OGH 3Ob165/10a

OGH3Ob165/10a13.10.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.‑Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gustav Etzl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei H***** K*****, wegen 31.849,36 EUR, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 20. Juli 2010, GZ 4 R 96/10g‑13, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Graz‑Ost vom 11. Februar 2010, GZ 238 E 3828/09t‑9, mit der Maßgabe bestätigt wurde, dass der Verwertungsantrag der betreibenden Partei nicht zurück‑, sondern abgewiesen wird, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Begründung

Der Verpflichtete ist Komplementär einer KEG, welche ihrerseits Kommanditistin einer anderen KEG und Gesellschafterin einer GmbH ist.

Das Bezirksgericht Frohnleiten bewilligte der Betreibenden mit Beschluss vom 26. November 2008 zur Hereinbringung von 31.849,36 EUR sA gegen den Verpflichteten die Exekution nach den §§ 331 ff EO durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung des Anspruchs des Verpflichteten auf dasjenige, das ihm als Gesellschafter der erstgenannten KEG bei der Auseinandersetzung zukommt.

Mit Beschluss vom 21. Juli 2009 (ON 6) ermächtigte das Erstgericht die Betreibende gemäß § 333 EO zum Zweck der Verwertung des mit dem zuvor genannten Exekutionsbewilligungsbeschluss gepfändeten Vermögensrechts dieses Recht des Verpflichteten in dessen Namen geltend zu machen, zu diesem Zweck nach Maßgabe der Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Teilung oder die Einleitung des Auseinandersetzungsverfahrens zu begehren, Kündigungen laut Antrag der Betreibenden vorzunehmen und alle zur Ausübung oder Nutzbarmachung des gepfändeten Rechts erforderlichen Erklärungen namens des und mit Rechtswirksamkeit für den Verpflichteten abzugeben. Es sprach weiters aus, dass diese Ermächtigung der Betreibenden auch die Befugnis zur Einklagung des gepfändeten Rechts oder einzelner aus demselben hervorgehender Ansprüche gewähre.

Am 5. Jänner 2010 beantragte die Betreibende, den Verkauf des Geschäftsanteils sowie Gesellschaftsanteils der KEG (an der GmbH bzw der weiteren KEG) anzuordnen, weil sie am 15. Juni 2009 die KEG, deren Komplementär der Verpflichtete war, zum 31. Dezember 2009 gekündigt habe, womit die Gesellschaft aufgelöst sei. Das Vermögen dieser KEG bestehe soweit überblickbar nur aus dem Geschäftsanteil und dem Gesellschaftsanteil und sei daher, ohne dass es zu einer neuerlichen Pfändung dieser Aktiva oder des Realisats zu kommen habe, zu verwerten.

Das Erstgericht wies den Antrag zurück. Es sei zwar richtig, dass nach einer Ermächtigung nach § 333 EO das Vermögen nach Beschaffenheit seiner verschiedenen Bestandteile im Wege einer zugelassenen Exekutionsart zu verwerten sei, es sei jedoch ein neuer Exekutionsantrag erforderlich, der bei dem Exekutionsgericht zu stellen sei, das in erster Instanz für die Ermächtigung zur Geltendmachung des gepfändeten Rechts zuständig gewesen sei.

Das Rekursgericht bestätigte den erstinstanzlichen Beschluss mit der Maßgabe, dass es den Antrag abwies. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil keine erhebliche Rechtsfrage nach § 528 Abs 1 ZPO zu lösen gewesen sei.

Zwar habe das Erstgericht zu Unrecht seine Unzuständigkeit angenommen, weil davon auszugehen sei, dass nach § 333 Abs 2 EO letztlich jenes Gericht zuständig sein solle, das den Ermächtigungsbeschluss gefasst habe. Der Verwertungsantrag könne aber nicht bewilligt werden, weil sich § 333 Abs 2 EO auf die Verwertung der dem Verpflichteten nach Durchführung der Vermögensauseinandersetzung zugefallenen Vermögensrechte beziehe, die betroffenen Geschäftsanteile bzw Gesellschaftsanteile hier aber nicht Vermögen des Verpflichteten, sondern Vermögen der aufgelösten KEG seien, deren Verwertung durch Liquidation der KEG zu erfolgen habe. Die Kündigung der Gesellschaft durch einen Privatgläubiger führe zur Auflösung der Gesellschaft und Liquidation nach den §§ 145 ff UGB iVm § 161 Abs 2 UGB. Ein kündigender Privatgläubiger trete nicht an die Stelle des Gesellschafters/Schuldners, sondern habe als Beteiligter eine selbständige Rechtsposition. Der Verwertungsantrag könne daher nicht bewilligt werden.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Betreibenden, mit dem sie die Bewilligung ihres Verwertungsantrags (Verkauf des Geschäftsanteils der gekündigten KEG an der GmbH) anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Revisionsrekurs ist nicht nach § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig, weil nicht in beiden Instanzen inhaltlich gleichlautend entschieden wurde (RIS‑Justiz RS0044456). Es handelt sich auch nicht um einen in Wahrheit zur Gänze bestätigenden Beschluss des Rekursgerichts, weil die tragenden Entscheidungsgründe der Vorinstanzen völlig verschieden und nicht etwa ungeachtet der Differenz im Spruch gleich waren (vgl RIS‑Justiz RS0044089).

Die Betreibende macht in Ausführung ihres Revisionsrekurses geltend, die Gesellschaft sei durch Kündigung eines Gläubigers aufgelöst. Gemäß § 145 Abs 2 UGB könne die Liquidation mit Zustimmung des Gläubigers unterbleiben. Diese Zustimmung sei im Verwertungsantrag der Betreibenden zu sehen. Unterbleibe aber die Liquidation, dann sei gemäß § 333 Abs 2 EO das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung der Betreibenden zu verwenden. Das Gesellschaftsvermögen bestehe hier aus dem Geschäftsanteil der aufgelösten KEG an der GmbH, aus dessen Erlös die Betreibende zu befriedigen sei. Dem ist nicht zu folgen:

Bei der Verwertung nach § 333 Abs 1 EO handelt es sich um ein Vorverfahren, durch das dem Verpflichteten Werte verschafft werden sollen, auf die dann der Betreibende Exekution führen kann. Der Inhalt der dazu erforderlichen Ermächtigung ist mit der Überweisung einer Geldforderung zur Einziehung (§ 308 EO) vergleichbar. Diese der Einziehungsüberweisung ähnliche Ermächtigung stellt die Rechte des Betreibenden gleich denen des Verpflichteten (RIS‑Justiz RS0003934; Oberhammer in Angst 2 , § 333 EO, Rz 3 mwN). Die Verwertung des Gesellschaftsvermögens hat nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften über die KG zu erfolgen (vgl zur Kaduzierung und Verwertung eines Geschäftsanteils einer GmbH: 3 Ob 196/98i = SZ 71/163; RIS‑Justiz RS0110898).

Gemäß § 145 Abs 1 iVm § 161 Abs 2 UGB findet nach der Auflösung der Gesellschaft ‑ hier durch Kündigung des Privatgläubigers nach § 135 UGB ‑ die Liquidation statt, sofern nicht eine andere Art der Auseinandersetzung von den Gesellschaftern vereinbart oder über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Die Liquidation, die zur Versilberung des nicht in Geld bestehenden Vermögens und letztlich zur Verteilung des Gesellschaftsvermögens unter den Gesellschaftern führen soll, erfolgt durch die Liquidatoren (§§ 149, 155 iVm § 161 Abs 2 UGB). Diese sind die Gesellschafter (§ 146 Abs 1 HGB, nunmehr § 146 Abs 1 UGB), hier also auch der Verpflichtete und nicht etwa der betreibende Privatgläubiger, der mit der Exekutionsbewilligung nicht zum Gesellschafter der KEG wurde (so schon NZ 1954, 11; Wünsch , Zur Kündigung der Personenhandelsgesellschaft durch einen Privatgläubiger eines Gesellschafters, GesRZ 2002, 56 [61]; Koppensteiner in Straube , HGB 3 § 135 Rz 11). Dies ergibt sich schon aus den dem Gläubiger in § 146 Abs 2 und § 147 UGB eingeräumten Rechten. Vor einer entsprechenden Antragstellung ist er am Liquidationsverfahren nicht beteiligt ( Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht, Rz 2/632). Die Liquidation kann nur dann unterbleiben, wenn die Gesellschafter etwas anderes, etwa die Veräußerung des Unternehmens, vereinbaren. Einen solchen Gesellschaftsbeschluss behauptet die Betreibende nicht. Auf § 145 Abs 2 UGB, wonach die Liquidation im Falle der Kündigung durch einen Gesellschaftsgläubiger oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters nur mit Zustimmung des Gläubigers oder des Masseverwalters unterbleiben kann, lässt sich das von der Betreibenden gewünschte Ergebnis, nämlich die Vermeidung der Liquidation, nicht begründen. Einen Beschluss der Gesellschafter, keine Liquidation vorzunehmen, dem die Betreibende zustimmen könnte, gibt es hier nach der Aktenlage nicht. Die Betreibende muss vielmehr die Liquidation und deren Ergebnis abwarten. Zu Recht verwies das Rekursgericht darauf, dass der Geschäftsanteil an der GmbH, dessen Verwertung durch Verkauf die Betreibende anstrebt, nicht Vermögen des Verpflichteten, sondern der aufgelösten KEG ist. Die Verwertung dieses Geschäftsanteils ist Teil der Liquidation der aufgelösten KEG. Erst die durch/nach der Liquidation dem Verpflichteten zukommenden Vermögensgegenstände sind nach den entsprechenden Vorschriften der Exekutionsordnung zugunsten der Betreibenden zu verwerten (bewegliche Sachen nach den Vorschriften der Fahrnisexekution, Geldforderungen nach den Bestimmungen der Forderungsexekution; Oberhammer aaO Rz 5).

Zusammenfassend gilt daher:

Der nach den §§ 331 ff EO betreibende Privatgläubiger eines Gesellschafters einer KEG (KG) ist nach erfolgter Kündigung (§ 135 UGB) und Auflösung der Gesellschaft am von den Gesellschaftern durchzuführenden Liquidationsverfahren (§ 146 Abs 1 UGB) noch nicht beteiligt. Er muss das Ergebnis der Liquidation abwarten und kann erst auf die danach dem Verpflichteten zukommenden Vermögenswerte exekutiv greifen, es sei denn, die Gesellschafter beschließen ‑ mit der Zustimmung des Privatgläubigers ‑ eine andere Verwertung des Gesellschaftsvermögens.

Dem unberechtigten Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO iVm § 78 EO.

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