OGH 1Ob154/09t

OGH1Ob154/09t17.11.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Brigitte O*****, vertreten durch MMag. Dr. Werner Hochfellner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen 5.263,39 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 17. März 2009, GZ 5 R 9/09x-43, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 19. September 2008, GZ 24 Cg 163/07p-38, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 371,52 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Eigentümer dreier Liegenschaften verpachtete diese teilweise an die Klägerin (seine Ehefrau) und teilweise an eine KEG, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin gemäß § 142 UGB ist. Die Klägerin betreibt dort ein Blockheizkraftwerk.

Aufgrund eines Übergabsvertrags steht dem Vater des Grundeigentümers ein Wohnrecht an im Erdgeschoss gelegenen Räumlichkeiten eines auf einer der Liegenschaften befindlichen Hauses sowie die Benützung des Kellers und eines Abstellplatzes der Doppelgarage ebenso zu wie das Recht auf Tragung aller anfallenden Betriebskosten, laufenden öffentlichen Abgaben und Stromkosten durch den Ausgedingsverpflichteten.

Am 19. 8. 2003 wurde hinsichtlich der Liegenschaften die Zwangsverwaltung bewilligt. Aufgrund eines Berichts des Zwangsverwalters teilte das Exekutionsgericht im Dezember 2003 den Parteien mit, dass es beabsichtige, das Exekutionsverfahren einzustellen. Die betreibende Partei sprach sich unter Hinweis auf Holzschlägerungsmöglichkeiten und die Einkünfte aus den Pachtverträgen dagegen aus. Im Juli 2004 berichtete der Zwangsverwalter über Holzschlägerungen und den Verkauf des Holzes. Den Kaufpreis erlegte der Käufer wegen Unsicherheit der Rechtslage gemäß § 1425 ABGB gerichtlich. Im März 2005 kam es zu einer Teileinstellung der Zwangsverwaltung hinsichtlich eines Grundstücks einer der Liegenschaften. Im Juli 2005 regte der Zwangsverwalter an, die Zwangsverwaltung zur Gänze einzustellen, weil aus den Waldflächen keine Erträge mehr zu erzielen wären. Die betreibende Partei beantragte dagegen, die Waldgrundstücke nochmals wegen weiterer Schlägerungsmöglichkeiten zu überprüfen. Das Exekutionsgericht bewilligte diesen Antrag. Im September 2005 gab der Verpflichtete bekannt, dass bei dem auch von ihm bewohnten Haus Einsturzgefahr bestehe. Das Exekutionsgericht erteilte dem Zwangsverwalter die Ermächtigung, die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen durchzuführen und trug der betreibenden Partei den Erlag eines Kostenvorschusses dafür auf. Daraufhin beantragte die betreibende Partei die Einstellung der Exekution hinsichtlich des Grundstücks, auf dem sich das sanierungsbedürftige Haus befindet. Diesem Antrag wurde im September 2005 Folge gegeben. Einem dagegen vom Verpflichteten erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht im Dezember 2005 keine Folge. Zwischenzeitig hatte der Verpflichtete immer wieder telefonisch mitgeteilt, dass er kein Öl zum Heizen hätte und die Wasserleitung einfrieren würde. Mit Beschluss vom November 2005 war über Antrag der betreibenden Partei die Zwangsverwaltung weiter eingeschränkt worden, sodass sie nur noch hinsichtlich der vom Zwangsverwalter erzielten Verkaufserlöse, die gerichtlich hinterlegt waren, und des in diesem Zusammenhang anhängigen Verfahrens des Zwangsverwalters gegen die Rechtsvorgängerin der Klägerin auf Zustimmung zur Ausfolgung des Erlags fortgeführt wurde. Einem dagegen vom Verpflichteten erhobenen Rekurs gab das Rechtsmittelgericht im Jänner 2006 nicht Folge. Im November 2005 wiederholte der Verpflichtete seinen Hinweis auf „Wasser im Keller" sowie die mangelnde Heizmöglichkeit und führte weiter aus, dass kein Geld für den Lebensunterhalt, die Sanierung des Kamins oder den Kauf eines Ofens vorhanden sei. In dieser Eingabe findet sich auch die Formulierung „Wir haben kein Geld für Strom". Der zuständige Exekutionsrichter verwies in einem an den Verpflichteten gerichteten Schreiben darauf, dass - wie er bereits in zahlreichen Telefonaten mitgeteilt hätte - der Verpflichtete keinen Anspruch darauf habe, aus den Erträgnissen der Zwangsverwaltung Unterhalt und die Kosten für Kost, Bekleidung, Beleuchtung etc beigestellt zu bekommen. Am 1. 12. 2005 stellte der Verpflichtete den Antrag, die an ihn gerichtete Stromrechnung der Rechtsvorgängerin der Klägerin in Höhe von 5.263,39 EUR zur Überweisung zu bringen und übermittelte dem Exekutionsgericht gleichzeitig ein entsprechendes Mahnschreiben dieser Rechtsvorgängerin vom 29. 11. 2005, das Strombezug für die Jahre 2003, 2004 und eine Vorauszahlung für 2005 in Rechnung stellt. Betreffend die gerichtlich hinterlegten Beträge wurde das Klagebegehren letztlich abgewiesen und im August 2007 das Exekutionsverfahren auch insoweit eingestellt. Einnahmen aus der Zwangsverwaltung ergaben sich daher lediglich aus erlegten Kostenvorschüssen der betreibenden Partei. Im Beschluss, mit dem die Verwalterrechnung erledigt wurde, sind Einnahmen von 71,43 EUR und Ausgaben von 22.067,62 EUR ausgewiesen.

Die Klägerin begehrte die Zahlung der erwähnten in Rechnung gestellten Stromkosten für 2003, 2004 und 2005. Sie bzw ihre Rechtsvorgängerin habe die Liegenschaft auch während der Zwangsverwaltung mit Strom beliefert. Der Betrag wäre aus der Zwangsverwaltungsmasse zu bezahlen gewesen, weil es sich um Aufwendungen gehandelt habe, die der Erhaltung und Bewirtschaftung der Liegenschaft gedient hätten. Das Gericht hätte den Zwangsverwalter in diesem Ausmaß überwachen und ihm allenfalls entsprechende Weisungen zur Auszahlung erteilen müssen. Dadurch, dass es dies unterlassen habe, sei es seiner Verpflichtung nach § 114 EO nicht nachgekommen, woraus der Amtshaftungsanspruch resultiere. Sollte die Zwangsverwaltung keine Erträgnisse gebracht haben, wäre sie einzustellen gewesen, wodurch der Schaden der Klägerin unterblieben wäre.

Die beklagte Partei bestritt die Stromlieferung an sich bzw deren Entgeltlichkeit. Die Auffassung des Gerichts, dass Unterhalts- und Heizkosten nicht durch den Zwangsverwalter zu berichtigen wären, sei richtig, zumindest aber vertretbar gewesen. Die Forderung sei auch durch Aufrechnung erloschen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die an den Verpflichteten gerichtete Stromrechnung sei dem Gericht erstmals zu einem Zeitpunkt übermittelt worden, als die Zwangsverwaltung hinsichtlich dieser Liegenschaft bereits beendet gewesen sei. Die Zahlung der Forderungen sei - auch im Hinblick auf diverse Gegenforderungen - unklar gewesen, sodass dem zuständigen Richter nicht vorgeworfen werden könne, er habe diese Auszahlung schuldhaft vereitelt. Die Frage, ob es sich überhaupt um eine Position handle, für die der Zwangsverwalter zur Auszahlung zuständig gewesen sei, könne daher dahingestellt bleiben.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass - selbst wenn man die Berichtigungsfähigkeit der Stromkosten im Exekutionsverfahren bejahte - ein Ersatzanspruch der klagenden Partei im Hinblick auf § 2 Abs 2 AHG zu verneinen sei. Unter einem Rechtsmittel sei jeder Rechtsbehelf, der unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung gerichtet werden könne, zu verstehen. Nach § 114 Abs 2 EO in der damals geltenden Fassung habe das Exekutionsgericht auch über von beteiligten Gläubigern erhobene Einwendungen oder gegen das Verhalten des Verwalters vorgebrachte Erinnerungen zu entscheiden gehabt und dem Verwalter Weisungen erteilen können. Die Klägerin habe solche Einwendungen oder Erinnerungen unterlassen und sei gegenüber dem Exekutionsgericht nicht einmal als Gläubigerin aufgetreten, worin eine Verletzung der Rettungspflicht zu erblicken sei. Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob solche Einwendungen oder Erinnerungen Rechtsbehelfe im Sinne des § 2 Abs 2 AHG seien, nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin führt zusammengefasst aus, dass die Auslegung des Rechtsmittelbegriffs nach § 2 Abs 2 AHG nicht zu einer Überspannung des Geschädigten führen dürfe, insbesondere, wenn er - wie hier - unvertreten sei. Das Exekutionsgericht habe gemäß § 114 EO in der damals geltenden Fassung von Amts wegen die Geschäftsführung des Zwangsverwalters überwachen und Mängel und Unregelmäßigkeiten abstellen müssen. Die Klägerin habe darauf vertrauen dürfen, dass die auflaufenden Stromkosten aus den Erträgnissen der Zwangsverwaltungsmasse beglichen würden. Nach den Feststellungen habe der zuständige Richter dem Verpflichteten telefonisch wiederholt mitgeteilt, dass aus den Erträgnissen der Zwangsverwaltung Unterhalt und die Kosten für Kost, Bekleidung, Beleuchtung etc nicht beigestellt würden. Aus diesen Feststellungen ergebe sich, dass der Richter bereits vor dem 23. 11. 2005 auf Missstände in der Verwaltung und die aushaftenden Stromkosten hingewiesen worden sei. Der Strom sei für die Bewirtschaftung der zwangsverwalteten landwirtschaftlichen Liegenschaft denklogisch erforderlich und daher gemäß §§ 120 Abs 1, 121 EO aus den Erträgnissen zu begleichen gewesen.

Hiezu ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 120 Abs 1 EO sind die mit der Verwaltung und gewöhnlichen wirtschaftlichen Benützung der Liegenschaft verbundenen Auslagen vom Verwalter ohne weiteres Verfahren aus den Erträgnissen zu berichtigen. Nach Abs 2 leg cit gehören zu diesen Auslagen insbesondere die Kosten der Zwangsverwaltung, die Kosten der Erhaltung und notwendigen Verbesserung der Liegenschaft (Z 4) sowie die aus Ausgedingen gebührenden Leistungen (Z 5). Für letztere ist gemäß § 121 Abs 2 EO der ihnen zukommende bücherliche Rang maßgebend.

Auch wenn § 120 EO die dort bezeichneten Auslagen nur beispielsweise anführt (Heller/Berger/Stix4, 1027 f; Angst in Angst, EO² § 120 Rz 2), sind unter Verwaltungsauslagen nur solche zu verstehen, die durch die Geschäftsführung des Zwangsverwalters und aus Anlass seiner Verwaltung und der ihm obliegenden wirtschaftlichen Benützung der Liegenschaft entstanden sind.

Nach § 105 EO sind dem Verpflichteten, der zur Zeit der Bewilligung der Zwangsverwaltung auf dem der Zwangsverwaltung unterworfenen Grundstück oder in einem darauf befindlichen Haus wohnt, (nur) die für ihn und seine im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienmitglieder unentbehrlichen Wohnräume zu überlassen.

Nach den Feststellungen ergab das gesamte Exekutionsverfahren „Einnahmen" im Wesentlichen aus Kostenvorschüssen der betreibenden Partei. Die Zwangsverwalterrechnung wies Einnahmen von etwa 71 EUR und Ausgaben von 22.067,62 EUR aus. Stromkosten wurden dem Exekutionsgericht erstmals zu einem Zeitpunkt bekanntgegeben, als die Zwangsverwaltung - außer über die gerichtlich hinterlegten Verkaufserlöse - erstinstanzlich bereits eingestellt war. Dass zu diesem Zeitpunkt ausreichende Mittel vorhanden gewesen wären, die - trotz jahrelanger Zwangsverwaltung erstmals gelegte - Stromrechnung zu begleichen, hat die Klägerin nicht einmal behauptet, geschweige denn nachgewiesen. Auch aus welchen Einkünften der Zwangsverwalter im konkreten Verfahrensstadium dafür hätte Vorsorge treffen können, wird weder vorgebracht noch ergibt sich Derartiges aus den Feststellungen.

Damit hat die Klägerin aber den sie treffenden Beweis für den Kausalzusammenhang zwischen dem haftungsbegründenden Ereignis und dem eingetretenen Schaden in der Form, dass bei dem von ihr als pflichtgemäß bezeichneten Vorgehen der Schaden unterblieben wäre (Schragel, AHG³ Rz 176), nicht erbracht.

Auf die vom Berufungsgericht und im Rechtsmittel als erhebliche Rechtsfrage behandelte Rettungspflicht der Rechtsvorgängerin der Klägerin als Gläubigerin im Exekutionsverfahren gemäß § 2 Abs 2 AHG durch Erhebung von Erinnerungen bzw Einwendungen im Sinne des § 114 EO kommt es daher nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

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