OGH 7Ob20/10g

OGH7Ob20/10g17.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen B***** L*****, und der minderjährigen M***** L*****, beide vertreten durch die Mutter Mag. S***** O*****, die Mutter vertreten durch Mag. Arno Pajek LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt, infolge „außerordentlichen Revisionsrekurses" des Vaters Dr. H***** L*****, vertreten durch Ing. Dr. Robert Lattermann, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 12. November 2009, GZ 45 R 653/09a-U51, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 17. August 2009, GZ 1 P 75/08t-U45, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Den Gegenstand des vorliegenden Unterhaltsstreits bilden die Anträge der Kinder vom 1. August 2008 (U1), modifiziert am 10. März 2009 (U42), den Vater zu Unterhaltsbeiträgen von monatlich 629 EUR (B*****) und 555 EUR (M*****) beginnend ab 1. August 2005 zu verpflichten. Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Leistung von (nach Zeiträumen gestaffeltem) rückständigem Unterhalt und von laufendem Unterhalt von 585 EUR (B***** ab 1. Oktober 2008) und 500 EUR (M***** ab 1. Juli 2008) und wies das Mehrbegehren unbekämpft ab. Dem vom Vater erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht - das von einem erkennbaren Abänderungsantrag ausging, das Unterhaltsbegehren zur Gänze abzuweisen - nicht Folge und sprach aus, den Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters legte das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vor. Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.

1. Bei Ansprüchen auf den gesetzlichen Unterhalt ist gemäß § 58 Abs 1 JN das Dreifache der Jahresleistung zwingend als Wert des strittigen Rechts anzunehmen. Eines Bewertungsausspruchs des Rechtsmittelgerichts bedarf es daher nicht (RIS-Justiz RS0042366). Bei der Ermittlung des Entscheidungsgegenstands zweiter Instanz in Unterhaltsverfahren kommt es dann, wenn (auch) laufende Ansprüche zu beurteilen sind, grundsätzlich auf den 36-fachen Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags an, der zum Zeitpunkt der Entscheidung der zweiten Instanz zwischen den Parteien noch strittig war; der neben dem laufenden Geldunterhalt geltend gemachte Rückstand ist der dreifachen Jahresleistung nach gefestigter jüngerer Rechtsprechung nicht hinzuzurechnen (RIS-Justiz RS0114353, RS0103147 [T6, T12, T14]). Eine Zusammenrechnung des auf jedes Kind entfallenden Entscheidungsgegenstands findet nicht statt (RIS-Justiz RS0017257, RS0112656).

Der relevante Wert des Entscheidungsgegenstands, über den das Rekursgericht entschieden hat, liegt demnach betreffend B***** bei (585 EUR x 36 =) 21.060 EUR und betreffend M***** bei (500 EUR x 36 =) 18.000 EUR jeweils für den laufenden Unterhalt, in beiden Fällen somit jeweils unter 30.000 EUR.

2. Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG idF BGBl I Nr 52/2009 ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Vor einer nachträglichen Zulassung eines derartigen Revisionsrekurses durch die zweite Instanz ist der Oberste Gerichtshof funktionell unzuständig. Der Revisionsrekurs war dem Obersten Gerichtshof daher nicht vorzulegen, was auch dann gilt, wenn das Rechtsmittel - wie hier - als außerordentliches bezeichnet wird (RIS-Justiz RS0109516).

Die Akten sind demnach dem Erstgericht zurückzustellen, welches das Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen haben wird (§ 69 Abs 3 AußStrG).

3. Ob das Rechtsmittel den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob es insoweit einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.

Stichworte