OGH 9Ob42/09f

OGH9Ob42/09f15.12.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Erlagssache der Erlegerin D***** GmbH, *****, vertreten durch Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwalts GmH in Wien, gegen die Erlagsgegner 1.) C***** AG, *****, vertreten durch Freimüller, Noll, Obereder, Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2.) Mag. Norbert G*****, vertreten durch Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Gerichtserlag (6.078.119,48 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Zweiterlagsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. März 2009, GZ 43 R 159/09i-13, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung bilden sowohl Unklarheit der Rechtslage als auch das Auftreten von mehreren Forderungsprätendenten einen rechtlichen Grund zum Gerichtserlag im Sinn des § 1425 ABGB (RIS-Justiz RS0033610). Im Erlagsgesuch ist ein Erlagsgrund anzugeben, das Erlagsgericht hat zu prüfen, ob ein Grund wie der angegebene zur Hinterlegung nach § 1425 ABGB an sich taugt; nicht ist hingegen zu prüfen, ob der angeführte Hinterlegungsgrund tatsächlich gegeben ist (RIS-Justiz RS0112198, auch RS0033495). Einer von mehreren Erlagsgegnern kann demnach nur wirksam geltend machen, dass das tatsächlich erstattete, nicht das richtigerweise zu erstatten gewesene Vorbringen des Erlegers über ein mit dem eigenen Ausfolgeanspruch konkurrierendes Recht unschlüssig sei (RIS-Justiz RS0116213). Mit ihren Ausführungen, dass das Rekursgericht hier zu Unrecht vom Vorliegen eines tauglichen Erlagsgrundes ausgegangen sei, weil ein zum Treuhänder bestellter Schuldner grundsätzlich strittige Rechtsfragen aus dem Treuhandvertrag selbst lösen müsse, zeigt die Rechtsmittelwerberin keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG auf. Weder die Erhebung strittiger Tatumstände, noch ein zeitaufwändiges Studium von Judikatur und Literatur sind dem Schuldner zumutbar (RIS-Justiz RS0033610 [T1, T2]). Bei einer Treuhandschaft wird (und kann) ein Treuhänder für einen solchen Erlag wegen unklarer Sach- und Rechtslage, vorrangig im Fall des Auftretens eines Konflikts zwischen seinen Treugebern, die ihm von gegensätzlichen Interessen geleitet, gegenüberstehen, Anlass haben und hievon Gebrauch machen (10 Ob 2058/96m = RdW, 1997, 200; 5 Ob 309/00b; 8 Ob 39/07d). Gerade diese Voraussetzungen wurden aber von den Vorinstanzen vertretbar bejaht. Die Treuhänderin hat ihren Hinterlegungsantrag im Wesentlichen damit begründet, dass die Ersterlagsgegnerin als eine der Treugeberinnen unter Hinweis auf Bedenken gegen die Gültigkeit des Treuhandvertrags - weil dieser nur vom Aufsichtsratsvorsitzenden unterfertigt wurde - die Ausfolgung des treuhändig hinterlegten Betrags an den Zweiterlagsgegner untersagt und Zahlung an sich begehrt, während der Zweiterlagsgegner seinerseits unter Berufung auf den Treuhandvertrag die Auszahlung dieses Betrags an sich forderte.

Nach § 97 AktG vertritt grundsätzlich nur der gesamte Aufsichtsrat und hätte der Aufsichtsratsvorsitzende eine ihm erteilte Vollmacht - etwa durch Vorlage des entsprechenden Aufsichtsrats-Protokolls - nachzuweisen (Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 97 Rz 31 mwN; Hopt/Roth in Hopt/Wiedemann, AktG IV4 [2005] § 112 Rz 100). Aufgrund ihres - erfolglosen - Ersuchens um firmenmäßig gezeichnete Bestätigung, dass die Treuhandvereinbarung namens der Ersterlagsgegnerin wirksam unterzeichnet worden ist, bestehen keine Bedenken, dass die Hinterlegerin auch ihrer zumutbaren Erkundigungspflicht nachgekommen ist (6 Ob 623/91; 3 Ob 105/98g; Heidinger in Schwimann ABGB³ § 1425 Rz 13 mwN; Reischauer in Rummel, ABGB³ § 1425 Rz 4).

Der behauptete Erlagsgrund, nämlich die Zweifel am wirksamen Zustandekommen der Treuhandvereinbarung und der sich daraus ergebenden Unsicherheit, wer wahrer Gläubiger des erlegten Betrags ist, erweist sich somit nicht als unschlüssig dargestellt. Der Entscheidung des Rekursgerichts haftet daher im Ergebnis keine gravierende Fehlbeurteilung an, die das korrigierende Eingreifen des Obersten Gerichtshofs erforderlich machen würde.

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