Spruch:
Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 31. Juli 2009, AZ 132 Bl 88/09h, verletzt in
1./ § 195 Abs 1 Z 2 StPO und
2./ § 195 Abs 2 dritter Satz StPO das Gesetz.
Der Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin erkannt, dass der Antrag der B***** AG auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens gegen Felix W***** wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 StGB abgewiesen wird.
Text
G r ü n d e :
Mit Verfügung vom 13. Mai 2009 stellte die Staatsanwaltschaft Wien das Ermittlungsverfahren gegen Felix W***** wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2 StGB mangels Naheliegens einer Verurteilung gemäß § 190 Z 2 StPO ein. Sie führte dazu aus, dass kein ausschließliches Gelegenheitsverhältnis bestanden habe, eine freiwillige Nachschau in seiner Wohnung negativ verlaufen sei und auch eine am Tatort gesicherte Fingerabdruckspur nicht vom Beschuldigten stamme (S 1 f in ON 1).
Mit Antrag vom 8. Juni 2009 begehrte die B***** AG die Fortführung des Verfahrens im Wesentlichen mit der Argumentation, die Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung durch Felix W***** sei als hoch einzustufen, weil der Beschuldigte entgegen seinen üblichen Gepflogenheiten die Filiale, in welcher der Diebstahl stattgefunden hatte, bereits um 4:40 Uhr und nicht wie bei der Ersteinvernahme behauptet, erst um 5:00 Uhr betreten habe und er demnach fünfzig Minuten Zeit gehabt hätte, den Tresor zu öffnen und die Tageslosung an sich zu nehmen. Die Rechtfertigung des Felix W*****, eine Zigarette geraucht, Wechselgeld gezählt, Fleisch sortiert bzw bearbeitet sowie Unterlagen für die für diesen Tag angesetzt gewesene Filialleiterprüfung studiert zu haben, überzeuge mit Blick auf die erst um 5:20 Uhr erfolgte Fleischanlieferung und seine erst um 8:00 Uhr in der Zentrale W***** erforderliche Anwesenheit ebenso wenig wie die für das Verlassen der Filiale bereits um 6:30 Uhr abgegebene Erklärung des Beschuldigten, zu Hause die Toilette benutzt zu haben. Ferner habe Felix W***** den Dienst am 20. März 2009 vorzeitig beendet und sei bei den Abrechnungen nicht anwesend gewesen, sodass sich solcherart der Verdacht ergebe, die Mitarbeiterin Regina G***** habe die Tageslosungen nicht eingeworfen. Zum Nachweis des tatsächlichen Zeitpunkts der Fleischanlieferung, der bisherigen Arbeitsgewohnheiten des Beschuldigten in der Filiale und zum Umstand, dass Regina G***** die Abrechnung alleine durchführen musste, wurden die Zeugen Roswitha F*****, Christian S*****, Regina G***** und Katarzyna Fr***** genannt (ON 4).
Mit Stellungnahme vom 1. Juli 2009 legte die Staatsanwaltschaft den Fortführungsantrag samt Ermittlungsakt gemäß § 195 Abs 3 StPO dem Landesgericht für Strafsachen Wien vor (S 1 verso) und führte zur Ablehnung der Fortführung aus, dass Felix W***** aufgrund einer Anzeige der B***** AG verdächtig gewesen sei, zwischen 20. März 2009, 18:30 Uhr und 23. März 2009, 12:30 Uhr als Filialleiter in den Standtresor der Filiale eingebrochen und Tageslosungen im Gesamtbetrag von 15.681,24 Euro weggenommen zu haben.
Nach den durchgeführten Ermittlungen kämen jene drei Angestellte als Täter in Betracht, die über den äußeren Tresorschlüssel verfügten, demnach der Beschuldigte sowie die Zeuginnen Katarzyna Fr***** und Regina G*****. Schlussendlich sei aber nur der Beschuldigte angezeigt worden, weil er (1) am 23. März 2009 entgegen seinen Gewohnheiten die Filiale bereits um 4:40 Uhr betreten habe, (2) im Zeitpunkt, als ein ähnlicher Einbruchsdiebstahl in einer Filiale in 1030 Wien verübt worden war, dort beschäftigt gewesen sei, (3) es sich bei den Zeuginnen Katarzyna Fr***** und Regina G***** im Gegensatz zum Beschuldigten um langjährige und zuverlässige Mitarbeiterinnen handle und (4) sich die Gelegenheit für die zuvor genannten Zeuginnen letztlich deutlich schlechter dargestellt hätte als beim Beschuldigten. Mit Blick auf die leugnende Verantwortung des unbescholtenen Beschuldigten, der einer freiwilligen (keine weiteren Verdachtsmomente bringenden) Nachschau an seiner Wohnadresse zugestimmt habe, der Tatsache, dass der Vergleich einer am Tresor gesicherten und daktyloskopisch verwertbaren Fingerabdruckspur mit den Fingerabdrücken des Beschuldigten negativ verlaufen sei und er über kein ausschließliches Gelegenheitsverhältnis verfügt habe, könne nach Ansicht der Staatsanwaltschaft die Täterschaft des Felix W***** nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen werden. Die von der Kriminalpolizei ins Treffen geführten Anhaltspunkte für die Täterschaft stellten lediglich Vermutungen dar (ON 5).
In der gemäß § 196 Abs 1 zweiter Satz StPO abgegebenen Äußerung wurde kein ergänzendes Vorbringen erstattet, sondern mit Blick auf das frühe Erscheinen, das vorzeitige Verlassen der Filiale und die über 50 Minuten andauernde Möglichkeit ungestörten (kriminellen) Handelns lediglich weiterhin die Glaubwürdigkeit des leugnenden Beschuldigten bestritten (ON 6).
Mit Beschluss vom 31. Juli 2009, AZ 132 Bl 88/09h (ON 8), gab das Landesgericht für Strafsachen Wien dem Fortführungsantrag der B***** AG gegen Felix W***** wegen §§ 127, 129 Z 2 StGB mit folgender Begründung statt:
„Nach den durchgeführten Ermittlungen kommen als mögliche Täter nur Angestellte der gegenständlichen B***** Filiale in Betracht, und zwar diejenigen, die im Besitz der beiden Tresorschlüssel waren. Dabei handelt es sich um Regina G*****, deren Aufgabe darin bestand, die Tageslosungen vom Freitag (20. März 2009) und Samstag (21. März 2009) in den Tresor einzuwerfen, Katarzyna Fr*****, welche am Montag den 23. März 2009 ab ca 6:25 Uhr im Besitz des Tresorschlüssels war und den Beschuldigten Felix W*****, der in seiner polizeilichen Einvernahme (ON 2/S 27) zu Protokoll gab, dass der Tresor selbst, also der äußere Tresor immer versperrt ist und sohin indirekt bestätigt habe, dass als mögliche Täter lediglich diese drei Personen in Betracht kommen.
Wie der Fortführungswerber in seinem Fortführungsantrag (ON 4) sowie in seiner Äußerung vom 15. Juli 2009 detailliert darlegt, ist die Rechtfertigung des Felix W***** für sein früheres Erscheinen am 23. März 2009 weder stichhaltig noch plausibel, da dem Akt zu entnehmen ist (ON 2/S 59), dass am 23. März 2009 das Fleisch erst ca um 05:20 Uhr angeliefert wurde. Um Basis für eine hinreichende Beurteilung des Sachverhaltes zu schaffen, wird es daher notwendig sein, das vom Beschuldigten Felix W***** vorgebrachte Alibi, er habe im fraglichen Zeitraum Fleisch sortiert bzw bearbeitet, zu überprüfen, insbesondere durch Einvernahme der vom Fortführungswerber angeführten Zeugen Regina G***** und Katarzyna Fr***** sowie durch Einvernahme des Fahrers der Fleischfirma, um zu verifizieren, zu welchem Zeitpunkt das Fleisch am 23. März 2009 tatsächlich angeliefert wurde.
Die Ansicht der Staatsanwaltschaft Wien, wonach die von der Kriminalpolizei ins Treffen geführten Anhaltspunkte für die Täterschaft des Felix W***** bloße Vermutungen seien, kann nicht geteilt werden. Im Abschlussbericht (ON 2) wird schlüssig und nachvollziehbar begründet, weshalb nach Ansicht der erhebenden Beamten Felix W***** als Täter in Frage kommt. Denn der Umstand, dass vom Angestellten der Firma L*****, welcher am 23. März 2009 den Tresor öffnete, um die beiden Tageslosungen abzuholen, eine silberne Leiste im Tresor gefunden wurde, welche möglicherweise ein unwiderlegbares Indiz dafür darstellt, dass betreffend des modus operandi ein Manipulieren an der Einwurfslade mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, wurde von der Staatsanwaltschaft nicht berücksichtigt.
Es wird daher notwendig sein, sowohl den Angestellten der Firma L***** zu vernehmen als auch den zuständigen Rayonsleiter P*****, welcher offensichtlich unmittelbar nach Öffnen des Tresors am Tatort anwesend war. In diesem Zusammenhang ist einerseits die Beschaffenheit des Tresors von Interesse und andererseits wo die besagte Leiste aufgefunden wurde.
Geht man davon aus, dass die beiden Tageslosungen in der Höhe von 15.681,24 Euro durch Manipulation an dem Tresor herausgenommen worden sind, so wird ferner zu erheben sein, welcher der drei in Frage kommenden Täter die Möglichkeit hatte, unbemerkt (während der Geschäftszeiten bzw danach) an der Tresorlade zu hantieren. Erst nach Durchführung dieser Erhebungen kann beurteilt werden, ob tatsächlich mehrere Personen als Täter in Frage kommen und der Beschuldigte - wie von der Staatsanwaltschaft angenommen - über kein ausschließliches Gelegenheitsverhältnis verfügte.
Um ein allfälliges Motiv der drei in Frage kommenden Täter näher durchleuchten zu können, wird es zweckmäßig sein, Erhebungen hinsichtlich deren Vermögenssituation anzustellen.
Da sich somit einerseits die Beweiswürdigung als bedenklich erweist, andererseits der Sachverhalt ergänzungsbedürftig ist, war dem Fortführungsantrag stattzugeben.“
Rechtliche Beurteilung
Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 31. Juli 2009, AZ 132 Bl 88/09h (ON 8), steht - wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Dem Anklagegrundsatz (Art 90 Abs 2 B-VG, § 4 Abs 1 StPO) zufolge obliegt der Staatsanwaltschaft die Beurteilung, ob aufgrund eines ausreichend geklärten Sachverhalts eine Verurteilung nahe liegt und demnach eine Anklageerhebung (§ 210 Abs 1 StPO) oder ein diversionelles Vorgehen (§§ 198 ff StPO) indiziert ist (vgl Schroll, WK-StPO § 192 Rz 2 f; Nordmeyer, WK-StPO § 196 [idF BGBl I 2004/19] Rz 15).
Liegt nach hinreichender Sachverhaltsklärung eine Verurteilung nicht nahe, sondern ist vielmehr ein Freispruch wahrscheinlicher als der Schuldspruch, erfordert das strafprozessuale Legalitätsprinzip die Einstellung des Ermittlungsverfahrens.
In diesem Zusammenhang bleibt festzuhalten, dass der aus dem Legalitätsprinzip ableitbare Ausschluss eines Handlungs- oder Auswahlermessens der Staatsanwaltschaft bei ihrer Entscheidung über eine Anklageerhebung bzw eine alternativ gebotene Diversionsanwendung oder über eine Verfahrenseinstellung dort an Grenzen stößt, wo es um die Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe, insbesondere normativer Deliktsmerkmale oder um die Beweiswürdigung und die damit verbundene, von der Staatsanwaltschaft autonom zu treffenden Prognose über die im Anklagefall zu erwartende gerichtliche Entscheidung geht (in welchen Fällen es somit zur Ausübung im Ermessen kommen muss - vgl Schroll, WK-StPO § 192 Rz 3, 4; Nordmeyer, WK-StPO Vor §§190, 193-197 Rz 2).
Als Korrektiv für die ausschließlich in die Kompetenz der Staatsanwaltschaft fallende Verfahrenseinstellung sieht das Gesetz die gerichtliche Überprüfung dieser von einem Organ der Gerichtsbarkeit (Art 90a B-VG) getroffenen Entscheidung aufgrund eines Fortführungsantrags nach § 195 StPO vor, wobei Opferinteressen in der ebenfalls schützenswerten Position des Beschuldigten ihre Grenzen finden und die Einstellungsentscheidung der Staatsanwaltschaft nach dem klaren Willen des Gesetzgebers (vgl EBRV StPO-RefG 25 BlgNR 22. GP , 234 f) lediglich einer Art Missbrauchskontrolle unterworfen werden soll (vgl Nordmeyer, WK-StPO § 196 [idF BGBl I 2004/19] Rz 6 und Rz 16).
Gemäß § 195 Abs 1 StPO hat das Gericht auf Antrag des Opfers die Fortführung eines nach §§ 190 bis 192 StPO beendeten Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft anzuordnen, wenn das Gesetz verletzt oder unrichtig angewendet wurde (Z 1), erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Tatsachen bestehen, die der Entscheidung über die Beendigung zu Grunde gelegt wurden (Z 2), oder neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht werden, die für sich allein oder im Zusammenhalt mit übrigen Verfahrensergebnissen geeignet erscheinen, den Sachverhalt soweit zu klären, dass nach dem 11. oder 12. Hauptstück vorgegangen werden kann (Z 3).
Gemäß § 195 Abs 2 dritter Satz StPO muss der Antrag oder die Äußerung (§ 196 Abs 1 StPO) die Gründe einzeln und bestimmt bezeichnen, aus denen die Verletzung oder unrichtige Anwendung des Gesetzes oder die erheblichen Bedenken abzuleiten sind. Werden neue Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht, so gilt § 55 Abs 1 StPO sinngemäß (§ 195 Abs 2 letzter Satz StPO).
Aus der geforderten deutlichen und bestimmten Bezeichnung jener Gründe, aus denen die erheblichen Bedenken abzuleiten sind (§ 195 Abs 2 dritter Satz StPO) und der entsprechenden Pflicht des Gerichts, auf das Bezeichnungserfordernis gegebenenfalls hinzuweisen (§ 196 Abs 1 zweiter Satz StPO), ist ein auf den Antrag beschränkter Prüfungsumfang abzuleiten (so schon Nordmeyer, WK-StPO § 196 [idF BGBl I 2004/19] Rz 13 zur alten Rechtslage, die durch das BudgetbegleitG 2009 iS einer Verschärfung der Antragserfordernisse iSd § 195 Abs 2 StPO nF geändert wurde; vgl EBRV BudgetbegleitG 2009, 113 BlgNR 24. GP , 37).
Das Gericht ist demnach weder befugt, vom Fortführungswerber nicht geltend gemachte, sich aus dem Akt ergebende Argumente gegen die Einstellung zu berücksichtigen, noch ist es berechtigt, die Wirkung des stattgebenden Beschlusses amtswegig auf Taten oder Beschuldigte zu erstrecken, hinsichtlich derer eine Fortführung des Verfahrens gar nicht beantragt wurde (vgl Nordmeyer, WK-StPO § 196 [idF BGBl I 2004/19] Rz 13).
Gegen eine zur Einstellung des Verfahrens führende Beurteilung der Verfahrensergebnisse in tatsächlicher Hinsicht steht ein gerichtlicher Rechtsschutz daher nur insoweit offen, als der Fortführungswerber in der Begründung seines Antrags deutlich und bestimmt aufzeigt, warum die Staatsanwaltschaft bei der Entscheidung nach §§ 190 bis 192 StPO den Rahmen pflichtgemäßen Ermessens überschritten hat, maW warum gegen deren Einschätzung, wonach eine Verurteilung aus bestimmten Tatsachen nicht nahe liege, erhebliche Bedenken bestehen (vgl auch Nordmeyer, WK-StPO § 196 [idF BGBl I 2004/19] Rz 16 und Rz 18).
Lediglich in einem die Erheblichkeitsschwelle erreichenden Umfang kann unter der Bedingung und nach Maßgabe deutlich und bezeichneter Beweismittel auch die Beweiswürdigung der Staatsanwaltschaft als geradezu willkürlich thematisiert werden (zum gleichgelagerten Beurteilungsmaßstab des § 281 Abs 1 Z 5a StPO vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 472 und Rz 488 ff).
Eine berechtigte qualifizierte Kritik in diesem Sinn setzt daher voraus, dass der Einstellungsentscheidung eine unerträgliche Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung zugrunde liegt, also im Ermittlungsverfahren gewonnene Beweismittel gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der Entscheidung nach §§ 190 bis 192 StPO aufkommen lassen und diese intersubjektiv - gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen - eine unrichtige Lösung der Verfahrenseinstellung qualifiziert nahe legen (zur vergleichbaren Ausgangslage bei § 281 Abs 1 Z 5a StPO vgl RIS-Justiz RS0118780; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 490).
Die vom Landesgericht für Strafsachen Wien angeordnete Fortsetzung des Verfahrens lässt zunächst nicht erkennen, auf welchen Fall des § 195 Abs 1 StPO die Anordnung der Fortführung des Ermittlungsverfahrens gegründet wurde.
Weshalb das im Fortführungsantrag (ON 4) und in der Äußerung zur Stellungnahme der Staatsanwaltschaft (ON 6) vorgebrachte, im angefochtenen Beschluss hervorgehobene (S 5 in ON 8) frühe Erscheinen des Felix W***** am Arbeitsplatz (mag es vom Beschuldigten auch nicht hinreichend aufgeklärt worden sein) erhebliche Bedenken im Sinne des § 195 Abs 1 Z 2 StPO gegen die Richtigkeit jener Tatsachen erweckt, die von der Staatsanwaltschaft der Entscheidung über die Beendigung des Strafverfahrens zu Grunde gelegt wurden, wird weder im Antrag der Privatbeteiligten auf Fortführung des Strafverfahrens noch in ihrer Äußerung zur Stellungnahme der Staatsanwaltschaft aufgezeigt. Schon deswegen hätte das Landesgericht für Strafsachen Wien dem Antrag auf Fortführung nicht stattgeben dürfen.
Aber auch die Fortführungsentscheidung des Landesgerichts für Strafsachen Wien selbst äußert sich zum Vorliegen der vom Gesetz geforderten qualifizierten Bedenken nicht.
Dass der Verdacht im Licht dieses Verfahrensergebnisses im Fortführungsbeschluss mit der bereits nach dem Gesetzeswortlaut unzureichenden Begründung, die Beweiswürdigung der Staatsanwaltschaft sei „bedenklich“, anders als von der Staatsanwaltschaft bewertet wird, reicht indes nicht aus, um von einer geradezu willkürlichen Verfahrenseinstellung sprechen zu können. Überdies fehlt in der angefochtenen Entscheidung jegliche Auseinandersetzung mit den für den Beschuldigten sprechenden und zur Verfahrenseinstellung führenden Erwägungen der Staatsanwaltschaft, anhand derer erhebliche Bedenken aufzuzeigen gewesen wären. Damit wird lediglich eine andere Beweiswürdigung dokumentiert, die den Kriterien der vom Gesetzgeber intendierten Missbrauchskontrolle nicht gerecht wird.
Den aufgetragenen Erhebungen zum - nach der Aktenlage geklärten (vgl S 59 in ON 2) - Zeitpunkt der Fleischanlieferung und zu den Möglichkeiten der drei verdächtigten Personen, sich durch (nach dem Vorbringen der Privatbeteiligten maximal fünf Minuten in Anspruch nehmenden; vgl S 2 in ON 6) Manipulationen am Tresor den Zugriff auf das Geld zu verschaffen, um solcherart (spekulativ, ohne Abstellen auf bereits vorliegende Beweisergebnisse) ein allfälliges alleiniges Gelegenheitsverhältnis des Beschuldigten klären zu können, fehlt daher die Basis einer zuvor darzulegenden qualifizierten Kritik iS gravierender Bedenken gegen die Richtigkeit der Tatsachenannahmen der Einstellungsentscheidung.
Soweit das Landesgericht für Strafsachen Wien zur Abklärung des Tatverdachts Erhebungen zur Vermögenssituation des Beschuldigten und jener in der Anzeige genannten, ebenfalls in einem Gelegenheitsverhältnis stehenden Personen als zweckmäßig erachtete, stützte es sich auf nicht von der Privatbeteiligten geltend gemachte Argumente und verfehlt schon deswegen eine Orientierung an den gesetzlichen Vorgaben.
Die aufgetragene Fortführung des Verfahrens gereicht dem Beschuldigten Felix W***** zum Nachteil. Daher sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, der Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 292 letzter Satz StPO konkrete Wirkung zuzuerkennen. Der angefochtene Beschluss war aufzuheben und in der Sache selbst dahin zu erkennen, dass der Antrag der B***** AG auf Fortführung des Verfahrens abgewiesen wird.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)