OGH 9Nc5/10z

OGH9Nc5/10z8.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Brenn als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei F***** M*****, vertreten durch Plankel Mayrhofer & Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Kraft & Wintnernitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 36.340 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Arbeitsrechtssache wird an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.

Text

Begründung

Der in ***** wohnhafte Kläger macht mit seiner beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage aus einem mit der Beklagten abgeschlossenen Agenturvertrag einen Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 24 HVertrG geltend. Nach dem Einspruch der Beklagten und einem Schriftsatzwechsel stellte der Kläger in der vorbereitenden Tagsatzung vom 30. 9. 2009 einen Delegierungsantrag an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht. Sowohl er als auch sämtliche der von ihm geführten (zwölf) Zeugen haben ihren Wohnsitz in der Steiermark und großteils im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz. Durch eine Delegierung werde ihm und diesen Zeugen ein Erscheinen vor dem erkennenden Gericht wesentlich erleichtert. Die Unterstellung der Beklagten, dass nur in vereinzelten Prozessen je nach der Person des zuständigen Richters Delegierungsanträge gestellt würden, werde zurückgewiesen.

Die Beklagte sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus. Dem Kläger sei schon von Anfang an bewusst gewesen, dass er die Klage fernab von seinem Wohnsitz eingebracht habe. So wie er hätten auch eine Reihe anderer Kläger unter Einschaltung desselben Rechtsvertreters ihre Ansprüche beim Arbeits- und Sozialgericht Wien geltend gemacht. Ein Delegierungsantrag sei aber nur in jenen Verfahren gestellt worden, in denen dem Klagevertreter offenbar nicht genehme Richter zuständig seien. Die beantragte Übertragung der Rechtssache sei ausschließlich im Interesse des Klägers gelegen.

Das Arbeits- und Sozialgericht Wien legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag des Klägers vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.

Neben dem Kläger hat die weit überwiegende Anzahl der insgesamt vierzehn bisher angebotenen Zeugen ihren Wohnsitz in Graz und Umgebung. Dass die Beklagte die Einvernahme von zwei Zeugen mit Wohnsitz in Wien beantragt hat, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Im Fall der beantragten Delegierung kann der überwiegende Teil des Beweisverfahrens vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden, ohne dass der Großteil der Zeugen eine weite und kostspielige Anreise in Kauf nehmen müsste. Auf diese Weise werden durch die kürzeren Anreisewege sowohl Reisezeit als auch Reisekosten gespart. Dies dient jedenfalls der Erleichterung des Gerichtszugangs und der Kostenersparnis und entspricht daher den dargestellten Zielsetzungen der Delegierung. Die auf diese Weise erzielbare Verfahrenskonzentration samt der damit verbundenen Kosten- und Zeitersparnis ist im Interesse beider Parteien gelegen. Es können daher durchaus eindeutig überwiegende Gründe für die Zweckmäßigkeit der beantragten Delegierung ins Treffen geführt werden.

Für die Behauptung der Beklagten, der Kläger bzw sein Rechtsvertreter würde nur in Ansehung unangenehm erscheinender Richter die Delegierung beantragen, bestehen keine Anhaltspunkte. Für die Beurteilung ist auch nicht die Vorgangsweise in Parallelprozessen, sondern nur maßgeblich, ob sich die Delegierung im konkret zu beurteilenden Fall als zweckmäßig erweist. Es ist zwar richtig, dass der Kläger gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASGG die Klage bereits von Anfang an beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht hätte einbringen können und diese Vorgangsweise auch zweckmäßiger gewesen wäre. Dieser Umstand ändert aber nichts an der Beurteilung, dass sich die Delegierung nach den dargestellten Grundsätzen immer noch als zweckmäßig erweist. Es besteht kein Grundsatz, demzufolge eine Delegierung ausgeschlossen wäre, wenn der Kläger die Unzweckmäßigkeit seiner Vorgangsweise hätte voraussehen können (9 Nc 25/09i und 9 Nc 26/09m je mwN).

Stichworte