OGH 9Nc1/10m

OGH9Nc1/10m18.1.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Angela T*****, *****, vertreten durch Plankel Mayrhofer & Partner Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Kraft & Winternitz Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen 36.340 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Arbeitsrechtssache wird an das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.

Text

Begründung

Die in A***** wohnhafte Klägerin begehrte mit ihrer beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage die Zahlung von 36.340 EUR sA als Ausgleichsanspruch nach § 24 HVertrG. Trotz Eigenkündigung bestehe dieser Anspruch, weil mehrere, der Beklagten als Unternehmerin zurechenbare Umstände hierzu begründeten Anlass gegeben haben. Nach mehrfachem Schriftsatzwechsel, der Durchführung von zwei Tagsatzungen und der Einvernahme der Klägerin beantragte diese die Delegierung des Verfahrens gemäß § 31 JN an das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht. Die von ihr beantragten Zeugen seien - wie sie selbst - in (Nord- und Ost-)Tirol und damit näher bei Innsbruck als bei Wien wohnhaft. Die Delegierung werde daher zu einer Verkürzung und Verbilligung des Prozesses führen. Die Beklagte sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus und verwies darauf, dass es der Klägerin bei Einbringung der Klage gemäß § 4 Abs 1 ASGG freigestanden wäre, die Zuständigkeit des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus wäre es an der Klägerin gelegen aufzuzeigen, dass sie sich noch immer auf alle behaupteten Kündigungsanlässe berufe. Die als „eigentlicher" Grund der Kündigung bewertete, der Beklagten vorgeworfene Verweigerung der Anmietung eines eigenen Büros durch die Klägerin könne unschwer durch nur zwei Zeugen geklärt werden; deren Einvernahme sei aber vor dem schon eingeschrittenen Arbeits- und Sozialgericht Wien zweckmäßiger. Das Erstgericht sprach sich für eine Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Richtig ist, dass eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen darf und nicht zu einer Durchbrechung der an sich maßgeblichen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen soll. Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur dann ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zugunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589 ua). Davon ist aber hier auszugehen. Nicht nur die Klägerin, deren ergänzende Vernehmung nicht auszuschließen ist, sondern zwölf der beantragten und noch nicht vernommenen Zeugen haben ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck. Dass bisher auch ein in Wien ansässiger Zeuge beantragt wurde, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit. Das wird hier durch eine Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht Innsbruck erreicht, weil in diesem Fall der überwiegende Teil des Beweisverfahrens vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, ohne dass die meisten der aus Tirol stammenden Zeugen eine weite und kostspielige Anreise in Kauf nehmen müssen. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass zwar mit den Parteien eine ökonomische Vorgangsweise durch Berücksichtigung von Vernehmungsergebnissen eines Parallelverfahrens erörtert wurde und der Klagevertreter bestimmte Einvernahmen zu einem bestimmten Prozessthema als vorrangig erachtet hat; doch schränkte er dabei weder das Vorbringen zu den anderen Kündigungsanlässen noch die Zahl der zu vernehmenden Zeugen ein (AS 21).

Es ist zwar richtig, dass die Klägerin gemäß § 4 Abs 1 lit a und c ASGG die Klage bereits beim Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht hätte einbringen können. Richtig ist auch, dass diese Vorgangsweise zweckmäßiger gewesen wäre, weil die Klägerin voraussehen hätte können, dass der Großteil der insbesondere von ihr namhaft gemachten Zeugen im Sprengel dieses Gerichts wohnt und kürzere Anreisewege dorthin hat. Das ändert aber nichts daran, dass es dennoch zweckmäßig ist, die Rechtssache an das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht zu überweisen, weil der Großteil der noch zu vernehmenden Zeugen im Sprengel dieses Gerichts wohnt. Es gibt keinen Grundsatz, dass nicht mehr delegiert werden dürfte, wenn der Kläger die Unzweckmäßigkeit seiner Vorgangsweise hätte voraussehen können (9 Nc 11/07b ua). Ebensowenig schließt eine schon begonnene Beweisaufnahme von vornherein eine Delegierung aus (9 Nc 11/08d mw Judikaturbeispielen). Entscheidend ist vielmehr auch in diesem Fall, ob eine Delegierung immer noch zweckmäßig iSd § 31 Abs 1 JN ist.

Stichworte