerst) nicht wieder aufgenommen habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das Ersturteil im Sinne einer Klagsabweisung ab. Der Gesetzgeber sanktioniere im § 122 Abs 3 ASVG zwei verschiedene Vorgehensweisen mit dem Anspruchsverlust, nämlich einerseits eine durch die Arbeitnehmerin (mit-)verschuldete Beendigungsart, andererseits die Nichtwiederaufnahme der Beschäftigung „aus einem dieser Gründe“. In dem Fall, dass die Arbeitsvertragsparteien direkt im Anschluss an das Ende des Kinderbetreuungsgeldbezugs eine einvernehmliche Karenz unter Entfall der Bezüge vereinbaren, bestehe kein ausnahmsweiser Anspruch auf Wochengeld gemäß § 122 Abs 3 ASVG (10 ObS 125/08t).
Schließlich werde vom Berufungsgericht auch die Rechtsansicht des Erstgerichts, die Klägerin habe schon deshalb Anspruch auf Wochengeld gemäß § 122 Abs 3 ASVG, weil sie das Arbeitsverhältnis nicht beendet habe, nicht geteilt, zumal das aufrechte Beschäftigungsverhältnis iSd § 122 Abs 2 Z 2 iVm § 122 Abs 4 ASVG als aufrechtes (Pflicht-)Versicherungsverhältnis zu verstehen sei. Bei geringfügiger Beschäftigung sei eine - hier nicht vorliegende - Selbstversicherung gemäß § 19a ASVG notwendig, damit dieser für die Schutzfristregelung des § 122 Abs 2 Z 2 ASVG die Wirkung einer Pflichtversicherung zukomme.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision im Hinblick auf die bereits vorliegende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 10 ObS 125/08t nicht zulässig sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen bzw ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil sich, wie im Folgenden noch näher darzulegen sein wird, der vorliegende Sachverhalt wesentlich von dem der Entscheidung 10 ObS 125/08t zu Grunde liegenden Sachverhalt unterscheidet. Sie ist im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Die Klägerin macht in ihrer außerordentlichen Revision geltend, dass der Entscheidung 10 ObS 125/08t ein anderer Sachverhalt zu Grunde gelegen sei. Während es sich in der genannten Entscheidung um eine einvernehmliche Karenzierung außerhalb des Karenzurlaubsanspruchszeitraums gemäß § 15 MSchG gehandelt habe, gehe es im vorliegenden Fall um die Vereinbarung eines Karenzurlaubs innerhalb des zweijährigen Karenzurlaubsanspruchs nach § 15 MSchG. Die Vereinbarung eines Karenzurlaubs nach § 15 MSchG könne - ebenso wie ein Mutterschaftsaustritt - nicht zu einer Vorwerfbarkeit gegenüber der Klägerin führen und stehe demnach keiner „schädlichen“ Auflösungsart iSd § 122 Abs 3 Satz 2 erster Fall ASVG gleich. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei kein Fall des § 122 Abs 3 Satz 2 zweiter Fall ASVG gegeben, wenn ein Karenzurlaub nach § 15 MSchG vereinbart worden sei und eine Arbeitnehmerin aus diesem Grund nach Beendigung des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld bis zum Ende des Karenzurlaubszeitraums gemäß § 15 MSchG die vorherige Beschäftigung (noch) nicht wieder aufgenommen habe. Die Klägerin habe mit ihrem Arbeitgeber einen Karenzurlaub vom 21. 8. 2008 bis 29. 11. 2009 vereinbart, den sie dann - zulässigerweise im Sinne des MSchG - bis 2. 12. 2009 einvernehmlich verlängert habe, sohin innerhalb des zweijährigen Karenzurlaubsanspruchs nach § 15 MSchG. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, die Klägerin habe ihr Arbeitsverhältnis bereits im Vorhinein zunächst auf einen Zeitraum von zwei Jahren und danach um weitere ungefähr 14 Tage karenziert, seien daher aktenwidrig.
Den Ausführungen der Klägerin kommt Berechtigung zu.
1. Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass ausgehend von dem oben genannten Geburtstermin der neuerliche Versicherungsfall der Mutterschaft der Klägerin innerhalb des Beginns der 32. Woche nach dem Ende der Pflichtversicherung liegen würde, sodass die Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft auch zu gewähren sind, wenn der Versicherungsfall nach dem Ende der Pflichtversicherung eintritt (§ 122 Abs 3 Satz 1 ASVG). Diese Erweiterung des Wochengeldanspruchs gemäß § 122 Abs 3 ASVG auf Mütter, die (ungefähr) zu Beginn der Schwangerschaft krankenversichert waren, dient vor allem familienpolitischen Zielsetzungen. Es soll dadurch der Anspruch auf Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft auch bei Ausscheiden der Arbeitnehmerin aus dem Arbeitsverhältnis während der Schwangerschaft (befristetes Arbeitsverhältnis, Probearbeitsverhältnis usw) aufrecht erhalten werden, sofern die Schwangerschaft während des Bestands der Pflichtversicherung eingetreten ist, und zwar unabhängig davon, wann die Pflichtversicherung endet (10 ObS 133/06s = SSV-NF 20/69).
Gemäß dem zweiten Satz der zitierten Bestimmung besteht ein Leistungsanspruch jedoch nicht, wenn die Pflichtversicherung aufgrund einer einvernehmlichen Lösung des Dienstverhältnisses, einer Kündigung durch die Dienstnehmerin, eines unberechtigten vorzeitigen Austritts oder einer verschuldeten Entlassung der Dienstnehmerin geendet hat oder wenn die Dienstnehmerin aus einem dieser Gründe unmittelbar im Anschluss an einen Zeitraum des Bezugs des Karenzgelds nach dem KGG ihre vorherige Beschäftigung nicht wieder aufgenommen hat. Der Gesetzgeber wollte somit den erweiterten Wochengeldanspruch ausschließen, wenn das Dienstverhältnis auf eine der genannten „schädlichen“ Beendigungsarten aufgelöst wird oder die Beschäftigung „aus einem dieser Gründe“ nicht wieder aufgenommen wird (vgl 10 ObS 133/06s = SSV-NF 20/69).
2.1 In der Fassung des Karenzurlaubserweiterungsgesetzes, BGBl 1990/408 war der hier maßgebende Ausschlusstatbestand des § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG so formuliert, dass die Regelung des § 122 Abs 3 Satz 1 ASVG dann nicht gelten sollte, wenn die Pflichtversicherung aufgrund einer Kündigung durch die Dienstnehmerin oder einer einvernehmlichen Lösung des Dienstverhältnisses geendet hat.
2.2 Seine jetzige inhaltliche Gestalt erhielt § 122 Abs 3 Satz 1und 2 ASVG mit der 50. ASVG-Novelle (BGBl 1991/676). Nach deren Gesetzesmaterialien (RV 284 BlgNR 18. GP 28 f) habe es sich von der Vollzugspraxis her als erforderlich erwiesen, zur Vermeidung möglicher Zweifel die im zweiten Satz des § 122 Abs 3 ASVG zum Ausdruck gebrachte Absicht des Gesetzesgebers insofern zu präzisieren, als dieser nicht nur den Fall einer formellen „Kündigung“ durch die Dienstnehmerin, sondern auch die anderen nunmehr angeführten Fälle im Auge gehabt habe, in denen eine Dienstnehmerin ihr Dienstverhältnis von sich aus beende oder (nach einem Karenzurlaub) nicht wieder aufnehme. Die Regelung des § 122 Abs 3 Satz 1und 2 ASVG idF 50. ASVG-Nov (BGBl 1991/676) ist mit 1. 1. 1992 in Kraft getreten. Damals wurde das Karenzurlaubsgeld gemäß § 31 AlVG idF des Karenzurlaubserweiterungsgesetzes, BGBl 1990/408, im Fall der Gewährung eines Karenzurlaubs für die Dauer dieses Urlaubs gewährt, in diesem und in allen anderen Fällen jedoch nur bis zum Höchstausmaß von zwei Jahren vom Tag der Geburt des Kindes an gerechnet. Nach der Absicht des Gesetzgebers der 50. ASVG-Nov (BGBl 1991/676) sollte daher der Ausnahmetatbestand des § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG (auch) dann zur Anwendung gelangen, wenn die Dienstnehmerin „aus einem dieser Gründe“ ihre Beschäftigung nach dem Ende des Bezugs eines Karenzurlaubsgelds nach den Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977, somit in der Regel auch nach dem Ende ihres Karenzurlaubs, nicht wieder aufgenommen hat.
2.3 In der Folge wurde mit dem Bundesgesetz über die Erlassung eines Karenzgeldgesetzes (BGBl 1997/47) auch die Bestimmung des § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG redaktionell dahin angepasst, dass anstelle der Bezugnahme auf „einen Zeitraum des Bezugs eines Karenzurlaubsgeldes nach den Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1997“ auf „einen Zeitraum eines Bezugs eines Karenzgeldes nach dem KGG“ abgestellt wurde. Eine inhaltliche Änderung war damit nicht verbunden. Eine redaktionelle Adaptierung des Gesetzestextes in § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG sowie eine inhaltliche Anpassung im Hinblick auf das Inkrafttreten des Kinderbetreuungsgeldgesetzes (BGBl I 2001/103) mit 1. 1. 2002 erfolgte bisher jedoch nicht. Infolge der verschiedenen Varianten für den Bezug von Kinderbetreuungsgeld stimmt nämlich der Zeitraum des Karenzurlaubs nach § 15 MSchG (längstens bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes) mit der Bezugsdauer des Kinderbetreuungsgelds (12 bis 30 Monate) oft nicht überein. In diesem Zusammenhang hat der erkennende Senat in der Entscheidung 10 ObS 125/08t (= SSV-NF 22/85 = EF-Z 2009/86, 111 [R. Leitner] = ZAS 2010/30, 182 [Knallnig] = DRdA 2010/40, 409 [abl Naderhirn]) ausgeführt, dass der Bezug von Karenzgeld nach dem KGG nunmehr als Bezug von Kinderbetreuungsgeld nach dem KBGG zu verstehen ist.
3.1 Wie der erkennende Senat in der soeben zitierten Entscheidung 10 ObS 125/08t ausgeführt hat, hat der Gesetzgeber in § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG zwei verschiedene Fälle geregelt:
3.1.1 Im ersten Fall fällt die Ausdehnung des Versicherungsschutzes weg, wenn das Arbeitsverhältnis, das die Pflichtversicherung begründet hatte, auf bestimmte Art beendet wird. Das Gemeinsame der genannten „schädlichen“ Auflösungsarten liegt darin, dass die Auflösung der Arbeitnehmerin zuzurechnen ist (unberechtigter vorzeitiger Austritt, verschuldete Entlassung, Kündigung durch die Arbeitnehmerin) oder sie durch Herstellung des Einvernehmens mit dem Arbeitgeber über die Auflösung daran mitwirkt. Umgekehrt bleibt die Anspruchsberechtigung bei einer nicht der Versicherten zuzurechnenden Auflösung des die Pflichtversicherung begründenden Arbeitsverhältnisses aufrecht. In der einen Mutterschaftsaustritt nach § 23a Abs 3 AngG betreffenden Entscheidung 10 ObS 101/94 (= SSV-NF 8/99) hat der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass es seit der 50. ASVG-Nov bei der Auslegung des § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG nicht mehr ausschließlich darauf ankommt, ob die Initiative zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitnehmerin ausgegangen ist, sondern vielmehr auch darauf, ob für diese einseitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitnehmerin ein rechtlich anerkannter Grund vorgelegen ist. Beim Mutterschaftsaustritt handelt es sich um einen berechtigten vorzeitigen Austritt, dh um einen Austritt, der gesetzlich anerkannt ist. Da der Gesetzgeber der Arbeitnehmerin die Leistungen aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft auch dann zukommen lassen wollte, wenn sie das Arbeitsverhältnis zwar von sich aus vorzeitig beendet hat, aber diese Auflösung rechtmäßig, dh berechtigt, erfolgt ist, ist der Mutterschaftsaustritt nach § 23a Abs 3 AngG kein Ausschließungsgrund iSd § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG für die Gewährung des Wochengelds (10 ObS 101/94 = SSV-NF 8/99).
3.1.2 Im zweiten Fall wird die Beschäftigung „aus einem dieser Gründe“ nicht wieder aufgenommen. Da die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bereits in der ersten Alternative geregelt ist, muss die Wortfolge „aus einem dieser Gründe“ in der zweiten Alternative im Sinn von Fällen interpretiert werden, in denen das Arbeitsverhältnis zwar nicht aufgelöst, aber eine insoweit vergleichbare Konstellation vorliegt, als aufgrund eines der Versicherten zuzurechnenden Verhaltens der an sich ausnahmsweise gegebene Leistungsanspruch doch wieder wegfällt. Bloße Karenzierungsvereinbarungen, bei denen das Arbeitsverhältnis dem Grunde nach aufrecht bleibt, fallen unter den in § 122 Abs 3 Satz 2 zweiter Fall ASVG angeführten Tatbestand. Durch die Formulierung „aus einem dieser Gründe“ bringt der Gesetzgeber aber zum Ausdruck, dass der Anspruch auf Versicherungsschutz nicht durch jegliche Karenzierung, sondern nur durch Karenzierungen, die eines gesetzlich anerkannten Grundes entbehren, verloren geht.
3.2 Demgegenüber geht Naderhirn in ihrer Entscheidungsbesprechung in DRdA 2010/40, 409 (412) davon aus, dass der Gesetzgeber in beiden Fällen des § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG auf die Beendigung des Dienstverhältnisses abstelle, wobei die erste Alternative auf Fälle abstelle, in denen die Pflichtversicherung auf einem Dienstverhältnis beruhe, während die zweite Alternative jene Fälle im Auge habe, in denen die Pflichtversicherung aus dem Bezug von Karenzgeld (jetzt Kinderbetreuungsgeld) resultiere. Nach ihrer Ansicht wäre daher eine bloße Karenzierungsvereinbarung, wie sie im gegenständlichen Fall zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitgeber getroffen wurde, für den Anspruch der Klägerin auf Wochengeld in jedem Fall unschädlich. Eine nähere inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Ansicht kann hier jedoch unterbleiben, da auch unter Zugrundelegung der vom erkennenden Senat in der Entscheidung 10 ObS 125/08t vertretenen Rechtsauffassung ein Anspruch der Klägerin auf Wochengeld aufgrund der folgenden Erwägungen zu bejahen ist.
3.3 Zutreffend macht nämlich die Klägerin geltend, dass die Vereinbarung eines Karenzurlaubs nach § 15 MSchG - ebenso wie ein Mutterschaftsaustritt - keine „schädliche“ Auflösungsart iSd § 122 Abs 3 Satz 2 erster Fall ASVG bzw keine vergleichbare Konstellation iSd § 122 Abs 3 Satz 2 zweiter Fall ASVG darstellt.
3.4 Gemäß § 15 Abs 1 MSchG ist der Arbeitnehmerin auf ihr Verlangen im Anschluss an die Frist des § 5 Abs 1 und 2 MSchG (Beschäftigungsverbot) eine Karenz gegen Entfall des Arbeitsentgelts längstens bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes zu gewähren. Bei der Karenz handelt es sich um einen einseitigen Anspruch der Arbeitnehmerin, den diese durch Ausübung eines Gestaltungsrechts geltend machen kann. Es steht daher allein im Ermessen der Arbeitnehmerin, ob und in welchem Ausmaß sie - innerhalb der gesetzlichen Höchstdauer - von ihrem Recht auf Karenz Gebrauch macht. Gemäß § 15 Abs 3 MSchG hat die Arbeitnehmerin Beginn und Dauer der Karenz dem Arbeitgeber bis zum Ende der Schutzfrist nach der Geburt des Kindes bekanntzugeben. Die Karenz kann längstens bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes in Anspruch genommen werden. Die Arbeitnehmerin hat daher spätestens am Tag des zweiten Geburtstags des Kindes ihre Arbeit wieder anzutreten. Sie kann eine Karenz - außer aus besonders wichtigen, die Aufrechterhaltung der Vereinbarung unzumutbar erscheinen lassenden Gründen - nicht einseitig beenden (8 ObA 162/02k). Durch eine neuerliche Schwangerschaft wird eine bestehende Karenz nicht unterbrochen. Auswirkungen auf die Karenz hat erst der Eintritt eines absoluten Beschäftigungsverbots, da für diese Zeiträume Karenz nicht in Anspruch genommen werden kann (Wolfsgruber in ZellKomm § 15 MSchG Rz 20 mwN).
4.1 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nach dem vom Erstgericht unstrittig festgestellten Sachverhalt mit ihrem Arbeitgeber aus Anlass der Geburt ihres Sohns T***** am 21. 8. 2008 einen Karenzurlaub für die Zeit vom 21. 8. 2008 bis 20. 11. 2009 vereinbart. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, die Klägerin habe ihr Arbeitsverhältnis bereits im Vorhinein zunächst auf einen Zeitraum von zwei Jahren und danach verlängert um ca 14 Tage karenziert, sind somit aktenwidrig. Die Klägerin im gegenständlichen Verfahren hat lediglich den ihr vom Gesetz (§ 15 MSchG) eingeräumten zweijährigen Karenzurlaub in Anspruch genommen. Für die Karenzierung der Klägerin ist daher ein gesetzlich anerkannter Grund vorgelegen.
4.2 Wie bereits zu Punkt 2.2 dargelegt wurde, stammt die auch heute noch geltende maßgebende Formulierung des § 122 Abs 3 Satz 2 zweiter Fall ASVG aus einer Zeit (lange vor der Einführung des Kinderbetreuungsgelds und dessen unterschiedlich langen Bezugsvarianten), in der die Dauer des Anspruchs der Arbeitnehmerin auf Karenzurlaub sowie auf Karenzgeld in der Regel noch übereinstimmten. Nach der damals und - nach Ansicht des erkennenden Senats - auch heute noch bestehenden Absicht des Gesetzgebers darf daher die Arbeitnehmerin - um ihren Wochengeldanspruch für eine nachfolgende Geburt zu erhalten - das Arbeitsverhältnis nicht aus einem der „schädlichen“ Gründe beenden und muss ihre vorherige Beschäftigung unmittelbar nach Ablauf der Karenz nach § 15 MSchG wieder aufnehmen. Da die Karenz nach § 15 MSchG längstens bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes dauern kann, ist in diesem Fall bei kurzem Kinderbetreuungsgeldbezug keine sofortige Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses notwendig. Eine Karenz im Rahmen des § 15 MSchG stellt aber nach Ansicht des erkennenden Senats jedenfalls einen rechtlich anerkannten Grund für das Aussetzen der Hauptleistungsverpflichtungen innerhalb eines Arbeitsverhältnisses dar, weshalb eine iSd § 15 MSchG karenzierte Arbeitnehmerin ihren Anspruch auf Wochengeld nicht verlieren soll. Dem würde auch die familienpolitische Zielsetzung des § 122 ASVG entgegenstehen. In diesem Sinne sah auch der Ministerialentwurf zur 72. ASVG-Nov (153/ME 24. GP) eine entsprechende ausdrückliche Klarstellung der Rechtslage in § 122 Abs 3 Satz 2 ASVG vor, die jedoch in die entsprechende Regierungsvorlage und in das Gesetz keinen Eingang gefunden hat.
4.3 Es liegt daher zusammenfassend kein Fall des § 122 Abs 3 Satz 2 zweiter Fall ASVG vor, wenn - wie im gegenständlichen Fall - die Arbeitnehmerin ihren gesetzlichen Karenzurlaubsanspruch nach § 15 MSchG in Anspruch genommen hat und aus diesem Grund nach Beendigung des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld bis zum Ende des Karenzurlaubszeitraums gemäß § 15 MSchG die vorherige Beschäftigung (noch) nicht wieder aufgenommen hat.
5. Soweit sich das Berufungsgericht zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht auf die Entscheidung 10 ObS 125/08t (= SSV-NF 22/85 = EF-Z 2009/86, 111 [R. Leitner] = ZAS 2010/30, 182 [Knallnig] = DRdA 2010/40, 409 [abl Naderhirn]) stützt, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Entscheidung ein anderer Sachverhalt zugrunde lag. Während es im gegenständlichen Verfahren um die Inanspruchnahme des zweijährigen gesetzlichen Karenzurlaubsanspruchs nach § 15 MSchG durch die Klägerin geht, lag der Entscheidung 10 ObS 125/08t eine einvernehmliche Karenzierung außerhalb dieses gesetzlichen Karenzurlaubsanspruchs der Arbeitnehmerin zu Grunde. Während aus Anlass der Geburt eines Kindes ein gesetzlicher Anspruch auf Karenz längstens bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes besteht, ist jede andere Karenzierung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Möchte daher die Arbeitnehmerin über den zweiten Geburtstag des Kindes hinaus von der Arbeitsleistung freigestellt werden, so hat sie eine weitere Karenzierung mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Ein einseitig durchsetzbarer Anspruch auf eine weitergehende Dienstfreistellung besteht nicht (Wolfsgruber in ZellKomm § 15 MSchG Rz 11). Der erkennende Senat ist daher in der Entscheidung 10 ObS 125/08t zu dem Ergebnis gelangt, dass bei einer einvernehmlichen (freiwilligen) Karenzierung des Arbeitsverhältnisses nach Ende der Pflichtversicherung bis zum Beginn der Schutzfrist aufgrund einer neuerlichen Schwangerschaft kein Anspruch auf Wochengeld besteht (vgl dazu auch Gerhartl, Die Schutzfristproblematik in der Sozialversicherung, ASok 2010, 335 [340]). Nur der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass der Ministerialentwurf zur 72. ASVG-Nov (153/ME 24. GP) auch eine Klarstellung im Sinne dieser Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in der Entscheidung 10 ObS 125/08t enthielt, wonach Wochengeld auch dann nicht gebührt, wenn eine Arbeitnehmerin ihre vorherige Beschäftigung unmittelbar nach Ende des Karenzurlaubs nach § 15 Abs 1 MSchG deshalb nicht wieder aufnimmt, weil sie mit dem Arbeitgeber eine darüber hinausgehende Karenzierung vereinbart hat.
6. Aufgrund der dargelegten Erwägungen steht der Klägerin im gegenständlichen Verfahren ein Wochengeldanspruch aus dem am 3. 12. 2009 bei ihr neuerlich eingetretenen Versicherungsfall der Mutterschaft zu. Die Tatsacheninstanzen haben keine Feststellungen getroffen, aus denen sich die Höhe des der Klägerin gebührenden täglichen Wochengelds errechnen ließe. Das Erstgericht hat mit seinem Urteil den Rechtsstreit dadurch erledigt, dass es die beklagte Partei schuldig erkannte, der Klägerin „das Wochengeld aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft vom 3. 12. 2009 für den in § 162 Abs 1 ASVG genannten Zeitraum im gesetzlichen Ausmaß zu bezahlen“. Dieser Urteilsspruch ist mangels Verurteilung zu einer Leistung in einer bestimmten Höhe kein exekutionsfähiges Leistungsurteil, sondern ein unrichtig formuliertes, das Klagebegehren nur dem Grunde nach zu Recht bestehend erkennendes, daher lediglich feststellendes Grundurteil iSd § 89 Abs 2 ASGG (10 ObS 65/02k = SSV-NF 16/69 mwN). Das Erstgericht wird daher im fortzusetzenden Verfahren mit den Parteien die Höhe des Wochengeldanspruchs der Klägerin zu erörtern haben. Ist die Höhe der Leistung unbestritten, ist ein Grundurteil iSd § 89 Abs 2 ASGG nicht zulässig, sondern es kann und muss sogleich ein Endurteil erlassen werden, das auch die Leistungshöhe festsetzt (Neumayr in ZellKomm § 89 ASGG Rz 4 mwN). Ist hingegen die Höhe der Leistung strittig, kann gemäß § 89 Abs 2 ASGG die Leistung dem Grunde nach zugesprochen werden, wobei dem Versicherungsträger gleichzeitig die Erbringung einer vorläufigen Zahlung für den Anspruchszeitraum aufzutragen ist (vgl 10 ObS 2248/96b = SSV-NF 10/86).
Es waren daher in Stattgebung der Revision der Klägerin die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Sozialrechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Vorbehalt hinsichtlich der Revisionskosten der Klägerin beruht auf § 52 Abs 1 ZPO. Die Entscheidung, dass die beklagte Partei die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung unabhängig vom Verfahrensausgang selbst zu tragen hat, beruht auf § 77 Abs 1 Z 1 ASGG.
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