Spruch:
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
B e g r ü n d u n g :
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin begehrt als Liegenschaftseigentümerin mit der Behauptung, der Beklagte benutze titellos eine Wohnung in ihrer Wohnhausanlage, vom Beklagten die Räumung dieser Wohnung.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass er die Wohnung aufgrund eines Mietvertrags innehabe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass dem Räumungsbegehren stattgegeben wurde. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Dagegen erhob der Beklagte die „außerordentliche“ Revision mit dem Antrag, der Oberste Gerichtshof als Revisionsgericht wolle die Revision als zulässig erachten und das angefochtene Urteil dahin abändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Das Erstgericht legte hierauf den Akt unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Der Oberste Gerichtshof ist jedoch derzeit zur Entscheidung über das Rechtsmittel nicht zuständig. Gemäß § 502 Abs 5 Z 2 ZPO gelten die in den Absätzen 2 und 3 nach dem Wert des Entscheidungsgegenstands normierten Beschränkungen der Zulässigkeit der Revision nicht für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird. Stützt die Klägerin aber wie im vorliegenden Fall ihr Räumungsbegehren von Anfang an auf eine titellose Benutzung, so liegt keine Rechtsstreitigkeit iSd § 502 Abs 5 Z 2 ZPO vor (Zechner in Fasching/Konecny² § 502 ZPO Rz 198 mwN; RIS-Justiz RS0046865 ua). Bei Beurteilung der Frage nach dem Vorliegen einer Bestandstreitigkeit iSd § 49 Abs 2 Z 5 JN ist von den Klagebehauptungen auszugehen (RIS-Justiz RS0043003 ua).
Die den Obersten Gerichtshof bindende Bewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Berufungsgericht (vgl RIS-Justiz RS0042410) liegt innerhalb des Streitwertbereichs des § 502 Abs 3 ZPO. In diesem Fall ist aufgrund der Rechtslage nach der WGN 1997, BGBl I 1997/140, gegen eine Entscheidung des Berufungsgerichts, welche die Revision für nicht zulässig erklärt hat, keine außerordentliche Revision zulässig. Dem Rechtsmittelwerber steht nach § 508 Abs 1 ZPO nur die Möglichkeit offen, mit einem beim Erstgericht einzubringenden Schriftsatz die Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht - verbunden mit der Ausführung des ordentlichen Rechtsmittels - zu beantragen. Ein solcher Antrag muss hinreichend erkennen lassen, weshalb die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird (§ 508 Abs 1 ZPO).
Der Oberste Gerichtshof ist vor einer nachträglichen Zulassung des Rechtsmittels durch die zweite Instanz zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Revision funktionell unzuständig, und zwar auch dann, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliche“ Revision bezeichnet und an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist. Der Rechtsmittelschriftsatz ist daher nicht direkt dem Obersten Gerichtshof, sondern dem Berufungsgericht vorzulegen (§ 507b Abs 2 ZPO). Ist das Erstgericht der Meinung, dieser Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags des Beklagten entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, und es genüge die im Rechtsmittel enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist, dann kann es einen mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag erteilen (vgl RIS-Justiz RS0109501 ua). Demnach ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.
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