OGH 9Ob6/09m

OGH9Ob6/09m16.11.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** H***** GmbH (früher: V***** T***** H***** GmbH & Co KG), *****, vertreten durch Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die beklagte Partei Alfred K*****, Inhaber des Verlags A. F. K*****, vertreten durch Dr. Eric Agstner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 41.722,08 EUR sA, über den als „ordentlichen Revisionsrekurs" bezeichneten Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. September 2008, GZ 2 R 77/08w-53, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 7. Februar 2008, GZ 26 Cg 88/04w-48, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Die Bezeichnung der klagenden Partei wird von „V***** T***** H***** GmbH & Co" auf „A***** H***** GmbH" richtiggestellt.

2.) Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Zu 1.) Wie von der Klägerin schon mit Schriftsatz vom 27. 2. 2007 (ON 37) mitgeteilt, ging das Unternehmen der V***** T***** H***** GmbH & Co gemäß § 142 HGB auf die V***** T***** H***** GmbH über (Eintragung vom 6. 5. 2006 zu FN ***** bzw FN ***** des HG Wien). Im Falle einer solchen Gesamtrechtsnachfolge ist bei laufendem Verfahren die Parteibezeichnung auf den Namen der Rechtsnachfolgerin richtigzustellen (RIS-Justiz RS0039306). Gleichzeitig war die am 31. 12. 2008 im Firmenbuch (FN ***** des HG Wien) eingetragene Firmenänderung auf „A***** H***** GmbH" zu berücksichtigen. Zu 2.) Die V***** E***** Aktiengesellschaft (kurz: V*****), deren Rechtsnachfolgerin nunmehr die V***** E***** G***** Verwaltungs-AG (kurz: V*****) ist, war Errichterin des Pumpspeicherwasserkraftwerks in G***** (Thüringen). Die Rechtsvorgängerin der Klägerin lieferte die Generatoren und Erregeranlagen für den Kraftwerkskomplex. Die V***** hatte bereits einmal mit dem Beklagten zusammengearbeitet, nämlich bei der Herausgabe eines Werks über die deutschen Kohlekraftwerke der V*****. Anlässlich der Eröffnung des Kraftwerks G***** wollte die V***** einen Dokumentarband „Wasserkraftwerke der V*****" vorliegen haben, um diesen an Kunden und insbesondere Entscheidungsträger der öffentlichen Hand verteilen zu können. Diese vom Beklagten zu verlegende Publikation sollte etwa 200 Seiten umfassen, davon etwa 100 Seiten über die Errichtung des Kraftwerks „G*****". Von den insgesamt 200 Seiten sollten ca 140 Seiten von der V***** und weitere 60 Seiten von anderen, an der Errichtung des Kraftwerks beteiligten Unternehmen beigesteuert werden. Die Finanzierung dieses Dokumentarbands sollte nach der Vereinbarung zwischen V***** und dem Beklagten so erfolgen, dass die am Kraftwerksbau beteiligten Unternehmen für die Veröffentlichung ihrer Beiträge dem Beklagten einen Preis zu zahlen haben. So trat der Beklagte auch an die Rechtsvorgängerin der Klägerin heran und diese bestellte demgemäß beim Beklagten die Veröffentlichung eines Beitrags in Bild und Text im Umfang von 20 Seiten, wofür die Klägerin 69.536,80 EUR zu zahlen hatte. Zunächst war als Abgabetermin der 30. 8. 2001 vereinbart. Die Klägerin leistete eine Teilzahlung in Höhe des Klagebetrags. Nach mehreren Urgenzen und Stundungen vereinbarten die Streitteile letztlich Weihnachten 2003 als endgültigen Abgabetermin. Die Klägerin hat ihren Beitrag bis zu diesem Termin nicht geliefert. Vielmehr stornierte sie mit Schreiben vom 12. 1. 2004 die Bestellung und verlangte die Rückerstattung ihrer Anzahlung. Die Rechtsnachfolgerin der V***** hat das Buchprojekt mittlerweile (zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt) aufgegeben. Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung ihrer Anzahlung. Das von ihr beim Beklagten in Auftrag gegebene Werk sei nie erschienen, weil insbesondere die Nachfolgerin der V***** dieses von ihr initiierte Projekt aufgegeben habe. Durch die Nichtrealisierung des Buchprojekts sei die Geschäftsgrundlage weggefallen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass die Klägerin als Werkbestellerin eine ihr obliegende notwendige Mitwirkung unterlassen habe, indem sie den von ihr zu liefernden Beitrag nicht beigestellt habe. Gemäß § 1168 Abs 1 ABGB sei der Anspruch des Beklagten auf Zahlung des Veröffentlichungsbeitrags aufrecht, weil das Unterbleiben der Werkveröffentlichung aus Umständen resultiere, die auf Seite der Klägerin als Bestellerin liegen. Hätte nämlich die Klägerin bzw deren Rechtsvorgängerin rechtzeitig den Beitrag abgeliefert, dann hätte auch V***** nicht das Auftragsverhältnis zum Beklagten gelöst (ON 18). Das Erstgericht wies (wie schon im ersten Rechtsgang) das Klagebegehren ab. Durch das Unterlassen des Beistellens ihres für das Werk maßgeblichen Beitrags habe die Klägerin das Erscheinen des vom Beklagten zu verlegenden Werks verhindert, dieser habe daher gemäß § 1168 Abs 1 erster Satz ABGB Anspruch auf seinen Werklohn. Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts auf. Es liege ein dreipersonales Schuldverhältnis vor, wobei der Beklagte jeweils in Vertragsbeziehungen zur V***** einerseits und zur Klägerin andererseits eingetreten sei. Zwischen Klägerin und V***** habe aber hinsichtlich des Dokumentarbands keine Vertragsbeziehung bestanden; selbst wenn die V***** mit ihrem Beitrag zunächst zugewartet habe, um diesen an denjenigen der Klägerin anzupassen, sei dies möglicherweise ein Motiv gewesen, welches jedoch in keinen Vertrag Eingang gefunden habe. Grundsätzlich habe die Klägerin bzw deren Rechtsnachfolgerin aufgrund der einvernehmlich erfolgten Fristverlängerung die Gelegenheit gehabt, ihren Beitrag noch bis Dezember 2003 rechtzeitig zu liefern. In diesem Zusammenhang sei es aber nicht unbedeutend, wenn, wie von der Klägerin vorgebracht, die maßgebliche Auftraggeberin, nämlich die V***** bzw deren Rechtsnachfolgerin V***** bereits vor diesem Zeitpunkt, nämlich im Sommer 2003, ihre Mitarbeit und ihr Interesse an dem Projekt aufgegeben habe. In diesem Fall wäre nämlich festgestanden, dass das Werk in der vereinbarten Form überhaupt nicht mehr zustande kommen könne, sodass auch von der Klägerin kein Beitrag mehr abverlangt hätte werden können. Dazu habe jedoch das Erstgericht die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen, sodass das Ersturteil an einem sekundären Feststellungsmangel leide und das Verfahren daher ergänzungsbedürftig sei. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs aus Gründen der Fortentwicklung der Rechtsprechung zu § 1168 Abs 2 ABGB im Dreiecksverhältnis Verleger/Auftraggeber/(Mit-)Finanzierer zuzulassen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der als „ordentlicher Revisionsrekurs" bezeichnete Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos zu beheben und das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch ist der Rekurs nicht zulässig.

Die Tatsachen- und Beweisrüge ist schon deshalb unzulässig, weil der Oberste Gerichtshof keine Tatsacheninstanz ist.

Auch der behauptete Mangel des Berufungsverfahrens wurde geprüft, er liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO): Entgegen dem Vorbringen des Beklagten hat das Berufungsgericht keine ergänzenden Feststellungen getroffen, sondern lediglich die - theoretische - Möglichkeit erwähnt, dass durch die Rechtsnachfolge auf Seiten der Kraftwerkbetreiberin und Buchinitiatorin nicht auszuschließen sei, dass ein Gesinnungswandel bei Verfolgung des gegenständlichen Projekts eingetreten sein könnte.

Auch die Rechtsrüge zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf: Schon im Berufungsverfahren war zwischen den Streitteilen nicht mehr strittig, dass hier kein typischer Verlagsvertrag iSd §§ 1172 ff ABGB geschlossen wurde: Auch in der Literatur (insbesondere Rebhahn in Schwimann, ABGB³ §§ 1172, 1173 Rz 4) ist anerkannt, dass es Konstellationen gibt, wo die Elemente des Werkvertrags überwiegen, zB dann, wenn der Verlaggeber zu Zuzahlungen verpflichtet ist. Strittig ist hier lediglich, ob der Beklagte trotz Unterbleibens des Beitrags der Klägerin seinen Entgeltanspruch iSd § 1168 Abs 1 erster Satz ABGB geltend machen kann oder nicht. Nach der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0021888) besteht der Entgeltanspruch des Unternehmers bei Nichtzustandekommen des Werks nur dann zu Recht, wenn die Umstände, welche die Werkausführung unmöglich machten, der Sphäre des Bestellers zuzuordnen sind; Umstände, die in den sogenannten neutralen Kreis fallen, hat der Unternehmer zu vertreten. Darunter sind Umstände zu verstehen, die außerhalb der Ingerenz der Vertragsteile des Werkvertrags liegen. In Übereinstimmung mit dieser Judikatur erachtete daher das Berufungsgericht Feststellungen darüber für notwendig, ob im Zeitpunkt der Fälligkeit der Mitwirkung der Klägerin überhaupt noch vom Zustandekommen des bedungenen Werks die Rede sein konnte. In diesem Zusammenhang kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass die Mitwirkung der Kraftwerkserrichterin und -betreiberin notwendiger Werksbestandteil war, zumal ja kein losgelöstes Interesse der Klägerin an der Veröffentlichung ihres Beitrags festgestellt werden konnte, sondern gerade die Mitwirkung der Kraftwerksgesellschaft bei der Verbreitung des Werks den von der Klägerin gewünschten Werbeeffekt erzielen sollte. Sollte daher, was jedoch derzeit noch nicht feststeht, das Projekt schon vor der Fälligkeit der Leistung der Klägerin gescheitert sein, wäre darin im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung kein Umstand zu erkennen, der der Sphäre der Klägerin als Werkbestellerin zuzurechnen wäre. Soweit der Beklagte auf die enge Verknüpfung zwischen Klägerin und Kraftwerksbetreiberin verweist, übersieht er, dass dies wohl die Errichtung des Speicherkraftwerks betroffen haben mag, jedoch in keinem unmittelbaren vertraglichen Zusammenhang mit dem Zustandekommen dieses Dokumentarbands stand. Soweit der Beklagte - losgelöst von den Begleitumständen - auf seiner Leistungsbereitschaft beharrt, übersieht er, dass nach seinem eigenen Vorbringen (ON 18) eine Mitwirkungsbereitschaft der V***** bzw deren Rechtsnachfolgerin nicht mehr besteht und kein Werk vereinbart wurde, das nur einzelne Beiträge oder gar nur denjenigen der Klägerin enthalten sollte. Zusammenfassend vermag daher der Beklagte keine zur Anrufung des Obersten Gerichtshofs berechtigende erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

Da die Klägerin in ihrer Rekursbeantwortung nicht auf die dargelegte Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und ist daher nicht zu honorieren.

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