Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Begründung
Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 3. März 2005, AZ 3 R 63/05w, wurde die Klägerin schuldig erkannt, das geschäftsmäßige Verfassen von Urkunden, insbesondere Mietverträgen, bei denen sie selbst nicht Vertragspartei ist und welche über das Ausfüllen von Formularen iSd § 117 Abs 6 GewO hinausgehen, und damit im Zusammenhang stehende behördliche Erklärungen, Anträge und Ansuchen hinsichtlich von Verträgen, bei denen sie nicht selbst Vertragspartei ist, zu unterlassen.
Die Beklagte beantragte am 29. Oktober 2008, ihr zur Durchsetzung ihrer Unterlassungsansprüche die Exekution zu bewilligen und über die Klägerin als Verpflichtete eine Geldstrafe zu verhängen. Die Verpflichtete habe dem Exekutionstitel zuwider gehandelt, sie habe im August 2008 einen Kaufvertrag zwischen zwei im Exekutionsantrag näher genannten Personen verfasst und in Rechnung gestellt.
Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß und verhängte über die Verpflichtete eine Geldstrafe von 3.000 EUR. Sie habe nach Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels einen Kaufvertrag zwischen zwei bestimmten von ihr verschiedenen Personen verfasst und in Rechnung gestellt.
Die Klägerin erhob Einwendungen gegen die bewilligte Unterlassungsexekution. Sie habe mit dem im Exekutionsantrag bezeichneten Kaufgeschäft nichts zu tun, sie habe weder einen Kaufvertrag erstellt noch die Erstellung durch Dritte veranlasst.
Die Beklagte wendete ein, die Klägerin habe den genannten Kaufvertrag tatsächlich verfasst und in Rechnung gestellt.
Das Erstgericht wies das Impugnationsklagebegehren ab. Es stellte fest, die Klägerin bzw ihr Geschäftsführer habe im August 2008 über Auftrag des Liegenschaftskäufers einen Kaufvertrag zwischen ihm und dem Verkäufer verfasst. Nicht festgestellt werden könne, dass dieser auch in Rechnung gestellt worden sei. Rechtlich folgerte das Erstgericht, die Beklagte sei ihrer Beweispflicht nachgekommen. Der Umstand, dass im Exekutionsbewilligungsbeschluss auch von einem „In Rechnung stellen" des Kaufvertrags die Rede sei, ändere daran nichts. Dieses Tatbestandselement sei nicht notwendig, um einen Titelverstoß zu verwirklichen.
Das Berufungsgericht gab dem Impugnationsklagebegehren hingegen statt und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und - nach Abänderungsantrag der Beklagten - die Revision mangels Rechtsprechung zur Frage zulässig sei, ob bei einem Unternehmen kraft Rechtsform jedenfalls von einer Entgeltlichkeit der Tätigkeit auszugehen sei. Auf die Beweisrüge der Klägerin brauche nicht eingegangen zu werden. Die Beklagte wäre als Betreibende für eine gewerbsmäßige Tätigkeit der Klägerin beweispflichtig gewesen. Nach dem vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalt habe die Klägerin einen Kaufvertrag erstellt. Die Verfassung eines Kaufvertrags für einen Dritten stelle aber - ohne Hinzutreten weiterer Umstände - für sich allein noch keine geschäftsmäßige Tätigkeit dar. Da zur Behauptung der Beklagten, die Vertragserrichtung sei in Rechnung gestellt worden, das Erstgericht eine von der Beklagten nicht bekämpfte Negativfeststellung getroffen habe, sei auch nicht erwiesen, dass die Tätigkeit der Klägerin auf Gewinn gerichtet gewesen sei. Zum Titelverstoß gehöre, dass die Tätigkeit der Klägerin geschäftsmäßig und zwar entgeltlich im Sinn einer auf Gewinn gerichteten Tätigkeit gewesen sei. Die Beklagte habe konkret behauptet, der hier gegenständliche Kaufvertrag sei entgeltlich errichtet worden. Sie habe also Kenntnis von den von ihr behaupteten Tatumständen gehabt. Mangels unverhältnismäßiger Beweisschwierigkeiten komme eine ausnahmsweise Beweislastumkehr zu ihren Gunsten nicht in Frage.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten, mit der sie die Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils anstrebt, ist zulässig und im Sinn des in jedem Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrag berechtigt.
Im Impugnationsstreit ist es in erster Linie Sache des Beklagten, das im Exekutionsantrag behauptete Zuwiderhandeln des Verpflichteten zu beweisen. Dies entspricht der Grundregel der Beweislast, dass jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen beweisen muss. Wer ein Recht für sich in Anspruch nimmt, muss alle rechtsbegründenden Tatsachen beweisen (3 Ob 80/84 = SZ 57/137 uva; RIS-Justiz RS0000756).
Der Exekutionstitel verbietet der Klägerin das geschäftsmäßige Verfassen von Urkunden, insbesondere Mietverträgen, bei denen sie nicht selbst Vertragspartei ist.
Die Klägerin ist als Gesellschaft mit beschränkter Haftung Unternehmer kraft Rechtsform (§ 2 UGB). Geschäfte, die von ihr getätigt werden, sind stets unternehmensbezogen im Sinn des 4. Buchs des UGB (Schauer in Krecji, Reformkommentar, Rz 13 zu § 343 UGB mwN). Für unternehmensbezogene Geschäfte stellt § 354 Abs 1 UGB eine Entgeltlichkeitsvermutung auf: Bei jedem unternehmensbezogenen Geschäft wird ein angemessenes Entgelt geschuldet, sofern nicht Unentgeltlichkeit vereinbart ist. Jede Tätigkeit der Klägerin (bzw ihres Geschäftsführers für diese) ist daher grundsätzlich als geschäftsmäßig im Sinn von gewerbsmäßig, auf die Erzielung regelmäßiger Einnahmen gerichtet anzusehen, ohne dass es der Behauptung weiterer Tatsachen, etwa im Sinn der von der Beklagten behaupteten konkreten Entgeltsverrechnung für das Geschäft bedurft hätte. Aus dem Umstand, dass der Beklagten der Beweis einer Entgeltsverrechnung für den von der Klägerin verfassten Kaufvertrag nicht gelang, ändert daher nichts daran, dass die Behauptung und der Nachweis der konkreten Vertragsverfassung ausreicht, um den Titelverstoß klar zu legen.
Wenn ein Zusammenhang mit der im Rahmen eines Unternehmens ausgeübten Tätigkeit besteht, ist die Geschäftsmäßigkeit einer bestimmten Handlung auch dann zu bejahen, wenn für diese selbst kein (eigenes) Entgelt verlangt wird (vgl 6 Ob 564/84, 4 Ob 69/92 einen Zusammenhang und damit Geschäftsmäßigkeit bejahend; 4 Ob 358/75: keine Geschäftsmäßigkeit, weil kein besonderes Entgelt verlangt wurde, um dem anderen Kosten zu ersparen).
Da der Tatumstand, dass die Klägerin für die festgestellte Vertragsverfassung kein Entgelt verrechnete, allein nicht ausreicht, die aufgrund ihrer Rechtsform gerechtfertigte Annahme geschäftsmäßigen Handelns zu widerlegen, hätte wegen der zitierten Entgeltlichkeitsvermutung ausnahmsweise die Klägerin behaupten und beweisen müssen, dass die festgestellte Vertragsverfassung nicht nur unentgeltlich und ohne jeden Bezug zur unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin erfolgt wäre (etwa vergleichbar dem zu 4 Ob 358/75 beurteilten Fall).
Die von der Klägerin in ihrer Berufung bekämpften Feststellungen über ihre (bzw jene ihres Geschäftsführers) Tätigkeit bei der Vertragsverfassung sind daher maßgeblich für das Vorliegen eines Titelverstoßes. Das Berufungsgericht wird die Beweisrüge der Beklagten zu erledigen haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.
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