OGH 1Ob260/09f

OGH1Ob260/09f9.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Hannes M. M*****, 2. Friedrich H*****, 3. Christa H*****, 4. Christian H*****, und 5. Alexander H*****, zweit-, dritt-, viert- und fünftklagende Partei vertreten durch den Erstkläger, dieser vertreten durch Dr. Christian Boyer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Friedrich H*****, vertreten durch Koller & Schreiber Rechtsanwälte Partnerschaft in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 29. Juli 2009, GZ 38 R 302/08f-16, womit das Urteil des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 29. August 2008, GZ 25 C 1092/07f-10, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Der Erstkläger brachte in seiner beim Bezirksgericht Floridsdorf eingebrachten Aufkündigung vor, er und die weiters als kündigende Parteien Genannten seien Miteigentümer einer Liegenschaft samt Wohnhaus. Aufgrund eines Benutzungsübereinkommens stehe ihm das alleinige Nutzungsrecht an den Wohnungen top Nr 3 und 4 zu. Als Nutzungsberechtigter sei er als Vertreter bzw Verwalter der übrigen Miteigentümer anzusehen. Er sei deshalb allein berechtigt, die verfahrensgegenständlichen Wohnungen aufzukündigen und im Kündigungsverfahren die übrigen Miteigentümer zu vertreten. Er begehrte den Beklagten schuldig zu erkennen, die Wohnungen top 3 und 4 binnen 14 Tagen geräumt von eigenen Fahrnissen zu übergeben.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Es mangle an der Aktivlegitimation des Erstklägers, weil dieser über keine Zustimmung der übrigen Miteigentümer zur Aufkündigung verfüge.

Das Erstgericht hob die gerichtliche Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Der Erstkläger sei nicht berechtigt, ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer zu kündigen, weil die Mietverträge über die Wohnungen top Nr 3 und 4 nicht von ihm allein, sondern von allen Miteigentümern gemeinsam abgeschlossen worden seien. Zudem stelle die Kündigung keine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung dar, weil dem Beklagten das Recht eingeräumt worden sei, die nunmehr gekündigten Wohnungen mit einer weiteren Wohnung zusammenzulegen.

Das Berufungsgericht hob über Berufung der klagenden Parteien die Entscheidung des Erstgerichts auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf, es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die dem allein nutzungsberechtigten Minderheitseigentümer zukommende Verwaltervollmacht sei nicht auf Mietverträge beschränkt, die dieser selbst abgeschlossen habe. Sie umfasse Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung, zu denen die vorliegende Aufkündigung zu rechnen sei. Die Berechtigung der geltend gemachten Kündigungsgründe sei daher zu prüfen.

Gegen den Aufhebungsbeschluss erhob der Beklagte Rekurs.

Nach Vorlage der Akten an den Obersten Gerichtshof schlossen die Parteien am 13. Jänner 2010 in einem zwischen ihnen - in zum Teil anders verteilten Rollen - beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu AZ 27 Cg 82/09s anhängigen Verfahren einen rechtswirksamen Vergleich. Nach dessen Punkt 3 wurde im vorliegenden Rechtsstreit ewiges Ruhen vereinbart.

Rechtliche Beurteilung

Die Bestimmung des § 483 Abs 3 ZPO, wonach auch noch im Berufungsverfahren Ruhen des Verfahrens vereinbart werden kann, ist gemäß § 513 ZPO auch auf das Revisionsverfahren und analog auf das Rekursverfahren nach einem Aufhebungsbeschluss beim Obersten Gerichtshof (vgl Kodek in Rechberger, ZPO³, Rz 5 zu § 513; Zechner in Fasching/Konecny², Rz 1 zu § 513 ZPO mwN) anzuwenden. Gemäß § 168 ZPO hat das Ruhen des Verfahrens im Wesentlichen die Rechtswirkung einer Unterbrechung des Verfahrens. Im vorliegenden Fall wurde das Ruhen im Rahmen eines nicht vor dem Prozessgericht abgeschlossenen Vergleichs vereinbart, weshalb zum Eintritt dessen unmittelbarer prozessualer Wirkungen eine von allen Parteien dem Prozessgericht übermittelte Ruhensanzeige erforderlich war (6 Ob 1540/95; Fink in Fasching/Konecny 2, Vor §§ 168 -170 Rz 17). Wurde das Rechtsmittel - wie hier - bereits vor Vereinbarung des Ruhens überreicht, hat die schriftliche Ruhensanzeige zur Folge, dass über das Rechtsmittel während des Ruhens nicht zu entscheiden ist (8 Ob 625/91; Gitschthaler in Rechberger aaO §§ 168-170 Rz 6 mwN).

Die Akten sind somit dem Erstgericht zurückzustellen.

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