OGH 11Os85/10z

OGH11Os85/10z17.8.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. August 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Puttinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Heinz B***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 13. April 2010, GZ 11 Hv 144/09v-69, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthält, wurde Heinz B***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall StGB (I./), der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (II./1./ und 2./) sowie der Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (II./3./ und 4./) schuldig erkannt.

Danach hat Heinz B***** (soweit für die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz) in Liezen und anderen Orten

I./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, teils unter Verwendung gefälschter (richtig: falscher) Urkunden (Fakten 1./, 5./ und 6./) andere durch Vortäuschung seiner Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit zu Handlungen veranlasst, die diese in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar

1./ am 27. September 2007 Monika P***** zur Vermietung eines Zimmers für den Zeitraum vom 27. September 2007 bis 1. Oktober 2007 unter Verwendung eines mit dem Namen Dr. Josef B***** unterfertigten Gästeblatts, in welchem als Geburtsdatum der 13. Februar 1958 aufschien (Schaden: 242,10 Euro),

2./ am 14. oder 15. Juni 2009 eine nicht näher bekannte Person zur Ausfolgung eines Mittagessens in nicht näher bekanntem Wert,

3./ am 14. Juni 2009 Karin W***** zur Vermietung eines Zimmers (Schaden: 38 Euro),

4./ am 19. Juni 2009 Hans K***** zur Vermietung eines Zimmers im Zeitraum vom 19. Juni 2009 bis 29. Juni 2009 (Schaden: 300 Euro),

5./ am 29. Juni 2009 Alfred M***** zur Vermietung eines Zimmers für den Zeitraum vom 29. Juni 2009 bis 1. Juli 2009 unter Verwendung eines mit dem Namen Dr. Josef B***** unterfertigten Gästeblatts, wobei als Beruf Chiropraktiker und als Geburtsdatum 13. August 1948 aufschien (Schaden: 65 Euro),

6./ im Zeitraum vom 2. Juli 2009 bis 5. Juli 2009 Anna B***** zur Vermietung eines Zimmers unter Verwendung eines mit dem Namen Josef P***** unterzeichneten Gästeblatts, wobei als Beruf Arzt und als Geburtsdatum der 18. Februar 1947 aufschien, sowie zur Ausfolgung von Speisen und Getränken (Schaden: 175 Euro),

7./ am 6. Juli 2009 Claudia G***** zur Ausfolgung von drei halben Litern Bier (Schaden: 8,70 Euro)

8./ am 6. Juli 2009 Lavinia P***** als Berechtigte der BP-SB-Tankstelle zur Duldung der Betankung seines Fahrzeugs (Schaden: 50,79 Euro zum Nachteil des Georg O*****).

Rechtliche Beurteilung

Gegen die zum Schuldspruch I./ erfolgte Annahme der Qualifikation des Betrugs nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB und damit auch gegen die Annahme der Qualifikation des gewerbsmäßig schweren Betrugs nach § 148 zweiter Fall StGB richtet die Staatsanwaltschaft ihre auf Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde zu Gunsten des Angeklagten, welcher keine Berechtigung zukommt.

Zur Begründung ihrer Subsumtionsrüge (Z 10) weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB nur derjenige strafbar sei, welcher eines oder mehrere der dort genannten Beweismittel oder ein unrichtiges Messgerät nicht bloß anlässlich, sondern gerade zur Täuschung benützt. Solche Feststellungen hinsichtlich der Verknüpfung der Benützung des Gästeblattfalsifikates mit der betrugsbegründenden Täuschungshandlung sowie hinsichtlich eines auf Einsatz der falschen Urkunde als Mittel zur tatbestandsrelevanten Täuschung gerichteten Vorsatzes des Angeklagten wären jedoch dem Urteil nicht zu entnehmen. In den Urteilsgründen werde vielmehr ein Bezug der Falschangaben zum Zweck der Vereitelung von Verfolgungsschritten hergestellt.

Dabei argumentiert die Staatsanwaltschaft jedoch nicht auf der Grundlage der bezughabenden Urteilsfeststellungen, wonach der Angeklagte in der Zeit zwischen dem 27. September 2007 und dem 7. Juli 2009 in einigen Fällen (I./ 1./, 5./ und 6./) die im Schuldspruch näher bezeichneten Personen mit deliktsspezifischem Vorsatz über seine Zahlungsfähigkeit bzw -willigkeit und auch über seine Identität täuschte, indem er in Gästeblättern falsche Geburtsdaten, einen falschen Beruf und teilweise einen zu Unrecht geführten Doktortitel eintrug und diese Angaben mit falschen Namen unterfertigte, und hiedurch zum vermögensschädigenden Überlassen von Gästezimmern verleitete. Beim Ausfüllen der Gästeblätter mit den falschen Daten verfolgte er zum einen die Absicht, die Geschädigten über seine Identität zu täuschen, und zum anderen, auch die Einbringlichkeit der entstandenen Schadensbeträge zu erschweren (US 7 f, 10).

Mit diesen Konstatierungen haben die Tatrichter jedoch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass das Gästeblattfalsifikat jeweils zur betrugsbegründenden Täuschung anderer benützt wurde und der Einsatz der falschen Urkunde als Mittel der tatbestandsrelevanten Täuschung vom Vorsatz (der Absicht) des Angeklagten umfasst war. Ein Rechtsfehler (mangels Feststellungen) kann dem Erstgericht daher nicht angelastet werden (vgl RIS-Justiz RS0094510, vom Sachverhalt verschieden 13 Os 123/07y [= T3, T4]).

Da sich die Nichtigkeitsbeschwerde - mangels Festhaltens am Urteilssachverhalt - nicht an den gesetzlichen Anfechtungskriterien (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581) orientiert, war sie - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Stichworte