Spruch:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
G r ü n d e:
Die Oberstaatsanwaltschaft ***** führt gemäß § 21 Abs 2 StPO (unter anderem) gegen die Disziplinarbeschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verbrechens des schweren Betrugs als Bestimmungstäterin nach § 12 zweiter Fall, § 146, § 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB. Sie steht aufgrund der Angaben des (Mit-)Beschuldigten im Verdacht, diesen im Zusammenhang mit einer bestimmten Verlassenschaft dazu bestimmt zu haben, ein falsches Testament herzustellen, damit die Erbschaft nicht den gesetzlichen Erben, sondern (nur) ihrer Tante und ihrer Mutter zufalle.
Die Disziplinaranwältin beantragte die Einleitung der Disziplinaruntersuchung gemäß § 123 RStDG und die Verfügung der Suspendierung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 146 Abs 1 RStDG. Die Disziplinaranwältin verwies auf die Sachverhaltsdarstellung des B*****, den Anlassbericht des für die Ermittlung zuständigen Landespolizeikommandos vom 6. Februar 2010 sowie die Ermittlungsergebnisse im Verfahren der zuständigen Oberstaatsanwaltschaft, woraus sich der Verdacht in Richtung § 12, § 146, § 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB, allenfalls - je nach Ergebnis des weiteren Ermittlungsverfahrens - jener nach § 12, § 302 Abs 1 und 2 StGB ergebe. Die Suspendierung sei mit Rücksicht auf die Schwere der zur Last liegenden Pflichtverletzung sowie zur Wahrung des Standesansehens, aber auch im dienstlichen Interesse erforderlich.
Die Disziplinarbeschuldigte gab bereits am 12. Februar 2010 in Hinblick auf eine mögliche Suspendierung eine schriftliche Stellungnahme ab, in welcher sie - so wie bei ihrer Beschuldigtenvernehmung am 8. Februar 2010 - die sie belastenden Anschuldigungen als haltlos und eine Suspendierung als den Standesinteressen zuwiderlaufend erachtete. Auch bei ihrer Anhörung gemäß § 123 RStDG am 22. Februar 2010 betonte sie ihre Unschuld und stellte die Vorwürfe des Mitbeschuldigten entschieden in Abrede.
Mit dem (in Ansehung der Suspendierung) angefochtenen Beschluss leitete das Oberlandesgericht ***** gegen die Disziplinarbeschuldigte wegen des Verdachts, sie habe zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Ende 2004 einen bestimmten Grundbuchsrechtspfleger eines Bezirksgerichts dazu bestimmt, ein falsches Testament zur Verwendung in einem bestimmten Verlassenschaftsverfahren herzustellen, damit die Erbschaft nicht den gesetzlichen Erben, sondern (nur) ihrer Tante und ihrer Mutter zufalle, sie habe hiedurch die ihr gemäß § 57 Abs 3 RStDG obliegende Verpflichtung, sich im und außer Dienst vorwurfsfrei zu benehmen und alles zu unterlassen, was die Achtung vor dem Richterstand schmälern könnte, verletzt und hiedurch ein Dienstvergehen nach § 101 Abs 1 RStDG begangen, die Disziplinaruntersuchung gemäß § 123 Abs 1 RStDG ein und suspendierte die Disziplinarbeschuldigte gemäß § 146 RStDG vom Dienst, was die Kürzung der Bezüge gemäß § 150 Abs 1 erster Satz RStDG zur Folge hat. Aufgrund der Ermittlungsergebnisse der Polizei, insbesondere der belastenden Angaben des Grundbuchsrechtspflegers, der ausführte, von der Disziplinarbeschuldigten zur Herstellung des falschen, ausschließlich ihre Verwandten begünstigenden Testaments bestimmt worden zu sein, liege ein hinreichender Anfangsverdacht im Sinn des Verbrechens der Bestimmung zum schweren Betrug vor, zu dessen Prüfung in Richtung des Vorliegens einer Pflichtverletzung und Klarstellung des Sachverhalts die Einleitung der Disziplinaruntersuchung notwendig sei (§ 123 RStDG). Angesichts der Schwere der gegen die Disziplinarbeschuldigte erhobenen Vorwürfe wegen Bestimmungstäterschaft zum Verbrechen des schweren Betrugs nach § 146, § 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB sei auch die Suspendierung im dienstlichen Interesse und zur Wahrung des Standesansehens erforderlich. Die Suspendierung eines Richters vom Dienst sei eine sichernde Maßnahme, für die das Vorliegen eines bloßen Verdachts einer Dienstpflichtverletzung genüge. Ob die Anschuldigungen stichhältig seien, sei im Strafverfahren zu klären. Der Annahme eines dringenden Tatverdachts in Richtung der Bestimmung zum schweren Betrug stehe zwar entgegen, dass weitere Mitbeschuldigte die Angaben des Rechtspflegers bestritten und die Disziplinarbeschuldigte begründete Argumente ins Treffen führe, die gegen eine in Auftrag gegebene Testamentsfälschung sprechen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie schon 2004 von den Vertrags- und Testamentsfälschungen des Rechtspflegers Kenntnis gehabt und deshalb ihn mit dem Ansinnen einer Testamentsfälschung angesprochen hätte, konnten der Aktenlage nicht entnommen werden. Der belastenden Aussage des Rechtspflegers hafteten auch verschiedene Unschärfen an. Dadurch werde aber der sich nach der Aktenlage ergebende Tatverdacht nicht gänzlich entkräftet, zumal die Anschuldigungen des Rechtspflegers nicht „denkunmöglich“ seien.
Gegen die Suspendierung richtet sich die Beschwerde der Disziplinarbeschuldigten mit dem Antrag, die Suspendierung aufzuheben und den Suspendierungsantrag der Diszplinaranwältin abzuweisen.
In seiner Äußerung erachtet der Generalprokurator die Beschwerde der Disziplinarbeschuldigten für nicht berechtigt.
Die Disziplinarbeschuldigte trat der Äußerung des Generalprokurators entgegen und wiederholte die in der Beschwerde vorgetragenen Argumente.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist nicht berechtigt.
Gemäß § 146 Abs 1 RStDG kann das Disziplinargericht ohne mündliche Verhandlung die Suspendierung des Disziplinarbeschuldigten vom Dienst verfügen, wenn dies mit Rücksicht auf die Natur oder Schwere der ihm zur Last gelegten Pflichtverletzung im dienstlichen Interesse liegt oder zur Wahrung des Standesansehens erforderlich erscheint. Die Suspendierung eines Richters gemäß § 146 RStDG ist eine sichernde Maßnahme, für die das Vorliegen eines bloßen Verdachts einer Dienstpflichtverletzung genügt. Bei der Entscheidung darüber handelt es sich daher um eine solche im Verdachtsbereich, die naturgemäß keine Vorwegnahme der - später - aufgrund mündlicher Verhandlung zu treffenden Entscheidung bedeuten kann, ob der Richter seine Standes- oder Amtspflicht verletzt hat und disziplinär zu bestrafen ist (stRsp zum inhaltsgleichen § 146 RDG, RIS-Justiz RS0072834, RS0072820).
Der Verdacht gegen die Disziplinarbeschuldigte wird vom Erstgericht zutreffend auf die die Disziplinarbeschuldigte belastende Aussage des Rechtspflegers gegründet. Mag diese auch Unschärfen aufweisen, ist sie doch eindeutig, was die Bestimmung zur Herstellung eines falschen, Verwandte der Disziplinarbeschuldigten begünstigenden Testaments anlangt. Ungeachtet mehrerer vom Erstgericht angeführter und von der Disziplinarbeschuldigten schon in ihrer Äußerung im Verfahren erster Instanz, aber auch in ihrer Beschwerde und der Äußerung zur Stellungnahme des Generalprokurators vorgetragener Argumente sind die Behauptungen des die Disziplinarbeschuldigte belastenden Rechtspflegers nicht widerlegt. Die Disziplinarbeschuldigte stellt Überlegungen dazu an, warum sie der Rechtspfleger - nach ihrem Standpunkt völlig zu Unrecht - belastet. Dem steht die in den vorläufigen polizeilichen Ermittlungsergebnissen angesprochene Motivlage (gefälschtes Testament zu Gunsten der Verwandten der Disziplinarbeschuldigten) gegenüber. Der für eine Suspendierung nach § 146 RStDG vorausgesetzte Verdacht einer Dienstpflichtverletzung besteht daher. Dafür genügt ein Verdacht, der eine Verurteilung möglich erscheinen lässt.
Besteht ein solcher Verdacht, so ist nach der eingangs zitierten gesetzlichen Grundlage nur auf die Interessen des Dienstes und auf die Gefährdung des Ansehens des Standes der Richter und Staatsanwälte abzustellen. Dass ein Verdacht - wie er gegen die Disziplinarbeschuldigte besteht - das Standesansehen gefährdet, bedarf keiner weiteren Begründung. Die Suspendierung der Disziplinarbeschuldigten vom Dienst ist demnach im Interesse des Dienstes und zur Wahrung des Standesansehens geboten (vgl Ds 5/86 = SSt 57/52).
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Suspendierung sei schon allein deshalb aufzuheben, weil sie nicht unmittelbar nach Bekanntwerden des Verdachts gegen die Disziplinarbeschuldigte ausgesprochen worden sei. Der Oberste Gerichtshof vermag sich diesem Argument nicht anzuschließen. Denn das Gesetz bindet die Suspendierung nicht an die Einhaltung einer bestimmten Frist. Entscheidend ist allein, ob die Suspendierung nach den jeweiligen Umständen im dienstlichen Interesse oder zur Wahrung des Standesansehens erforderlich ist.
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