OGH 13Os66/10w

OGH13Os66/10w19.8.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. August 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Lässig, Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Constantin C***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter, dritter und vierter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Constantin C***** sowie die Berufung des Angeklagten Marian G***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. April 2010, GZ 013 Hv 6/10k-109, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Constantin C***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch rechtskräftige Schuldsprüche der Mitangeklagten und unangefochten gebliebene Teilfreisprüche enthaltenden - Urteil wurde Constantin C***** des Verbrechens des im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter, dritter und vierter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien, Gerasdorf und Wolkersdorf mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen an Gegenständen, deren Wert 3.000 Euro übersteigt, eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

(A) zwischen 25. Juni 2009 und 20. Juli 2009 durch Einbruch oder Einsteigen in Gebäude als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) anderer namentlich genannter Mitglieder dieser Vereinigung in jeweils mehreren Angriffen im Einzelnen angeführten Gewahrsamsträgern (zumeist) Werkzeuge in einem zum Teil 3.000 Euro übersteigenden Wert weggenommen (I/1) und wegzunehmen (II/1) versucht, indem sie jeweils versperrte Baucontainer sowie Holzbau- und Werkzeughütten aufbrachen;

(A I 2) am 30. September 2007 mit teils namentlich angeführten Mittätern durch Einbruch in ein Gebäude Gewahrsamträgern eines Friseurgeschäfts Wertgegenstände im Gesamtwert von etwa 6.500 Euro weggenommen, indem sie die Hintertür des Geschäfts aufhebelten;

(B) zwischen 2. September 2008 und 11. Mai 2009 mit einem Mittäter Gewahrsamsträgern der ÖBB Kupferkabel im Wert von 3.000 Euro weggenommen (I) und in mehreren Angriffen teils mit namentlich genannten Mittätern Gewahrsamsträgern von Bekleidungsgeschäften sowie Lebensmittel- und Drogeriemärkten Bekleidungsstücke, Lebensmittel, DVDs und Kosmetika wegzunehmen versucht (II).

Rechtliche Beurteilung

Der auf die Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Die in der Mängelrüge zu A/I/2 behauptete Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) liegt nicht vor, weil sich die Tatrichter gerade mit der als übergangen reklamierten Passage der leugnenden Verantwortung des Angeklagten, wonach er zwar am Tatort anwesend gewesen sei, aber die Tür nicht aufgebrochen und nichts weggenommen habe, explizit auseinandergesetzt und dargelegt haben, warum sie dieser nicht zu folgen vermochten (US 14).

Mit dem Vorbringen, die (einverständlich verlesene) Aussage des Bujor C***** „überzeuge allerdings nicht“, weil sich das Gericht keinen direkten Eindruck machen konnte und dieser ausschließlich Eigeninteressen verfolgt habe, wird lediglich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die Beweiswürdigung bekämpft.

Soweit die Beschwerde zu diesem Schuldspruch weiters moniert, es sei nicht nachvollziehbar und widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass das Erstgericht ohne nähere Begründung der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers zu den Freisprüchen, nicht jedoch „hinsichtlich des Frisörsalons“ gefolgt sei (Z 5 vierter Fall), nimmt sie nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß, wonach der Freispruch mangels ausreichender Verfahrensergebnisse im Zweifel erfolgte (US 15), wohingegen der Schuldspruch auf die eine Anwesenheit an Tatort einräumende Verantwortung des Angeklagten, die Tatzeit und die belastende Aussage des Mittäters gestützt wurde (US 14). Sie ist demnach nicht gesetzmäßig ausgeführt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) erlaubt eine Bekämpfung der Beweiswürdigung nur insoweit, als sie völlig lebensfremde Ergebnisse derselben durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiserwägungen) aufzuzeigen in der Lage ist (RIS-Justiz RS0118780), was zum Schuldspruch A/I/2 mit dem Verweis auf die den Urteilsannahmen entgegenstehenden Angaben des Angeklagten nicht gelingt.

Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite stützten die Tatrichter - ohne Verstoß gegen die Gesetze folgerichtigen Denkens oder grundlegende Erfahrungssätze - betreffend die Schuldsprüche A/I/1 und A/II/1 auf die schnelle Abfolge der gemeinsam begangenen Delikte, den Tatzeitraum von drei Wochen und die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse der Angeklagten im Zusammenhalt mit dem diesbezüglichen Einbekenntnis der Angeklagten (US 15), zu A/I/2 leiteten sie diese (rechtsstaatlich ohne weiteres vertretbar und bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht ersetzbar, RIS-Justiz RS0116882, RS0098671) aus den objektiven Umständen ab (US 14), sodass der (nominell aus Z 5a, der Sache nach aus Z 5 vierter Fall) erhobene Einwand, die vom Erstgericht gezogenen Schlüsse würden „jeglicher Grundlage im Beweisverfahren“ entbehren, ins Leere geht. Warum sich das Schuldbekenntnis des Angeklagten „hinsichtlich der Diebstähle auf den Baustellen“ nicht auf den gesamten, sämtliche Qualifikationen umfassenden Anklagesachverhalt bezogen haben sollte, sagt die Rüge nicht.

Unter dem Aspekt der Aufklärungsrüge moniert sie unterlassene Fragestellung an den Angeklagten zu den Schuldsprüchen A/I/1, A/II/1 und A/I/2 „hinsichtlich eines allfälligen Vorsatzes“ zu den „Qualifikationen der Gewerbsmäßigkeit, kriminellen Vereinigung und 3.000 Euro übersteigender Wert“, lässt dabei allerdings eine Darlegung vermissen, wodurch der Verteidiger an seinem diesbezüglichen Fragerecht gehindert gewesen sei (RIS-Justiz RS0114036 [T2] und [T3]).

Die Subsumtionsrüge (Z 10), welche zum Schuldspruch A/I/2 das Fehlen „ausreichender“ Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Bezug auf alle Qualifikationen reklamiert, zeigt nicht auf, weshalb sich trotz weiterer nach § 130 zweiter, dritter und vierter Fall StGB qualifizierter Taten die rechtliche Beurteilung der Diebstähle in ihrer Gesamtheit (§ 29 StGB) ändern sollte (RIS-Justiz RS0120980; Ratz in WK² § 29 Rz 5 ff).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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