OGH 5Ob31/10k

OGH5Ob31/10k22.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Monika D*****, vertreten durch Dr. Gernot Nachtnebel, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Christine T*****, vertreten durch Dr. Udo Elsner, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. September 2009, GZ 38 R 40/09b-11, womit infolge Rekurses der Antragstellerin der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 28. November 2008, GZ 26 Msch 1/08z-7, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 373,68 EUR (darin enthalten 62,28 EUR an USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem infolge Zulassungsvorstellung nachträglich geänderten - den Obersten Gerichtshof jedoch nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs der Antragstellerin mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG) nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG):

1. Das Rekursgericht hat den ordentlichen Revisionsrekurs mit der (unzureichenden [vgl RIS-Justiz RS0112166]) Begründung nachträglich zugelassen, auch bei Annahme eines Kaufs nur von Inventar einer Drogerie durch die Antragstellerin (gemeint: anstatt eines Unternehmenskaufvertrags) könnte ihr „doch ein Gründungsprivileg“ nach § 1 Abs 3 KSchG zugute kommen. Der Revisionsrekurs macht in diesem Sinn als erhebliche Rechtsfrage nur geltend, zum Betreiben eines Kosmetikstudios sei die Führung einer Drogerie branchenfremd.

Dabei wird übersehen, dass die Antragstellerin nicht an einem weiteren Standort eine Drogerie eröffnete, sondern den verfahrensgegenständlichen (neuen) Mietvertrag im Zuge eines Wechsels des Standorts des von ihr schon bisher betriebenen Unternehmens eines „Kosmetikstudios“ einging, das sie am neuen Standort weiterführt(e). Unter diesem Gesichtspunkt kann daher von einem Gründungsgeschäft iSd § 1 Abs 3 KSchG keine Rede sein, weil der Vertragsabschluss nicht vor Aufnahme des Betriebs ihres Unternehmens zur Schaffung der Voraussetzung dafür getätigt wurde. Wenn das Rekursgericht auch unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass die Antragstellerin im Zuge des Standortwechsels den Gegenstand ihres Unternehmens auch auf die Nebentätigkeit des Verkaufs von verwandten Waren (Kosmetik- und Drogerieprodukte) ausweitete, die Betriebsbezogenheit des eingegangenen neuen Mietvertrags bejaht, kann darin keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung erblickt werden. Ein Gründungsgeschäft ist nämlich zu verneinen, wenn dadurch ein bereits bestehendes Unternehmen erweitert werden soll (1 Ob 778/81 = SZ 55/51 = RIS-Justiz RS0065402; Kathrein in KBB² § 1 KSchG Rz 7).

2. Der Revisionsrekurs entfernt sich vom festgestellten Sachverhalt, wenn er mit Bezug auf § 12a Abs 1 MRG argumentiert, beim Abschluss des Kaufvertrags zwischen dem Vormieter (und Drogeriebetreiber) und der Antragstellerin sei es beider Wille gewesen, dass die Drogerie auf die Antragstellerin übergehe, also ein Unternehmenskaufvertrag zustande komme. Wie schon das Rekursgericht betonte, steht nämlich (disloziert) fest, dass der Wille der Vertragsteile nur den Verkauf von Fahrnissen erfasste, nicht jedoch einen Unternehmenserwerb. Dem entspricht ja auch, dass kein Eintritt in den Mietvertrag der Antragsgegnerin mit dem Vormieter (den er laut seiner Aussage [AS 47] bereits gekündigt hatte) vorgesehen wurde. Mangels gesetzmäßiger Ausführung der Rechtsrüge ist auf die Rechtsfrage einer Unternehmensveräußerung durch den Vormieter nicht mehr weiter einzugehen.

3. Da weder ein Eintritt der Antragstellerin in den Mietvertrag mit dem Vormieter anzunehmen ist (§ 12a Abs 1 MRG) noch ein Gründungsgeschäft nach § 1 Abs 3 KSchG zu beurteilen ist, setzt eine erfolgreiche Geltendmachung der Teilnichtigkeit der Mietzinsvereinbarung eine Rüge iSd § 16 Abs 1 Z 1 MRG voraus. Diese muss zwischen dem rechtswirksamen Abschluss des Vertrags und der Übergabe des Bestandobjekts erfolgen (RIS-Justiz RS0109327).

Auch in diesem Zusammenhang führt die Antragstellerin das Rechtsmittel nicht gesetzmäßig aus, weil sie zum Zeitpunkt des Zustandekommens des zwischen den Parteien vereinbarten Mietvertrags neuerlich die vorliegenden Feststellungen übergeht. Diesen lässt sich nämlich eine mündliche Willenseinigung schon am 19. 6. 2006 nicht entnehmen; vielmehr gingen die Parteien damals ohne eine solche auseinander (was auch der Aussage der Antragstellerin [AS 29] entspricht); der Abschluss des Vertrags musste daher zeitlich später erfolgt sein. Einer allenfalls am 19. 6. 2006 erhobenen Rüge kommt daher schon vom Zeitpunkt her keine rechtliche Relevanz zu, sodass sich eine Auseinandersetzung mit ihrem (geforderten) Inhalt erübrigt.

4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Die Antragsgegnerin hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Revisionsrekurses hingewiesen.

Stichworte