Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der von den Schuldsprüchen zu B I. und II. umfassten Taten unter § 28a Abs 2 Z 1 SMG sowie in Ansehung des Schuldspruchs D, demgemäß auch im Strafausspruch sowie der Beschluss nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Teilfreisprüche enthält, wurde Engelbert M***** des Verbrechens des unerlaubten Umgangs mit Drogenausgangsstoffen nach § 32 Abs 3 zweiter, dritter und fünfter Fall SMG, §§ 15, 12 zweiter Fall StGB (A), der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster und fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Z 3 SMG, § 15 StGB (B I. und II.), der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Z 2 SMG (B III. und IV.), der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 3 zweiter Satz, Abs 4 Z 1 StGB (C), der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB (D), des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffenG (E) sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit psychotropen Stoffen nach §§ 12 zweiter Fall, 15 StGB, § 30 Abs 1 achter Fall SMG (F) schuldig erkannt.
Danach hat er - soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung -
B) vorschriftswidrig
I.) Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, wobei er die Straftat teilweise gewerbsmäßig (zu Punkt 1.) und in Bezug auf ein Suchtgift in einer zumindest das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge beging und schon einmal wegen Verbrechen nach § 28 Abs 2 erster Fall SMG (idF BGBl I Nr 134/2002) verurteilt worden ist, indem er
1.) von September 2008 bis Oktober 2009 zumindest 200 Gramm Metamphetaminbase (Reinsubstanz) zum gewinnbringenden Verkauf erzeugte;
2.) von Sommer 2009 bis Oktober 2009 zumindest 250 Gramm Cannabiskraut aus fünf Cannabispflanzen, die er im Sommer 2009 im Summerauer Holz aussetzte und im Oktober 2009 erntete, wovon am 2. November 2009 noch ca 109,5 Gramm Cannabiskraut sichergestellt wurden;
II.) Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen Personen überlassen und zu überlassen versucht, „wobei er die Straftat überwiegend gewerbsmäßig und in Bezug auf Suchtgift in einer zumindest das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge beging, und schon einmal wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG idF BGBl I Nr 134/2002 verurteilt worden ist, und zwar indem er
1.) die unter Faktum B) I.) 1.) genannte Menge an Metamphetamin (200 Gramm) gewinnbringend wie folgt verkaufte:
a) im September/Oktober 2009 50 Gramm Metamphetamin an Sasa O*****;
b) im Sommer 2009 150 Gramm Metamphetamin an unbekannte Abnehmer;
c) im Sommer 2009 in Linz eine 'Line' Metamphetamin unentgeltlich an Jacqueline A*****“;
2.) am 18. Dezember 2007 in Freistadt ein fünf x fünf cm großes Säckchen mit Kokain an Beata B***** und andere Prostituierte, wobei es beim Versuch blieb;
3.) am 23. Dezember 2007 in Freistadt Kokain an Lenka G*****, wobei es beim Versuch blieb;
4.) im November 2007 in Freistadt Kokain an N. S*****, wobei es beim Versuch blieb.
C) vom 24. März 2008 bis 3. März 2009 pornografische Darstellungen (§ 207a Abs 4 Z 1 StGB) von unmündigen Personen, „und zwar Videodateien ua zeigend Geschlechtsteile von Unmündigen, digitale Vaginalpenetrationen sowie Beischlaf und Oralverkehr mit Unmündigen sich verschafft und besessen, indem er diese Dateien auf seine externe Festplatte im Ordner „My Downloads“ kopierte, speicherte und auf diese zugriff“;
D) am 3. März 2009 ein Beweismittel, das zur Verwendung in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung bestimmt war und über das er nicht allein verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass dieses im Verfahren gebraucht werde, indem er gegenüber den die Durchsuchung durchführenden Beamten eine - hinter einer Trennwand versteckte - Indoor-Plantage mit fünf Cannabispflanzen verschwieg und die Cannabispflanze nach der Durchsuchung vernichtete, um eine Auffindung zu verhindern.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Teil des Schuldspruchs bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 5, 5a, 9 lit a, lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der teilweise Berechtigung zukommt.
Zu Schuldspruch B bringt die Rüge (undifferenziert aus Z 5 und 5a) vor, zur Herstellung von 200 Gramm Metamphetamin hätte es 1.250 Packungen Rhinopront bedurft, es gebe aber keine Hinweise auf größere Lieferungen dieses Medikaments an den Angeklagten. Eine an dessen früherem Arbeitsplatz gefundene E-Mail sei das einzige Beweismittel gegen ihn. Mit dem Einwand des Verteidigers, dass mehrere Mitarbeiter des Unternehmens, in welchem der Beschwerdeführer beschäftigt war, Drogenkontakte gehabt hätten, habe sich das Gericht nicht auseinandergesetzt. Mit diesen, von eigenständigen Beweiswerterwägungen getragenen Spekulationen über Herstellungsbedingungen und Gelegenheitsverhältnisse bekämpft der Beschwerdeführer bloß die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer Berufung wegen Schuld, ohne Begründungsmängel iSd Z 5 des § 281 Abs 1 StPO aufzeigen zu können oder erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs an der Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden Feststellungen wecken zu können (Z 5a).
Mit dem Umstand, dass der Angeklagte längere Zeit überwacht wurde, hat sich das Erstgericht - dem Beschwerdevorbringen zuwider - auseinandergesetzt (US 27). Wodurch der anwaltlich vertretene Angeklagte gehindert gewesen wäre, ein Sachverständigengutachten zu Schriftbild und Schreibstil der gefundenen E-Mail zu beantragen, vermag die Beschwerde nicht darzulegen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) leitet nicht aus dem Gesetz ab, weshalb es zur Erfüllung der Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG notwendig sein sollte, dass die Vorverurteilung gerade nach dem Tatbestand des § 28a Abs 1 SMG in der nunmehr geltenden Fassung erfolgte, und ein Schuldspruch nach § 28 Abs 2 SMG idF vor der SMG-Nov 2007 - der Angeklagte wurde am 21. Oktober 2005 vom Landesgericht Linz, AZ 28 Hv 135/05w, wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG idF vor der SMG-Nov 2007 verurteilt - nicht ausreichen sollte (ang: „Straftat nach Abs 1“, RIS-Justiz RS0123175; vgl im Übrigen Litzka/Matzka/Zeder SMG² § 28a Rz 18).
Das auf eine Anwendung der privilegierenden Bestimmung des § 28a Abs 3 SMG abzielende Vorbringen wiederum geht nicht von den Feststellungen aus, wonach der Angeklagte das Suchtgift keineswegs vorwiegend deshalb verkaufte, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen (US 22).
Zutreffend moniert die Beschwerde allerdings, dass es zu B I. und II. an Feststellungen zur Absicht des Angeklagten fehlt, sich durch die wiederkehrende Begehung von nach § 28a Abs 1 erster und fünfter Fall SMG qualifizierten Straftaten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Die Erstrichter haben nämlich nur konstatiert, dass sich der Angeklagte „durch die Erzeugung und den anschließenden Verkauf“ eine fortlaufende Einnahme verschaffen wollte (US 21; diese Tendenz ist zudem - wie die Rüge zutreffend weiter ausführt - durch den Hinweis auf den objektiven Geschehensablauf auch unzureichend begründet). Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 10) zwingt zur Aufhebung des Schuldspruchs in diesem Umfang.
Zum Schuldspruch C gelingt es dem Beschwerdeführer weder mit beweiswürdigenden Spekulationen über die Herkunft des auf einer Festplatte des Angeklagten sichergestellten kinderpornographischen Materials noch mit dem - irrelevanten - Hinweis, das Öffnen der Dateien sei noch nicht gleichbedeutend mit deren Betrachten, einen Begründungsmangel iSd Z 5 des § 281 Abs 1 StPO aufzuzeigen oder erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundeliegenden Feststellungen zu erwecken (Z 5a).
Im Recht ist die Beschwerde aber mit ihrem zu Schuldspruch D erstatteten Vorbringen, die nach den erstgerichtlichen Feststellungen als Beweismittel unterdrückten Cannabispflanzen seien den einschreitenden Beamten im Zeitpunkt der Hausdurchsuchung nicht bekannt gewesen. Dem Urteil mangelt es nämlich tatsächlich an Konstatierungen zu einer zum Zeitpunkt der Vernichtung des Beweismittels vorgelegenen sicherheitsbehördlichen Verwendungsbestimmung (Plöchl/Seidl in WK² § 295 Rz 3 f, 6; RIS-Justiz RS0096478). Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) zwingt zur Kassation auch dieses Schuldspruchs und zur Zurückverweisung an die erste Instanz.
Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde war der Angeklagte auf diese (teil-)aufhebende Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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