Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Rechtsmittelwerberin macht als erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG die Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes iSd § 52 Abs 2 AußStrG geltend, weil das Rekursgericht ohne eigene unmittelbare Beweisaufnahme wiederum „ergänzende Feststellungen“ getroffen habe, obwohl der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Vorentscheidung 10 Ob 102/08k eine solche Vorgangsweise für nicht zulässig erklärt habe.
Rechtliche Beurteilung
Der erkennende Senat hat in der erwähnten Vorentscheidung darauf hingewiesen, dass der Unmittelbarkeitsgrundsatz gemäß § 52 Abs 2 AußStrG nunmehr im Verfahren Außerstreitsachen ausdrücklich für das Rekursgericht angeordnet ist. Erwägt das Rekursgericht, von den Feststellungen des Erstgerichts abzuweichen, so darf es gemäß § 52 Abs 2 AußStrG nur dann von der neuerlichen Aufnahme eines in erster Instanz unmittelbar aufgenommenen, für die Feststellungen maßgeblichen Beweises Abstand nehmen, wenn es vorher den Parteien bekanntgegeben hat, dass es gegen die Würdigung dieses Beweises durch das Erstgericht Bedenken habe, und ihnen Gelegenheit gegeben hat, eine neuerliche Aufnahme dieses Beweises durch das Rekursgericht zu beantragen. Da das Erstgericht im Vorverfahren aufgrund der Ergebnisse einer unmittelbaren Beweisaufnahme vom Vorliegen der Geschäftsfähigkeit der Betroffenen im Zeitpunkt der Errichtung der Vorsorgevollmacht ausgegangen war, verwies der erkennende Senat in der Vorentscheidung darauf, dass das Rekursgericht, wenn es Bedenken gegen die Richtigkeit der erstrichterlichen Würdigung dieser unmittelbar aufgenommenen Beweise gehabt habe, gemäß § 52 Abs 2 AußStrG nicht ohne neue Beweisaufnahme eine Umwürdigung dieser vom Erstgericht unmittelbar aufgenommenen Beweise vornehmen durfte.
In der nunmehr angefochtenen Entscheidung hat das Rekursgericht keine Umwürdigung der vom Erstgericht zur Frage der Geschäftsfähigkeit der Betroffenen im Zeitpunkt der Errichtung der Vorsorgevollmacht für ihren Sohn H***** unmittelbar aufgenommenen Beweise vorgenommen, sondern aufgrund des Akteninhalts ergänzende Feststellungen zur Frage der Eignung des Sohnes der Betroffenen als Vorsorgebevollmächtigter iSd § 284g ABGB getroffen. Das Rekursgericht hat dazu die Ansicht vertreten, dass eine solche Vorgangsweise zulässig sei, weil das Erstgericht zu dieser Frage keine unmittelbaren Beweise aufgenommen habe und daher der Unmittelbarkeitsgrundsatz nicht verletzt werde.
Die von der Rechtsmittelwerberin in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes iSd § 52 Abs 2 AußStrG liegt unabhängig von der Frage, ob die genannte Bestimmung nur bei einer Beweiswiederholung oder auch bei einer bloßen Beweisergänzung zur Anwendung kommt (vgl dazu E. Kodek in Rechberger, ZPO3 § 488 Rz 4; Zechner in Fasching/Konecny 2 § 503 Rz 132 jeweils mwN), schon deshalb nicht vor, weil sich auch die der Bestimmung des § 488 Abs 4 ZPO nachgebildete Vorschrift des § 52 Abs 2 AußStrG nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut nur auf in erster Instanz unmittelbar aufgenommene Beweise bezieht. Soweit das Erstgericht seine Feststellungen nicht aufgrund unmittelbar aufgenommener Beweise getroffen hat, darf das Rekursgericht die Feststellungen des Erstgerichts abändern oder auch ergänzen, ohne die in § 52 Abs 2 AußStrG vorgesehene Vorgangsweise einzuhalten.
Soweit die Rechtsmittelwerberin die Richtigkeit der vom Rekursgericht aufgrund des Akteninhalts ergänzend getroffenen Feststellungen mit einer Tatsachen- und Beweisrüge zu bekämpfen versucht, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof auch im Außerstreitverfahren keine Tatsacheninstanz ist und daher eine Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen mit Revisionsrekurs nicht möglich ist (vgl RIS-Justiz RS0007236, RS0108449, RS0006737).
Auch in den übrigen Rechtsmittelausführungen wird keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG geltend gemacht, weil die Beurteilung der Frage, ob dem Vollmachtgeber trotz wirksamer Vorsorgevollmacht für die in der Vollmacht umschriebenen Angelegenheiten ausnahmsweise zur Gewährleistung seines Wohls ein Sachwalter zu bestellen ist, ebenso wie die allgemeine Frage der Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig ist und daher in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat (vgl 7 Ob 118/09t ua; RIS-Justiz RS0106166, RS0087091). Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt jedenfalls nicht vor.
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