European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2010:0010OB00011.10I.0601.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.971,53 EUR (darin enthalten 328,59 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
B e g r ü n d u n g :
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab, weil die Revision eine solche nicht aufwirft:
Nach den Feststellungen verließ die Klägerin, die als bevorzugter Passagier direkt beim Flugzeug mit einem Fahrzeug abgeholt wurde, vor allen anderen Passagieren, die noch nicht aussteigen durften, alleine das Flugzeug über eine ausgeklappte Treppe, die rechts und links ein Geländer zum Anhalten aufwies. Dieses konnte die Klägerin allerdings nicht nutzen, weil sie in jeder Hand ein Gepäckstück hielt. Sie trug Stöckelschuhe mit einer Absatzhöhe von 8 bis 10 cm. Als die Klägerin bei der zweiten Stufe angekommen war, stürzte sie nach vorne und prallte mit dem Kopf auf der Fahrbahn des Flugfelds auf. Zu diesem Zeitpunkt war kein Passagier unmittelbar hinter der Klägerin. Nach dem Sturz befand sich ein Schuh der Klägerin noch auf der Treppe.
Soweit die Klägerin nun gegen die übereinstimmend ihr Schadenersatz‑ und Feststellungsbegehren abweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen ausführt, dass Beweisverfahren habe mehrere Anhaltspunkte für einen Unfall iS eines plötzlich einwirkenden schädigenden Ereignisses erbracht, weil der Unfall durch eine wackelige Ausstiegstreppe, durch einen betrunkenen Flugpassagier, durch Hängenbleiben mit dem Schuh an der Gangway oder ein plötzliches Ablenken der Klägerin durch das Kabinenpersonal verursacht worden sein könnte, entfernt sie sich von den Feststellungen. Das Vorliegen solcher Umstände wurde nicht festgestellt.
Soweit die Klägerin auf Literatur und Judikatur zum Unfallbegriff im Sinne des Montrealer Übereinkommens und des früheren Warschauer Abkommens verweist und moniert, dass sich das Berufungsgericht dazu nicht geäußert habe, wird ‑ basierend auf den tatsächlichen Feststellungen ‑ weder eine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt, noch dargelegt, inwiefern die einen Unfall verneinende Rechtsansicht des Berufungsgerichts unrichtig wäre.
Liegt aber kein Unfall im Sinne des Montrealer Übereinkommens vor, greift dessen Regelung nicht ein (vgl ‑ wie die Revision selbst zitiert ‑ Csoklich , Neuerungen im internationalen Lufttransportrecht, RdW 2004/591 [650]). Insofern sind auch die weiteren Ausführungen zum Entlastungsbeweis des Luftfrachtführers nach diesem Abkommen nicht entscheidungsrelevant. Auch eine (behauptete) Entscheidung eines US‑District Courts, wonach ein fehlender Warnhinweis ein unerwartetes und ungewöhnliches Ereignis sei, das äußerlich auf den Passagier einwirke und daher als Unfall zu definieren sei, wirft keine erhebliche Rechtsfrage auf, zumal nicht ersichtlich ist, wovor hätte gewarnt werden müssen, und überdies die Revision selbst ausführt, dass die Ausstiegsstelle mittels roter und gelber Markierung gekennzeichnet gewesen sei.
Mangels Vorliegens eines Unfalls kommt es auch auf die Ausführungen, wonach nach dem Montrealer Übereinkommen bei bis zu 100.000 Sonderziehungsrechten keine Einwendungen gegen Schadenersatzforderungen erhoben werden könnten, nicht an (vgl Csoklich aaO).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)