OGH 1Ob179/10w

OGH1Ob179/10w20.10.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** KEG, *****, vertreten durch Radel Stampf Supper Rechtsanwälte OG in Mattersburg, gegen die beklagte Partei Franz H*****, vertreten durch Dr. Heinrich Rösch, Rechtsanwalt in Wien, wegen 10.472,81 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 8. Juli 2010, GZ 16 R 31/10m-22, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 28. Dezember 2009, GZ 59 Cg 126/08w-17, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

1. Der in der Revision enthaltene Pauschalverweis auf den Rechtsstandpunkt des Beklagten, der sich aus der Berufungsbeantwortung ergebe, ist unzulässig (RIS-Justiz RS0043616; RS0007029).

2. Ebenso unzulässig ist die Anfechtung der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts (RIS-Justiz RS0044233).

3. Wird Werklohnforderungen die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags wegen behaupteter Mängel entgegengehalten, beginnt die dreijährige Verjährungsfrist (§ 1486 Z 1 ABGB) bei Säumigkeit des Werkunternehmers mit der Verbesserung ab jenem Zeitpunkt, zu dem ihm die Verbesserung oder Nachlieferung objektiv möglich gewesen wäre (RIS-Justiz RS0020041). Dies gilt allerdings nicht, wenn zunächst ein auf Zahlung des Werklohns gerichtetes Klagebegehren nur wegen Nichtverbesserung gerügter Mängel mangels Fälligkeit abgewiesen wurde und der Unternehmer diese Verbesserungspflicht nicht willkürlich bestritten hat (RIS-Justiz RS0021992; 4 Ob 48/02s). Lässt der Besteller die vom Unternehmer angebotene Verbesserung nicht zu, wird der Werklohn fällig. In einem Prozess zunächst die Aufschiebung der Fälligkeit einzuwenden und danach zu behaupten, die Fälligkeit sei zumindest fiktiv schon viel früher eingetreten und der Anspruch sei deshalb verjährt, widerspricht Treu und Glauben (RIS-Justiz RS0103007). Ob ein bestimmtes Verhalten aus der Sicht des Vertragspartners gegen Treu und Glauben verstößt, ist immer nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und begründet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage. Dasselbe gilt für die Frage, ob ein Prozess wegen Aussichtslosigkeit des eingenommenen Prozessstandpunkts mutwillig geführt wurde (vgl RIS-Justiz RS0116109).

4. Der Beklagte hat sich - nach mehrfachen Mängelrügen und Behebungsversuchen - noch im November 2005 mit der Verbesserung durch die Klägerin bzw deren Subunternehmen einverstanden erklärt, weitere Mängel gerügt und erklärt, er werde den restlichen Werklohn erst bezahlen, wenn sämtliche Mängel behoben seien. Mehrere Versuche der Klägerin bzw ihres Subunternehmens, im November 2005 mit dem Beklagten einen Termin für die Mängelbehebung zu vereinbaren, scheiterten. Ihrer schriftlich im Dezember 2005 erfolgten Ankündigung der Mängelbehebung - ohne Festsetzung eines bestimmten Termins - hat der Beklagte nicht widersprochen. Am 21. 12. 2005 konnte die Verbesserung nicht in Angriff genommen werden, weil der Beklagte sie insbesondere wegen des nicht fixierten Termins kurz vor Weihnachten ablehnte. Ein primärer Streitpunkt des im Februar 2006 eingeleiteten Vorprozesses, in dem die Klägerin den unter Berücksichtigung bestimmter Mängel geminderten Werklohn forderte und der Beklagte sich wegen nicht behobener Mängel auf die fehlende Fälligkeit und sein Leistungsverweigerungsrecht berief, war, ob die Ablehnung der Mängelbehebung am 21. 12. 2005 berechtigt war. Vom Gericht erster Instanz wurden ein Annahmeverzug des Bestellers angenommen und die Fälligkeit der Werklohnforderung bejaht. Im Berufungsverfahren setzte sich hingegen der Beklagte mit seinem Standpunkt durch, seine Weigerung sei zu Recht erfolgt, weshalb die Klage abgewiesen wurde. Nach rechtskräftiger Beendigung dieses Verfahrens am 18. 7. 2008 ersuchte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben ihres Vertreters vom 24. 7. 2008, drei Termine für die Sanierung vorzuschlagen. Der Vertreter des Beklagten teilte mit Schreiben vom 1. 9. 2008 mit, dieser sei an einer Mängelbehebung nicht mehr interessiert.

5. Das vom Berufungsgericht erzielte Ergebnis, in dieser Konstellation die Verjährung der am 13. 11. 2008 eingeklagten Werklohnforderung zu verneinen, stellt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar. Der Behebungstermin vom 21. 12. 2005 war zwar aus der Sicht des Bestellers einigermaßen ungünstig, zu berücksichtigen sind aber andererseits die zuvor erfolglos gebliebenen Versuche der Klägerin, einen Termin zu vereinbaren. Die unterschiedliche Rechtsauffassung der ersten und zweiten Instanz im Vorprozess bieten einen vertretbaren Anhaltspunkt für die fehlende Mutwilligkeit des von der Klägerin dort eingenommenen Standpunkts. Nach dem Verhalten ihres Vertragspartners und Prozessgegners, der seine Berufung mit der fehlenden Fälligkeit der Werklohnforderung rechtfertigte, musste die Klägerin nicht mit einer plötzlichen Meinungsänderung nach rechtskräftigem Abschluss dieses Verfahrens und dem erstmals erhobenen Verjährungseinwand rechnen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

Die Klägerin hat nicht auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.

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