Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Das Urteil des Berufungsgerichts wurde dem Vertreter des Beklagten am 16. 10. 2009 zugestellt. Am 13. 11. 2009 beantragte der Beklagte Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von den Gerichtsgebühren. Mit Beschluss vom 7. 12. 2009 wurde die Verfahrenshilfe antragsgemäß im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit a ZPO bewilligt. Am 21. 1. 2010 brachte der Beklagte einen Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO auf Zulassung der ordentlichen Revision samt ordentlicher Revision ein.
Das Berufungsgericht wies den Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO auf Zulassung der ordentlichen Revision samt ordentlicher Revision als verspätet zurück. Ein Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO sei binnen vier Wochen beim Erstgericht einzubringen. Diese Frist werde gemäß § 464 Abs 3 ZPO nur dann bis zur Entscheidung über einen Verfahrenshilfeantrag unterbrochen, wenn die Beigebung eines Rechtsanwalts beantragt werde. Der am 21. 1. 2010 beim Erstgericht eingebrachte Verfahrenshilfeantrag des Beklagten habe ausschließlich auf die Befreiung von den Gerichtsgebühren abgezielt und daher die vierwöchige Frist des § 508 Abs 2 ZPO nicht unterbrochen. Der am 21. 1. 2010 eingebrachte Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO sei daher verfristet.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Beklagten ist zulässig: Der Rechtsmittelausschluss des § 508 Abs 4 ZPO betrifft nur Entscheidungen, mit denen das Berufungsgericht die Argumente des Antragstellers, es lägen doch erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO vor, prüft, sie aber nicht für stichhältig hält und deshalb den Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO und die damit verbundene Revision zurückweist (RIS-Justiz RS0115271, RS0113122). Der Ausschluss gilt jedoch nicht bei einer Zurückweisung des Rechtsmittels wegen Verspätung (8 Ob 101/08y). Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
Der Beklagte macht geltend, die Fristunterbrechung des § 464 Abs 3 ZPO komme nach dem Schutzzweck dieser Norm auch jener Partei zugute, die ihren Verfahrenshilfeantrag allein auf die Befreiung von den Gerichtsgebühren stütze. Diese Auffassung des Rechtsmittelwerbers steht in klarem Widerspruch zum Gesetzeswortlaut und zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.
Gemäß § 508 Abs 2 ZPO gilt für den Abänderungsantrag, der binnen vier Wochen nach Zustellung des Berufungsurteils einzubringen ist, die Regel des § 464 Abs 3 ZPO sinngemäß.
§ 464 Abs 3 ZPO normiert, dass für die die Verfahrenshilfe genießende oder beantragende Partei, die innerhalb der Berufungsfrist die Beigebung eines Rechtsanwalts beantragt, die Berufungsfrist mit der Zustellung des Bescheids über die Bestellung des Rechtsanwalts und einer schriftlichen Urteilsausfertigung oder dem Eintritt der Rechtskraft des abweisenden Beschlusses beginnt. Dabei handelt es sich nicht um eine Verlängerung, sondern um eine Verlegung der Berufungsfrist (RIS-Justiz RS0041683).
Bei der Bestimmung des § 464 Abs 3 ZPO handelt es sich um eine für das streitige Verfahren geschaffene Ausnahmebestimmung, deren Heranziehung nur in dem vom Gesetz angeführten Fall zulässig ist (RIS-Justiz RS0007016). Fehlt es am Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts, tritt die Fristverlegung nicht ein (RIS-Justiz RS0041683). Es kann daher keine Rede davon sein, dass auch ein lediglich auf die Bewilligung der Begünstigung des § 64 Abs 1 Z 1 lit a ZPO abzielender Antrag den Beginn der Berufungsfrist beeinflussen könnte (vgl 8 Ob 48/97k).
Der Beklagte hat gerade nicht die Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenshilfe beantragt; damit liegt der im § 464 Abs 3 ZPO genannte Fall nicht vor. Die Berufungsfrist war somit gemäß § 464 Abs 2 ZPO vom Tag der Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung an zu rechnen, weshalb das Gericht zweiter Instanz die Berufung zu Recht als verspätet zurückgewiesen hat.
Dem Rekurs ist ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.
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