Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.289,01 EUR (darin 381,50 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung
Die Klägerin hat als Bauträger in den Jahren 1999/2000 ein aus 55 Wohneinheiten bestehendes Bauvorhaben errichtet. Die Klägerin beauftragte die Josef B***** GmbH (im Folgenden als Werkunternehmerin bezeichnet) mit der Herstellung der Heizungs-, Sanitär-, Biomasse- und Solarinstallationen und den Beklagten mit der vollen Kontrolle der haustechnischen Bereiche ihres Bauvorhabens. Die Werkunternehmerin erfüllte ihre vertragliche Verpflichtung teilweise nur mangelhaft. Der Beklagte stellte wesentliche Abweichungen der ausgeführten gegenüber der beauftragten haustechnischen Anlage sowie Mängel und mangelnde Fertigstellung fest, weshalb der Auftrag zur Ersatzvornahme der Arbeiten der M***** GmbH & Co (im Folgenden Ersatzvornahmeunternehmen) erteilt wurde.
Vorprozess (Landesgericht Salzburg 14 Cg 24/01v):
Die Werkunternehmerin brachte beim Landesgericht Salzburg zu 14 Cg 24/01v die Klage auf Zahlung von 341.107,62 EUR sA an ausstehendem restlichem Werklohn gegen die nunmehrige Klägerin ein. Diese brachte unter anderem vor, die Werkleistung sei mit zahlreichen Mängeln behaftet, weshalb Preisminderungsansprüche bestünden; sie wandte auch einige Gegenforderungen, darunter Kosten für die Ersatzvornahme, ein. Im genannten Vorverfahren führte der vom Gericht bestellte Sachverständige im Vorgutachten vom 20. 12. 2001 unter anderem aus, mehrere im vom hier Beklagten erstellten Abnahmeprotokoll genannte Mängel seien nicht als solche zu qualifizieren, die Kosten der Ersatzvornahme durch das Ersatzvornahmeunternehmen seien weitaus zu hoch.
Auch in der mündlichen Verhandlung vom 16. 10. 2003 äußerte sich der genannte Sachverständige in Fortsetzung seines Ergänzungsgutachtens vom 20. 6. 2002 dahingehend, dass Kollektoren in der ursprünglichen Aufstellung belassen hätten werden können, der verrechnete Aufwand des Ersatzvornahmeunternehmens sei nicht gerechtfertigt. In der dreitägigen Verhandlung vom 3. bis 5. 3. 2004 sagten Josef B***** und die Zeugen G***** und K***** sowie der Sachverständige aus, ein Großteil der Arbeiten des Ersatzvornahmeunternehmens, insbesondere das Umbauen der Solaranlage, sei nicht notwendig gewesen. Der Zeuge Werner S***** wies darauf hin, der hier Beklagte habe vielfach Mängel grundlos beanstandet.
Nach dem abschließenden Gutachten des Sachverständigen vom 6. 6. 2005 verkündete die dort Beklagte am 11. 7. 2005 dem hier Beklagten sowie dem Ersatzvornahmeunternehmen den Streit, da nach dem Sachverständigengutachten davon auszugehen sei, dass Rückgriffsansprüche gegenüber den Streitverkündeten bestehen könnten. Diese traten dem Verfahren als Nebenintervenienten auf Beklagtenseite bei, der hier Beklagte deshalb, weil sich aus den Sachverständigenausführungen eine allfällige Haftung seinerseits ergebe, wenngleich diese Ansichten nicht geteilt würden. Mit Urteil vom 3. 1. 2007 erkannte das Landesgericht Salzburg die Klagsforderung mit 302.827,48 EUR, die Gegenforderung mit 221.218,20 EUR als zu Recht bestehend und gab daher dem Klagebegehren mit 81.609,28 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren ab. Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht gab mit seinem Urteil vom 25. 9. 2007 der von der dort Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge. Die genannten Entscheidungen sind rechtskräftig. Nachdem im Vorprozess das Urteil des Erstgerichts vorlag, machte der nunmehrige Klagevertreter mit Schreiben vom 29. 1. 2007 den Vorschlag, das Urteil des Erstgerichts im Vorprozess hinsichtlich seines stattgebenden Teils vollständig über den Haftpflichtversicherer des hier Beklagten zu erfüllen, da dem Urteil zu entnehmen sei, dass über Veranlassung des hier Beklagten Leistungen erbracht worden seien, die überhaupt nicht notwendig gewesen wären.
Das Schreiben des Vertreters des hier Beklagten vom 20. 4. 2007 erhält eine Erklärung, wonach auf die Einrede der Verjährung bis drei Monate nach rechtskräftiger Erledigung des Verfahrens im Vorprozess verzichtet werde. Darauf findet sich aber der ausdrückliche Vorbehalt, dass dies nur insoweit gilt, als Verjährung bislang noch nicht eingetreten ist.
Gegenständliches Verfahren:
Die Klägerin im vorliegenden Fall brachte in der am 30. 1. 2008 beim Erstgericht eingelangten Klage im Wesentlichen vor, aus dem Vorprozess habe sich ergeben, dass das Ersatzvornahmeunternehmen etliche Leistungen, die überhaupt nicht notwendig gewesen wären, auf Veranlassung des Beklagten erbracht habe. Der Klägerin sei durch die Tätigkeit des Beklagten ein Schaden in Höhe des Klagsbetrags entstanden. Dieser Schaden bestehe aus unnötigerweise an das Ersatzvornahmeunternehmen beauftragten und bezahlten Leistungen, wegen Mangelhaftigkeit der Leistung des Beklagten teilweise von diesem zurückgefordertem Honorar, Barauslagen im Vorprozess und Zeitaufwand der Klägerin für Büro und Technikerstunden. Für die Klägerin habe erst ab Zustellung des erstinstanzlichen Urteils im Vorprozess die Möglichkeit der Einbringung einer Klage gegen den Beklagten mit entsprechender Aussicht auf Erfolg bestanden. Der hier Beklagte habe im Vorprozess als Nebenintervenient bis zum Schluss behauptet, die Ausführungen des vom Gericht beigezogenen Sachverständigen seien unrichtig.
Der Beklagte wandte im Wesentlichen ein, die einzelnen Positionen des Klagebegehrens seien (der Höhe nach) nicht nachvollziehbar. Der Beklagte habe keine Anweisungen gegeben, technisch nicht notwendige Ersatzarbeiten, insbesondere im Zusammenhang mit der Solaranlage, durchzuführen. Die Klägerin habe als Beklagte im Vorprozess einige Gegenforderungen ungeachtet des Umstands, dass das Vorverfahren seit 2001 anhängig gewesen sei, erst im Jahr 2006 detailliert, weshalb das Erstgericht im Vorprozess dieses Vorbringen mit Beschluss vom 23. 3. 2006 als verspätet zurückgewiesen habe, welches Vorgehen das Berufungsgericht im Vorprozess gebilligt habe. Die Klägerin habe daher ihrer Schadensminderungspflicht nicht entsprochen. Die Klagsforderung sei verjährt. Aufgrund der Gutachtenserstattungen durch den Sachverständigen im Vorprozess in den Jahren 2001 bis 2004 habe der Klägerin spätestens 2004 klar sein müssen, dass unter Umständen ein Schaden durch mangelhafte Leistungen des Beklagten entstanden sein könnte. Die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 1489 ABGB habe daher spätestens am 3. 3. 2004 zu laufen begonnen, weshalb mit Ablauf des 3. 3. 2007 die klagsgegenständlichen Schadenersatzforderungen endgültig verjährt seien. Die Verjährungsverzichtserklärung vom 20. 4. 2007 erfasse daher die Klagsforderung nicht.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und ging in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen aus den vom Beklagten vorgebrachten Argumenten von der Verjährung der Klagsansprüche aus. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück. Bei der Klagsforderung handle es sich nicht um einen Anspruch aus der vertraglichen Beziehung mit dem Beklagten, sondern um einen Regressanspruch nach § 1313 ABGB aus der vertraglichen Beziehung der Klägerin mit der Werkunternehmerin. Der Lauf der Verjährungsfrist beginne bei Regressforderungen etwa nach § 1313 Satz 2 ABGB grundsätzlich im Zeitpunkt der Zahlung (oder sonstigen Erfüllung), frühestens aber bei endgültiger Verurteilung zur Ersatzleistung, wenn die Zahlungspflicht des Gläubigers gegenüber dem Dritten unverrückbar feststehe. Ein Schaden sei der Klägerin erst mit der Verurteilung im Vorprozess entstanden, weshalb die Klagsforderung nicht verjährt sei. Das Erstgericht werde im fortzusetzenden Verfahren über die weiteren Einwendungen des Beklagten zu verhandeln und zu entscheiden haben. Das Berufungsgericht ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil die Klägerin im Vertragsverhältnis mit der Werkunternehmerin nicht selbst Werkunternehmerin, sondern lediglich Bestellerin gewesen sei, sodass der Standpunkt des Beklagten, eine Gehilfenhaftung seinerseits und somit ein Rückgriffsanspruch nach § 1313 ABGB komme nicht in Frage, vertretbar sei.
Gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts richtet sich der Rekurs des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag in die erste Instanz gestellt. Die Klägerin beantragt in der Rekursbeantwortung, den Rekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag in die erste Instanz gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist unzulässig, weil weder das Berufungsgericht noch der Rekurswerber eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufwirft. Die Klagsforderung wird im Wesentlichen darauf gegründet, dass ein erheblicher Teil des dem Ersatzvornahmeunternehmen geschuldeten und bezahlten Werklohns vermieden worden wäre, wenn der Beklagte nicht Umstände, die gar keine Mängel darstellten, als solche qualifiziert hätte. Der durch das behauptete schuldhafte Verhalten des Beklagten verursachte, dem Ersatzvornahmeunternehmen geschuldete höhere Werklohn wäre aber kein von der Klägerin dem Ersatzvornahmeunternehmen zu ersetzender Schaden. Dasselbe gälte im Verhältnis zwischen Klägerin und Werkunternehmerin. Dem Rekurswerber ist daher zunächst darin beizupflichten, dass entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts der Klagsanspruch im vorliegenden Fall kein Rückersatzanspruch gemäß § 1313 ABGB, sondern ein Schadenersatzanspruch ist, der sich auf eine behauptete Pflichtverletzung des Beklagten aus dem zwischen den Streitteilen bestehenden Vertrag gründet.
Damit ist aber für den Rekurswerber nichts gewonnen:
Die Beantwortung der Frage, wann eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann (und demnach bei Schadenersatzklagen regelmäßig die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginnt), hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und bildet daher - von einer auffallenden Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts abgesehen - grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage (10 Ob 111/07g). Eine solche Fehlbeurteilung ist dem Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis nicht unterlaufen.
Nach ständiger Rechtsprechung darf der Geschädigte mit seiner Schadenersatzklage zwar nicht solange zuwarten, bis er sich seines Prozesserfolgs gewiss ist oder glaubt, es zu sein. Wenn aber Ungewissheit darüber besteht, ob überhaupt ein Schaden entstanden ist und hierüber ein Rechtsstreit anhängig ist, wird dem Geschädigten in der Regel zugebilligt, den (rechtskräftigen) Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten, weil er erst dann über ausreichend sichere Informationen für seine Schadenersatzklage verfügt. Eine ausreichende Kenntnis vom Schaden kann allerdings im Einzelfall auch gegeben sein, wenn bereits vorher gesicherte Verfahrensergebnisse vorliegen oder der Geschädigte erdrückende Beweise ignoriert (10 Ob 111/07g). Hier waren im Vorprozess die behaupteten Mängel des Gewerks der Werkunternehmerin Gegenstand der gerichtlichen Prüfung. Ob der Klägerin im vorliegenden Verfahren der nunmehr geltend gemachte Schaden entstanden ist, hing von dieser Prüfung und letztlich davon ab, inwieweit das Gericht die im Vorprozess geltend gemachten Preisminderungansprüche und Gegenforderungen für berechtigt erkennen würde.
Zwar lagen schon vor den Urteilen im Vorprozess ab 2001 zunehmend Beweisergebnisse, vor allem das sukzessive erstattete Sachverständigengutachten, vor, die auf einen der Klägerin vom Beklagten verursachten Schaden hindeuteten. Zu berücksichtigen ist aber, dass dieses Gutachten nach wiederholten umfangreichen Erörterungen und Ergänzungen endgültig erst im Juni 2005 vorlag und dass der Beklagte, der auch Sachverständiger (zumindest iSd § 1299 ABGB) war, im Vorprozess bis zuletzt (und auch im jetzigen Verfahren) eigene Fehler bestritten hat. Unter diesen Umständen kann von gesicherten Verfahrensergebnissen oder erdrückenden Beweisen, die die Verjährungsfrist in Gang gesetzt hätten, zumindest vor dem abschließenden Gutachten im Vorprozess nicht ausgegangen werden. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die geltend gemachten Forderungen seien im Zeitpunkt der Klagseinbringung (30. 1. 2008) nicht verjährt gewesen, ist somit durchaus vertretbar.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Im Zwischenstreit über die mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit der Rechtsmittel gegen ein Teilurteil und einen Aufhebungsbeschluss iSd § 519 Abs 1 Z 2 ZPO des Berufungsgerichts findet ein Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO nicht statt (RIS-Justiz RS0123222).
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