Spruch:
Beiden Rechtsmitteln wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens dritter Instanz bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Kaufvertrag vom 6. 2./7. 2. 2002 erwarb der Kläger einen Hälfteanteil einer Liegenschaft von deren Alleineigentümerin. Im Kaufvertrag war ein Kaufpreis von 540.000 S genannt. Am 6. 2. 2002 kaufte der Kläger den zweiten Hälfteanteil dieser Liegenschaft um einen nominellen Kaufpreis von 900.000 S. Tatsächlich zahlte der Kläger der Verkäuferin 600.000 S und deren Tochter für den Verzicht auf eine fideikommissarische Substitution 30.000 S. Die Aufnahme eines höheren Kaufpreises erfolgte aus steuerlichen Gründen. Ein Hälfteanteil der Liegenschaft war mit einem im Grundbuch eingetragenen lebenslänglichen, uneingeschränkten und unentgeltlichen Fruchtgenussrecht zugunsten der Eltern des 1997 verstorbenen Ehegatten der Verkäuferin belastet. Die Fruchtgenussberechtigten übten ihr Recht durch das Bewohnen der östlichen Hälfte des Hauses und Benützen einer Garage aus. Mit Vertrag vom 16. 6. 2002 trat die Verkäuferin dem Kläger sämtliche Forderungen ab, die sie im Zusammenhang mit dem Notariatsakt vom 29. 7. 1977 über die Einräumung des Fruchtgenussrechts an die daraus Berechtigten hatte. Der Kläger nahm diese Abtretung an. Der Schwiegervater der Verkäuferin starb 2005, seine Witwe am 3. 11. 2006.
Im Jahr 2006 reparierte der Kläger das Traufenpflaster auf der Eingangsseite des Hauses und verrechnete der Fruchtgenussberechtigten für Material und Arbeitsaufwand insgesamt 155 EUR. Mit Rechnung vom selben Tag wurde die Hälfte der in der Saison 2005/2006 angefallenen Schneeräumungskosten (gesamt 448 EUR) in Rechnung gestellt. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Verkäuferin gegenüber den beiden Fruchtgenussberechtigten auf die Geltendmachung von Hausinstandhaltungskosten, Versicherungsprämien im Zusammenhang mit dem Grundstück und die anteilige Grundsteuer verzichtet hatte. Wegen der mangelhaften Wartung und Instandhaltung der Liegenschaft und des Gebäudes während der Zeit der Ausübung des Fruchtgenussrechts sind Schäden entstanden, die mit 20.204,40 EUR zu beheben sind. Der Kläger forderte die Verlassenschaft nach dem Tod der Fruchtgenussberechtigten nicht auf, die Wohnung zu räumen. Für die östliche Haushälfte wäre während der Ausübung des Fruchtgenussrechts ein Mietzins jedenfalls in Höhe des Klagebegehrens (22 EUR pro Tag) erzielbar gewesen, für die Zeit vom Tod der Fruchtgenussberechtigten bis zur Räumung am 6. 3. 2007 ein solcher von 600 EUR monatlich. Vom 1. 1. 2007 bis 6. 3. 2007 fielen für den ideellen Hälfteanteil an der Liegenschaft Grundsteuer von jedenfalls 36,27 EUR und Feuer- und Gebäudeversicherungsprämien von 51,16 EUR an. 2007 war die Liegenschaft 438.750 EUR wert. Wäre sie in einem üblichen Ausmaß erhalten worden, hätte der Wert 513.000 EUR betragen.
Der Kläger begehrte zuletzt 20.204,40 EUR Schadenersatz aufgrund der mangelhaften Wartung und Instandsetzung, 2.706 EUR Benutzungsentgelt für die Zeit vom Tod der Fruchtgenussberechtigten bis zur Räumung der östlichen Haushälfte und 466,43 EUR für Notreparatur des Traufenpflasters, anteilige Schneeräumungskosten sowie Grundsteuer und Versicherungsprämien.
Die beklagte Partei wendete - soweit für das Rechtsmittelverfahren noch relevant - ein, die behaupteten Schäden hätten bereits zum Zeitpunkt des Kaufs bestanden und seien daher auch bei der Vereinbarung des Kaufpreises berücksichtigt worden, weshalb der Kläger auch auf Gewährleistung verzichtet hätte. Da eine auf § 513 ABGB gegründete Schadenersatzpflicht der Fruchtgenussberechtigten schon damals bestanden hätte, habe die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB nicht erst mit Rückstellung des Objekts im Jahr 2007 zu laufen begonnen. Die Schadenersatzansprüche seien damit verjährt.
Das Erstgericht verpflichtete die beklagte Partei zur Zahlung von 10.491,13 EUR sA und wies das Mehrbegehren von 12.885,70 EUR sA ab. Der Schaden sei erst mit Rückstellung der Sache im März 2007 endgültig festgestanden, weshalb die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB eingehalten worden sei. Das Fruchtgenussrecht habe sich aber nur auf den ideellen Hälfteanteil der Liegenschaft bezogen, weshalb die beklagte Partei für die Hälfte des zur Behebung der Bauschäden erforderlichen Aufwands (10.102,20 EUR) sowie der sonstigen Kosten (Reparatur des Traufenpflasters, Versicherungsprämien, Grundsteuer und Schneeräumungskosten) hafte. Mangels Aufforderung zur Räumung sei der beklagten Partei eine nicht erfolgte Vermietung im Zeitraum vom Tod der Fruchtgenussberechtigten bis zur Räumung nicht als Verschulden zuzurechnen.
Das von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil, das im Umfang der Abweisung von 306 EUR unbekämpft blieb, im Zuspruch von 10.491,13 EUR als Teilurteil, hob es aber im Umfang der Abweisung von 12.579,70 EUR auf und wies die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zurück. Der Fruchtnießer hafte nach § 513 ABGB für die Einhaltung der Erhaltungspflicht nur dem Eigentümer gegenüber. Die bereits während der Dauer der Fruchtnießung dem Grunde nach bestehende Instandhaltungspflicht sei aber als Verbindlichkeit bis zur Geltendmachung von Ansprüchen durch den Eigentümer weder fällig noch inhaltlich bestimmt. Der Eigentümer könne nur bei Gefahr unwiederbringlicher Schäden durch Handlungen oder Unterlassungen des Fruchtnießers bereits während der Dauer des Fruchtgenusses Ansprüche (auch auf Leistung) gegen den Fruchtnießer erheben. Ansonsten habe der Eigentümer bei Beendigung des Fruchtgenusses jedenfalls das Recht auf Schadenersatz. Die Geltendmachung dieses Schadenersatzanspruchs sei daher frühestens mit der Beendigung des Fruchtgenussrechts (nach den §§ 509, 529 ABGB mit dem Tod der verbliebenen Fruchtgenussberechtigten) durch den Kläger als nunmehrigen Eigentümer der Liegenschaft gegen den Nachlass möglich gewesen. Ein Verzicht der Rechtsvorgängerin des Klägers auf derartige Ansprüche gegen den Fruchtgenussberechtigten stehe nicht fest. Fielen - wie hier - Beendigung des Fruchtgenusses und Rückstellung der Sache auseinander, so sei der Zeitpunkt der Rückstellung maßgeblich, weil bis dahin nicht auszuschließen sei, dass der Fruchtnießer (oder sein Rechtsnachfolger) den ordnungsgemäßen Zustand selbst herstelle. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB habe daher erst am 6. 3. 2007 begonnen und sei weder zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage am 29. 10. 2007 noch zu jenem der Ausdehnung des Klagebegehrens am 16. 10. 2009 abgelaufen gewesen. Die Verpflichtung zur Bezahlung eines Benützungsentgelts in der Höhe des bisherigen oder eines sonst angemessenen Bestandzinses für die Zeit der vertragswidrigen Weiterbenutzung ergebe sich aus § 1041 ABGB, weshalb es auf ein Verschulden des Benutzers und einen Schaden des Eigentümers nicht ankomme. Zu berücksichtigen sei aber, dass bei einem Fruchtgenussrecht im Gegensatz zu einem Bestandverhältnis, bei dem regelmäßig Kündigungsfristen und Kündigungstermine vorgesehen seien, der Zeitpunkt des Eintritts der Rückstellungsverpflichtung nicht vorhersehbar sei. Soferne - wie hier - keine besonderen Vereinbarungen über die Rückstellung der Sache im Fall des Erlöschens des Fruchtgenussrechts getroffen worden seien, sei der Vertrag ergänzend dahin auszulegen, dass die Rückstellung nicht sofort nach Erlöschen des Fruchtgenussrechts, also bereits am Todestag, erfolgen müsse, sondern der Verlassenschaft bzw den Erben eine angemessene Räumungsfrist zuzubilligen sei. Diese müsse im fortgesetzten Verfahren noch geprüft werden.
Gegenstand des Fruchtgenussrechts sei nur eine ideelle Hälfte einer Liegenschaft gewesen, weshalb die Fruchtnießer auch nur die Hälfte des Erhaltungsaufwands für die gesamte Liegenschaft tragen müssten. Das Vorbringen des Klägers lasse nicht mit der erforderlichen Klarheit erkennen, ob die von ihm aus dem Titel Instandhaltungs- und Reparaturkosten erhobenen Ansprüche von 20.204,40 EUR den auf die ideelle Hälfte der Liegenschaft entfallenden Anteil der Gesamtkosten darstellten oder sich nur auf die Sanierung der östlichen Haushälfte oder auf die Gesamtliegenschaft bezögen. Dies müsse ebenfalls im Verfahren erster Instanz erörtert werden.
Das Berufungsgericht ließ die Revision und den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Verjährung von Ansprüchen gegen den Fruchtgenussberechtigten nach § 513 ABGB fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision und der Rekurs der beklagten Partei sind aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Im Rechtsmittelverfahren sind nur noch die Fragen der Verjährung und des Benutzungsentgelts zu klären.
1. Ob der Eigentümer schon während der Dauer des Fruchtgenusses gegen den Fruchtnießer Ansprüche aus einer Verletzung der Instandhaltungspflicht (§ 513 Satz 1 ABGB) geltend machen kann, war lange Zeit strittig. Die ältere Lehre und Rechtsprechung sprachen dem Eigentümer das Recht ab, während der Dauer des Fruchtgenusses vom Fruchtnießer die Ergänzung der Substanz, die Wiederherstellung und überhaupt die ordnungsgemäße Verwaltung zu fordern. Der Eigentümer wurde auf Ansprüche nach § 520 ABGB beschränkt (Nachweise bei Memmer in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 0.03 § 513 Rz 13). Klang (in Klang 2 II 591) hielt hingegen eine Schadenersatzklage bei aufrechtem Fruchtgenuss für zulässig, wenn der Eigentümer ein besonderes Interesse nachweise, welches das sofortige Begehren rechtfertige. Welser (Zur Erhaltungspflicht des Fruchtnießers nach § 513 ABGB und ihrer Sanktionierung, NZ 1982, 145 [146]) beschränkte den Anspruch des Eigentümers auf Wiederherstellung während des aufrechten Fruchtgenusses ebenfalls auf die Gefahr unwiederbringlicher Schäden (Gefährdung der Substanz) und gestand dem Eigentümer immer die Möglichkeit zu, zuzuwarten und erst bei Beendigung des Fruchtgenusses vom Fruchtnießer oder dessen Erben den vollen Schadenersatz zu fordern. Der Oberste Gerichtshof schloss sich in der Entscheidung 4 Ob 536/94 = JBl 1994, 702 der Meinung Klangs und Welsers zur Einschränkung des Anspruchs auf Wiederherstellung während des aufrechten Fruchtgenussrechts an (s auch Kiendl-Wendner in Schwimann, ABGB3 II, § 513 Rz 3).
Nach Beendigung des Fruchtgenussrechts - in diesem Fall durch den Tod der verbliebenen Berechtigten (§ 529 Satz 1 iVm § 478 ABGB) - steht ein Schadenersatzanspruch bei Verletzung der Instandhaltungspflicht grundsätzlich dem aktuellen Eigentümer und nicht seinen Rechtsvorgängern zu, und zwar unabhängig davon, ob wegen einer Gefährdung der Substanz bereits während des aufrechten Fruchtgenussrechts ein Begehren auf Wiederherstellung zulässig gewesen wäre (s Welser aaO 147; Memmer aaO Rz 14).
Die beklagte Partei bezweifelt nicht, dass dieser Schadenersatzanspruch der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1489 Satz 1 ABGB unterliegt und nicht der nur für Bestandverhältnisse geltenden einjährigen Präklusivfrist des § 1111 Satz 2 ABGB (Welser aaO 147). Die Frist beginnt aber jedenfalls erst mit der Rückstellung der Sache zu laufen, weil der Fruchtnießer erst ab diesem Zeitpunkt den ordnungsgemäßen Zustand nicht mehr selbst herstellen kann und daher ein Schaden aufgrund der Verletzung der Instandhaltungspflicht feststellbar ist (Welser aaO 147; Memmer aaO Rz 15). Das entspricht dem Grundsatz, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 Satz 1 ABGB nicht vor Kenntnis der Geschädigten vom tatsächlichen Eintritt des (ersten) Schadens zu laufen beginnt (Dehn in KBB3 § 1489 Rz 2 und 4 mwN; RIS-Justiz RS0083144; RS0087615).
Die gegen dieses Ergebnis in den Rechtsmitteln der beklagten Partei vorgebrachten Argumente, eine Verletzung der Instandhaltungspflicht habe aufgrund des im Vergleich zum tatsächlichen Wert extrem niedrigen Kaufpreises letztlich die Verkäuferin geschädigt und es habe der Kläger sich wegen dieses Kaufpreises schlüssig mit dem Zustand der Liegenschaft einverstanden erklärt und damit auf Schadenersatzansprüche verzichtet, überzeugen nicht. Abgesehen davon, dass es sich teils um unzulässige Neuerungen handelt (schlüssiger Verzicht), steht es Parteien eines Kaufvertrags grundsätzlich frei, inwieweit sie die Belastung einer verkauften Liegenschaft mit einem Fruchtgenussrecht und einer fideikommissarischen Substitution, die dadurch eingeschränkte Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeit sowie den schlechten Erhaltungszustand des Objekts bei der Festsetzung des Kaufpreises berücksichtigen. Ein (ausdrücklicher) Verzicht auf Schadenersatzansprüche gegenüber den Fruchtgenussberechtigten steht nicht fest. Auf den Beginn der Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche gegen den/die Fruchtgenussberechtigten hat ein für den Kläger günstiger Kaufpreis keinerlei Einfluss.
2. Nach Beendigung des Fruchtgenussrechts ist die Sache dem Eigentümer zurückzustellen (Hofmann in Rummel 3, § 519 Rz 1; RIS-Justiz RS0088537 [T6]). Die Verpflichtung des Fruchtnießers oder seiner Rechtsnachfolger, bis zum Zeitpunkt der Rückstellung ein angemessenes Benutzungsentgelt zu zahlen, ergibt sich aus § 1041 ABGB, der nicht nur auf Bestandverhältnisse anzuwenden ist (6 Ob 83/10i mwN). Sie erfordert weder ein Verschulden noch einen messbaren Nutzen des Anspruchsgegners. Der Entgang der Nutzungschance des Eigentümers reicht bereits aus (RIS-Justiz RS0019883). Es kommt daher entgegen der Auffassung der beklagten Verlassenschaft nicht darauf an, dass sie als bis zur Bestellung des Verlassenschaftskurators unvertretene juristische Person das Objekt nach dem Tod der Fruchtgenussberechtigten nicht mehr (zu Wohnzwecken) nutzen konnte. Den Bedenken der beklagten Partei zur (unverschuldeten) Verzögerung der Rückstellung durch eine zunächst nicht vertretene Verlassenschaft wird ohnehin durch die geforderte angemessene Räumungsfrist, deren Dauer im fortgesetzten Verfahren eben noch zu klären ist, Rechnung getragen.
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 2 ZPO.
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